| # taz.de -- Zu Besuch im Osho-Resort in Indien: Cashram statt Ashram | |
| > Der Pop-Guru Osho ist lange tot, aber sein Reich lebt weiter. | |
| > Spiritualität oder alles Kommerz? Eine Woche im indischen Esotempel. | |
| Bild: Menschen in Orange: Die Bhagwan-Jünger in den 1980ern wirkten freundlich… | |
| Die Motorrikscha tuckert mich durch das gehobene Wohnviertel, vor einer | |
| hohen schwarzen Mauer steige ich aus. Sie wird nur von einer | |
| Sicherheitsschleuse unterbrochen. Ich lege meinen Rucksack aufs Fließband. | |
| Eine Mischung aus Faszination und Alarm schlägt in mir an, als ich das Osho | |
| International Meditation Resort, kurz OIMR, in Pune betrete. Was kommt | |
| jetzt: tiefer Eintauchen in mich selber – oder in eine Sekte? | |
| Mit Anfang zwanzig wohnte ich in Köln, das schon damals das Europa-Zentrum | |
| der Rajneesh-Bewegung war. Bhagwan Shree Rajneesh, der sich später Osho | |
| nannte und am 19. Januar 1990 starb, war der einflussreichste und | |
| kontroverseste Guru der Popkultur. | |
| Ein indischer Intellektueller, dem Westler – vor allem junge Frauen – zu | |
| Füßen saßen. Sie gaben für ihn ihren Namen, ihre Denkmuster und Beziehungen | |
| auf: Feiern, Sex und Selbsterfahrung als neue Form von Spiritualität. | |
| Kritiker irritierten die 93 Rolls-Royces, in denen Osho vor seinen | |
| jubelnden Jüngern aufkreuzte: ein Blender, ein Verführer. Aber auch ein | |
| radikaler Erwecker. | |
| Bis auf Disco-Nächte im Kölner „Zorba the Buddha“ hielt ich damals Abstand | |
| zu den orangegekleideten Sannyasins, wie sich die Bhagwan-Jünger nannten, | |
| die freundlich unnahbar wirkten, aber auch happy und erfolgreich. Für jede | |
| Art von Heiligenverehrung und Uniformität fehlte mir der Sinn. Doch ich | |
| verschlang den Bestseller „Ganz entspannt im Hier und Jetzt“ von | |
| Stern-Reporter Jörg Andrees Elten, der 1977 in Pune (das bis zum Vorjahr | |
| Poona hieß) recherchierte und für immer blieb. Wünsche ich mir insgeheim, | |
| 40 Jahre später vom gleichen Rausch erfasst zu werden? | |
| Die Zeiten haben sich geändert. Ich will das Erbe des provokanten Mystikers | |
| vor Ort erfahren. „Leben beginnt, wo die Angst aufhört“, lautet eines | |
| seiner abertausend Zitate. Osho hat Alternativgeschichte geschrieben, seine | |
| Vorträge sind in Hunderten von Büchern verewigt. In Indien ist er posthum | |
| als geistliche Größe anerkannt; Promis von Nena bis Kourtney Kardashian | |
| sind Fans. | |
| Etliche der etablierten Selbsterfahrungsangebote im Westen – von | |
| ekstatischem Tanz bis zur „bewussten Sexualität“ des Neo-Tantra – haben | |
| ihren Ursprung im ehemaligen Ashram in Koregaon Park, gelegen in der | |
| quirligen Großstadt Pune, gut drei Autostunden südöstlich von Mumbai. | |
| Tausende von Menschen lebten hier früher temporär, ein Drittel davon | |
| Deutsche. Ich habe mich für eine Woche „Living in“-Programm angemeldet. | |
| ## Erster Tag: Strenge | |
| Es wirkt leer und ruhig. Um mich herum nur glattes, kühles Schwarz. An | |
| einer der Marmorwände rieselt Wasser herunter, hohe Bäume spenden Schatten. | |
| Nirgendwo ist ein Foto vom „Weißbart mit den tiefgründigen Augen“ (Der | |
| Spiegel) zu sehen. Dafür umso mehr Weinrot: Alle Leute – auch viele Inder, | |
| die nur die Hälfte des Eintritts zahlen – tragen farblich einheitliche | |
| Gewänder. Die muss auch ich mir im Laden des Resorts kaufen, darunter eine | |
| weiße Robe für den Abend. | |
| Es gibt Coupons fürs Essen und einen Sicherheitspass. Die Formalien sind | |
| mühsam. Wenigstens ist der Zwangs-Aidstest abgeschafft worden, weil er in | |
| Indien unter Diskriminierung fällt. Erlaubt ist jedoch der Vortrag, den nur | |
