# taz.de -- Zwischenbilanz der Klimakonferenz: 3 Stunden, 2 Worte, 1,5 Grad | |
> In Kattowitz stehen sich zur Halbzeit verschiedene Interessen gegenüber. | |
> Ölländer und Skeptiker wehren sich gegen einen Bericht des Klimarats. | |
Bild: Ich möchte ein Eisbär sein. Protest in Kattowitz | |
KATTOWITZ taz | Die 24. UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz steht vor | |
einer zähen entscheidenden Woche. Zur Halbzeit galt es am Wochenende | |
bereits als Fortschritt, dass ein Rückschritt verhindert wurde. Am | |
Samstagabend vereitelte eine breite Koalition aus afrikanischen Ländern, | |
Inselstaaten, EU, Kanada und Norwegen einen Vorstoß der Ölstaaten, die | |
wissenschaftlichen Fakten zum Klimawandel nur zur Kenntnis zu nehmen. | |
Daraufhin konnten sich die Staaten nur noch auf lückenhafte Texte für die | |
weiteren Verhandlungen einigen. | |
Ein Vorgeschmack auf die zweite Woche war die Debatte über den [1][Bericht | |
der UN-Klimarats IPCC] zu 1,5 Grad. Die Delegierten redeten sich am Samstag | |
fast drei Stunden lang um zwei Wörter die Köpfe heiß: Solle die Konferenz | |
den Bericht „begrüßen“ (welcome) oder nur „zur Kenntnis nehmen“ (note… | |
Report war 2015 von der Konferenz in Auftrag gegeben worden und mahnt etwa, | |
die CO2-Emissionen müssten für das 1,5-Grad-Ziel bis 2030 praktisch | |
halbiert werden. | |
Diese Warnung wollten Saudi-Arabien, die USA, Russland und Kuwait nur zur | |
Kenntnis nehmen – die anderen Staaten aber wehrten sich dagegen. „Es geht | |
nicht nur um Wörter“, sagte die Delegierte Rueanna Haynes vom Inselstaat | |
St. Kitts und Nevis, „es ist lächerlich, dass wir als Auftraggeber diesen | |
Bericht nicht begrüßen sollen.“ Das Ergebnis: keine Einigung; das Thema | |
wurde auf die nächste Konferenz vertagt. In anderen Debatten werden die 1,5 | |
Grad aber in der nächsten Woche wiederauftauchen. | |
Ähnlich gespalten zeigten sich die Delegierten beim Versuch, in gemeinsamen | |
Papieren zum „Regelbuch“ alle umstrittenen Fragen so zusammenzustellen, | |
dass die Minister in der kommenden Woche schnell entscheiden können. Dabei | |
geht es vor allem um Transparenz und Überprüfbarkeit bei Maßnahmen zum | |
Klimaschutz, um Finanzen und um schärfere Ziele. Weil es zeitlich knapp | |
wird, sollen nun Beamte und Minister parallel nach Lösungen suchen, | |
technische und politische Gespräche also gleichzeitig laufen. | |
## AktivistInnen wird die Einreise verweigert | |
Wie sehr die Zeit drängt, wollte wiederum eine überschaubare Gruppe von | |
DemonstrantInnen klarmachen. Etwa 1.000 von ihnen zogen am Samstag bei der | |
traditionellen Klimademo der Umweltverbände durch die Stadt – bewacht von | |
einem Riesenaufgebot von Polizei in martialischer Kampfmontur und | |
ausgerüstet mit Wasserwerfern. „Spannung lag in der Luft“, twitterte ein | |
Teilnehmer – „was für ein Unterschied zur Demonstration vor einem Jahr in | |
Bonn.“ Damals hatten Zehntausende friedlich vor dem Klimagipfel | |
demonstriert. | |
Die polnischen Behörden setzten weiter auf Härte. Insgesamt zwölf | |
AktivistInnen der Umweltbewegungen wurde zur Konferenz die Einreise nach | |
Polen verweigert, beschwerte sich das Klimaaktions-Netzwerk CAN. Auch drei | |
leitende Mitarbeiter der ukrainischen Umweltgruppe Ecoaktion, die als | |
Partner der deutschen Verbände BUND und Germanwatch arbeiteten, seien an | |
den Grenzen gestoppt worden, hieß es. | |
„Es ist inakzeptabel, dass Mitarbeiter von Umweltorganisationen von | |
Sicherheitskräften festgehalten werden“, protestierte der Vorsitzende des | |
BUND, Hubert Weiger. „Wir sind zutiefst besorgt, dass Menschen, die sich | |
mit friedlichen Mitteln für den Schutz des Klimas einsetzen, kriminalisiert | |
und ihrer Freiheitsrechte beraubt werden.“ Die Festgehaltenen arbeiten für | |
den BUND an Projekten, um die Zivilgesellschaft zu stärken oder die | |
Energieversorgung umzubauen, die vom deutschen Umwelt- und | |
Entwicklungsministerium finanziert werden. | |
## Polens Präsident lobt die Kohle | |
Rund um die Konferenz war in der ersten Woche auch an anderen Orten | |
schlechte Stimmung gemacht worden. Der polnische Präsident Duda hatte sogar | |
auf der Konferenz die Kohle gelobt; bei den Delegierten regt sich der | |
Verdacht, dass die polnische Konferenzleitung mehr an drei unverbindlichen | |
Erklärungen zum „gerechten Übergang“ der Kohleregionen, E-Mobilität und | |
Wäldern interessiert ist als an einem Erfolg der Konferenz. | |
Dann hatte auch noch die Gewerkschaft Solidarność die Wissenschaft zum | |
Klimawandel in Zweifel gezogen – und kein Geringerer als der | |
österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache hatte ins gleiche Horn | |
gestoßen: „Inwieweit der Mensch das Klima beeinflussen kann, ist eine | |
offene Frage. Alles, was mit Treibhausgasen zu tun hat, wollen wir | |
reduzieren. Die Frage ist, wie groß der Anteil ist, das zu beeinflussen“, | |
sagte er im [2][Interview mit dem Standard]. Österreich ist immerhin | |
derzeit EU-Ratsvorsitzender – und spricht damit auf der Konferenz für die | |
gesamte EU. | |
9 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Soviel-Kohlendioxid-wie-noch-nie/!5557087 | |
[2] https://derstandard.at/2000093340857/Strache-Ich-lebe-mit-diesen-Vorwuerfen… | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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