| # taz.de -- Zweite Sammelabschiebung von Afghanen: 26 Männer in Kabul angekomm… | |
| > Viele sprechen gut Deutsch, haben hier jahrelang gearbeitet. Manche haben | |
| > Familie in Deutschland. All das hat sie nicht vor der Abschiebung | |
| > bewahrt. | |
| Bild: Ankunft in Kabul | |
| Kabul dpa | Mit der zweiten Sammelabschiebung von Afghanen aus Deutschland | |
| sind am frühen Morgen 26 junge Männer am Kabuler Flughafen angekommen. Das | |
| Charterflugzeug landete planmäßig um 7.15 Uhr. Die Ankunft verlief ruhig. | |
| Einer der Passagiere konnte oder wollte das Flugzeug nicht verlassen. | |
| Afghanische Polizeibeamte sagten, der Mann sei krank. Ein Vertreter des | |
| Flüchtlingsministeriums sagte, die deutsche Seite sei „entgegenkommend“ | |
| gewesen und fliege den Kranken wieder nach Deutschland. Nach einer anderen | |
| Quelle ist die Entscheidung noch nicht gefallen. | |
| Die afghanischen Behörden wussten bis zum Schluss nicht, wieviele | |
| Passagiere an Bord sein würden. Am Vortag standen auf einer Liste des | |
| Außenministeriums noch 14 Passagiere. Im Flüchtlingsministerium war von bis | |
| zu 45 die Rede. Wieso es weniger Ankömmlinge waren als erwartet, wurde | |
| nicht unmittelbar klar. | |
| Am Flughafen warteten Vertreter der deutschen Botschaft, der afghanischen | |
| Polizei und mehrerer Ministerien. Vertreter der Internationalen | |
| Organisation für Migration boten den Ankömmlingen Unterkünfte für einige | |
| Tage sowie Transport zu ihrem Zielort an. | |
| Im Gegensatz zu freiwilligen Rückkehrern, die bisher 700 Euro erhalten, | |
| bekommen abgeschobene Afghanen keine Unterstützung. Sie haben oft keine | |
| Möglichkeit, vor dem Flug Verwandte anzurufen. Laut einer Liste, die der | |
| Deutschen Presse-Agentur vorlag, kamen mehrere der jungen Männer aus Kabul | |
| und der westafghanischen Stadt Herat, andere aus den unsicheren Provinzen | |
| Logar, Kunar, Kapisa oder Wardak. | |
| Auch Mitarbeiter einer von der deutschen Regierung unterstützten | |
| Nichtregierungsorganisation, die psychologische Unterstützung anbietet, | |
| waren in der Ankunftshalle. | |
| ## Knapp 100 Menschen protestieren | |
| Wie beim ersten Abschiebeflug im Dezember waren unter den Ankömmlingen | |
| junge Männer, die gut Deutsch sprechen und teilweise jahrelang Arbeit | |
| hatten. Badam Haidari (31) erzählte in gut verständlichem Deutsch, er habe | |
| sieben Jahre lang in Würzburg gelebt. Fünf Jahre und acht Monate davon habe | |
| er bei Burger King gearbeitet, „immer Vollzeit.“ Er habe nie Ärger gehabt. | |
| „Kein Klauen, kein Krieg mit irgendwem, keine Schlägereien.“ Haidari stammt | |
| aus der unsicheren Provinz Gasni. Dort finde er sicher keinen Job, sagte | |
| er. Trotzdem reise er jetzt erstmal dorthin. Nur dort habe er Familie. | |
| Arasch Alokosai (21) aus Kabul sagte, er habe sechs Jahre in Nürnberg | |
| gelebt. Er habe einen Ausbildungsvertrag als Karosseriebauer in der Tasche | |
| gehabt, da sei „die Absage“ gekommen. Die Freundin sei im dritten Monat | |
| schwanger. Ramin Afschar (19), ebenfalls aus Kabul, sagte, er sei in | |
| Deutschland zur Berufsschule gegangen. Man habe ihm am Montagmorgen aus dem | |
| Bett geholt und in Handschellen abgeführt. | |
| Unter den Abgeschobenen waren offenbar auch wieder Kriminelle, die ihre | |
| Strafe verbüßt haben. Ein junger Mann, der seinen Namen mit Mohammad | |
| Sarwari angab, sagte, er habe vier Monate wegen einer Schlägerei im | |
| Gefängnis gesessen. | |
| Mehrere Passagiere riefen noch in der Ankunftshalle laut, dass sie sich | |
| bald wieder auf den Weg nach Deutschland machen würden. | |
| Vor dem Abflug der Maschine hatten knapp 100 Menschen auf dem Frankfurter | |
| Flughafen gegen die erste größere Abschiebungsaktion in diesem Jahr | |
| protestiert. Abschiebungen in ein Kriegs- und Krisengebiet seien inhuman | |
| und unverantwortlich, erklärten Pro Asyl und der Paritätische | |
| Wohlfahrtsverband. Die Abschiebungen sind umstritten, weil sich in weiten | |
| Teilen Afghanistans Regierungstruppen und radikalislamischen Taliban | |
| bekämpfen und es immer wieder zu Anschlägen kommt. | |
| Von den rund 250.000 in Deutschland lebenden Afghanen waren Mitte Dezember | |
| nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 11.900 ausreisepflichtig; von | |
| ihnen sind etwa 10.300 geduldet. | |
| 24 Jan 2017 | |
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