| die männlichen indischen Besucher beim Einlass bekommen: Frauen im Resort | |
| sind kein Freiwild. | |
| Vor der „Multiversity“-Fakultät hängen Bildschirme, an denen ich mich dur… | |
| das Kursangebot klicke: Wiedergeburt, Selbstliebe, Familienaufstellung, | |
| Astrologie – ein esoterischer Supermarkt. „Mystic Rose“ geht über 21 Tag… | |
| Die erste Woche nur lachen, die zweite weinen, die dritte schweigen. | |
| Stunden später haben wir Neulinge alle Einführungen hinter uns und wissen: | |
| In der Meditationshalle darf man nicht husten oder niesen, sonst fliegt man | |
| raus. Überall herrscht strenge Hygiene. Fotografieren ist nicht erlaubt. | |
| Mein steriles Einzelzimmer im Gästehaus mutet eher nach Reha-Klinik an. Von | |
| wegen „Sex-Kult“: Bisher habe ich in all der geleckten Keimfreiheit keine | |
| einzige Umarmung, geschweige denn Händchenhalten gesehen. Es gibt weder | |
| Hängematten noch Liegelandschaften. Auch nicht am Pool, für den ich mir | |
| weinrote Badesachen kaufen und jedes Mal extra bezahlen muss. „Cashram“ | |
| statt Ashram – nur Wäschewaschen ist umsonst. | |
| ## Evening Meeting | |
| Die Sauna im blitzsauberen Fitness-Center ist für Männer und Frauen | |
| getrennt. Falls das freizügige Image von früher die vielen indischen Männer | |
| anlockt, werden sie enttäuscht sein. Auch die selten gewordenen | |
| Tantra-Kurse stehen ihnen nicht offen. | |
| Um 18.40 Uhr, keine Minute später, muss ich weiß gewandet beim Auditorium | |
| zum „Evening Meeting“ eintreffen – oder sonst in der Zeit auf dem Zimmer | |
| ausharren. Die Liste der Regeln wird immer länger. Lagerkoller droht. | |
| Wie in einem Science-Fiction-Film schwebt eine weiße Nachthemd-Gestalt nach | |
| der anderen im Halbdunkel die Steintreppe zum gigantischen | |
| pyramidenförmigen Auditorium empor. Vorher werden wir abgetastet. 2010 gab | |
| es gleich um die Ecke bei der „German Bakery“ einen tödlichen | |
| Bombenangriff. | |
| Von innen ist der Zen-Tempel kühl und schummrig – ein UFO, das uns Erdlinge | |
| verschluckt hat. Es wird noch surrealer. Die Tanzmusik bricht mehrmals | |
| abrupt ab. Dann reißen alle die Arme hoch und brüllen „Osho!“ Auf der | |
| Leinwand erscheint der Meister und hält 40 Minuten lang einen seiner | |
| druckreifen Vorträge, mit starkem Akzent. Etwas bleibt hängen: „Wenn du es | |
| erzwingst, wirst du es nicht genießen. Wenn du es genießt, musst du es | |
| nicht erzwingen.“ Könnte mein Motto für diese Woche werden. | |
| Osho endet wie immer mit ein paar Witzen. Die ganze Halle gackert. Bis auf | |
| einen, der nach draußen verwiesen wird, weil er gehustet hatte. Der | |
| schlaksige Rausschmeißer hat eine schlohweiße Mähne und ist unverkennbar | |
| Amrito, bürgerlich Dr. John Andrews, ehemaliger Leibarzt Oshos. Der bärtige | |
| Brite, er ist über 70, ist so etwas wie die graue Eminenz im Kleinstaat. | |
| ## Zweiter Tag: Trance | |
| Morgens um sechs Uhr „Dynamische Meditation“ in der Halle: In | |
| 15-Minuten-Intervallen schnaufen, hopsen, kathartisch brüllen, erstarren | |
| und zuletzt tanzen. Weinrote Augenbinden dafür gibt’s im Shop. Es folgt | |
| Yoga im Freien, im langen Gewand. Als subversiven Akt lege ich eine Runde | |
| im Pool ein – ohne extra zu bezahlen. | |
| Der Platz fürs „Zennis“ (Tennis kombiniert mit Meditation) ist verwaist, | |
| die große Essenshalle geschlossen. Im kleinen Selbstbedienungsrestaurant | |
| kostet ein Miniglas Wein rund sieben Euro, da fällt Abstinenz leicht. | |
| Es fehle der alte Party-Spirit, erklärt mir ein angegrauter Schweizer | |
| Sannyasin mit Zahnlücke und Zottelhaaren in der Raucherecke. Es sei einfach | |
| nicht mehr das Gleiche, keine Kommune, dafür gut geölter Kommerz. Früher | |
| hat er hier mit anderen gekocht und gegärtnert, jetzt ist er im | |
| klimatisierten Büro für die Betreuung der Webseite zuständig und hofft | |
| darauf, dass er über Weihnachten Freunde aus den alten Tagen wiedertrifft. | |
| Arbeit ohne Bezahlung – obwohl das OIMR Teil eines | |
| Multi-Millionen-Dollar-Imperiums ist? Er zuckt die Schultern, grinst und | |
| rollt sich noch eine. Ausfragen läuft nicht. | |
| Die erste der Therapien, die ich im „Living in“-Programm guthabe, klingt | |
| harmlos: „Atmung“. Ich folge dem Therapeuten – schwarzer Zen-Anzug, weiße | |
| Schärpe – hinunter in die Katakomben: ein fensterloser Kellerraum, | |
| ausgepolstert als Gummizelle. Kurz stürzen Bilder aus den früheren | |
| „Encounter“-Gruppen auf mich ein. In diesen hochexplosiven Kursen | |
| konfrontierten die Teilnehmer sich gegenseitig und tobten sich aus, bis hin | |
| zu Knochenbrüchen und Orgien. Was haben diese Wände schon alles gesehen? | |
| Die nächste Stunde sehen sie, wie ich mich auf dem Boden liegend in Trance | |
| atme und dann schreie, weil der Therapeut Akkupressurpunkte auf meinem | |
| Körper drückt, um emotionale Blockaden aufzulösen. Das ist brutal, aber | |
| funktioniert. Frisch gefoltert lustwandle ich danach durch den Garten, | |
| bestaune rote Libellen und einen Pfau. Die Ferienanlage in Absurdistan, die | |
| ich heimlich „Animal Farm“ getauft habe, ist plötzlich ein schönerer Ort | |
| geworden – und ich bin erlöster. Geht doch! | |
| Mit dem Frieden ist es dann am Abend im Auditorium wieder hin. Weil es kühl | |
| ist, habe ich mir ein hellgraues Seidenkleid unter dem weißen Gewand | |
| angezogen. Nicht dezent genug. Ein Aufpasser tippt mir auf die Schulter: | |
| Ich solle mich vor der Tür meines Unterkleides entledigen. Das Grau würde | |
| ablenken. Zumindest schlägt er mich nicht mit einem Stock, wie im echten | |
| Zen-Kloster üblich. | |
| ## Dritter Tag: Übel | |
| Ich stoße auf einen weiteren Rebellen. Ein junger Engländer mit | |
| Brilli-Stecker in der Nase, der sich für die freudianische Primal-Therapie | |
| anmelden wollte, darf nicht mitmachen, weil sein Vater indischer Abstammung | |
| ist. „Osho meinte, dass es drei Generationen braucht, bevor die kulturelle | |
| Konditionierung bei Indern und Asiaten weg ist.“ Der Enttäuschte geht zum | |
| Abreagieren erst mal eine Runde tanzen. Eigentlich wollte er noch eine | |
| Woche bleiben. Jetzt doch lieber Goa. | |
| Vor dem Mittagessen legt jeden Tag im Freien ein DJ auf. Wenn man die Wahl | |
| habe, solle man feiern, statt zu meditieren, hat Osho gesagt. Wir zucken zu | |
| Modern Talking und Bollywood-Pop im „Buddha Grove“ herum. Langsam macht das | |
| Ganze Spaß. Fanatisch erscheint hier niemand, eher suchend und sanft. | |
| Vor mir dreht sich ein kleines Männlein mit Fischerhut verzückt wie ein | |
| Derwisch im Kreise. „Sufi Whirling“ heißt die Technik und wird am | |
| Nachmittag als Meditation angeboten. Ich bin dabei. Innerhalb von fünf | |
| Minuten wirbele ich mich in einen ekstatischen Rausch. Innerhalb von 15 | |
| Minuten wird mir schummerig. Dann grottenschlecht. Nach einer halben Stunde | |
| kollabiere ich fast. Meine erste heftige Übelkeit in Indien kommt nicht vom | |
| Essen, sondern vom Meditieren. | |
| Ich verzichte aufs Abendprogramm. | |
| ## Vierter Tag: Verrat | |
| In meiner nächsten Session lerne ich, wie ich durch Zittern alte Traumata | |
| loswerden kann – eine der vielen effektiven Körpertherapien, die Sannyasins | |
| anbieten. Vielleicht komme ich dem Halbgott so näher als im Buchladen. | |
| In meinem Zimmer liegt ein Zettel: Ich soll im „Living in“-Büro | |
| vorbeikommen. Bin ich beim heimlichen Schwimmen ertappt worden? Muss ich | |
| meinen gelben Tagesrucksack gegen einen weinroten eintauschen? Falscher | |
| Alarm: Eine Japanerin – Volunteer wie die meisten hier – will mir nur einen | |
| mit Osho-Zitaten unterfütterten Überblick über das Kursangebot geben. | |
| Ich will Stille und gehe zur klassischen „Sitting Meditation“ in Oshos | |
| früherer Residenz, dem Lao-Tzu-Haus. Es ist halb Museum, halb Mausoleum. Im | |
| Eingang, wo wir uns weiße Socken anziehen müssen, steht ein cremefarbener | |
| Rolls-Royce aus dem legendären Fuhrpark. Dann geht es durch des Meisters | |
| frühere Bibliothek mit Werken von Carlos Castaneda bis Carl Jung. | |
| Im nächsten Zimmer steht sein Zahnarzt-Behandlungsstuhl vor Spiegelwänden. | |
| Das eigentliche Heiligtum ist eine Tempelhalle mit Goldverzierung und | |
| weißem Marmorboden. Pomp und Zauber einer vergangenen Ära – samt | |
| verspiegelter Plattform, unter der Oshos Asche liegt. Darüber die | |
| Inschrift: „Never Born, Never Died. Only Visited this Planet Earth“. | |
| Osho starb im Alter von nur 58 Jahren – angeblich an einem schleichenden | |
| Gift, verabreicht im US-Gefängnis. „Herzinfarkt“ stand auf dem Totenschein. | |
| Er wurde in großer Eile kremiert und hinterließ keinerlei letzte | |
| Aufzeichnungen. 23 Jahre später tauchte ein gefälschtes Testament auf. | |
| Letztes Jahr deckte ein indischer Journalist die Widersprüche rund um den | |
| mysteriösen Tod des spirituellen Führers auf, sie deuten auf Mord oder | |
| Sterbehilfe hin. Ich bestelle mir „Who killed Osho?“ im Internet und komme | |
| mir wie eine Verräterin vor, als mir kurz darauf der Leibarzt Amrito über | |
| den Weg läuft. Das Buch verdächtigt auch ihn. | |
| ## Fünfter Tag: Profit | |
| Nur eine einzige Nacht habe Osho in diesem Palastzimmer verbracht, erzählt | |
| mir der Tai-Chi-Lehrer Raj, 64, der in seinem früheren Leben als | |
| kanadischer Anwalt D’Arcy O’Byrne hieß. Auch er glaubt an die | |
| Vergiftungstheorie. Wir sitzen beim Kaffee vor der Multiversity. Raj – | |
| kahler Schädel, breite Figur, Buddha-Lächeln – gehört zum Inner Circle des | |
| Osho-Imperiums und zieht mit Amrito die Strippen in Pune. | |
| Sein Team hat gerade mit der OIF, der Osho International Foundation in der | |
| Schweiz, einen jahrelangen Warenzeichen-Prozess vor dem Europäischen | |
| Gerichtshof gewonnen. Die Marke Osho ist ab jetzt unangreifbar, von jeder | |
| Meditation auf YouTube bis hin zu den Schachteln mit Papiertaschentüchern | |
| in den Gummizellen. Das hat zu Zerwürfnissen geführt – zerstrittene | |
| Sannyasin-Fraktionen von Europa bis Delhi, die sich vom Management in Pune | |
| ausgebootet fühlen. Sie werfen der OIF vor, profitgeil und diktatorisch zu | |
| sein. Die Gralshüter wiederum sehen sich als Puristen, die Oshos Werk rein | |
| halten. | |
| Vermisst Raj die alten Zeiten? „Nein“, er lacht auf, „kein bisschen!“ O… | |
| habe keinen Ashram mehr gewollt, weil das die Geburtsstätte von Religionen | |
| sei. „Von außen sieht es wie ein Kult aus. Aber wenn man hier reinkommt, | |
| ist es der Anti-Kult. Es gibt keinen Guru.“ Der Kommunen-Versuch sei | |
| gescheitert, daher jetzt das Resort. „Das war allein Oshos Vision.“ | |
| Zu Oshos Lebzeiten – oder wie Raj und seinesgleichen es nennen: „als Osho | |
| in seinem Körper war“ – habe man rund hunderttausend seiner Bücher im Jahr | |
| verkauft. Jetzt seien es 3,5 Millionen. Hollywood-Hipster wurden mit | |
| Osho-Büchern unterm Arm gesichtet. „Was 1984 passiert ist, interessiert die | |
| Jungen nicht“. | |
| Osho – damals noch Bhagwan – hatte sich mit seinen Anhängern aus Pune nach | |
| Oregon abgesetzt und dort in der Wüste eine eigene Stadt gegründet, | |
| Rajneeshpuram. Die Spannungen mit den Anwohnern gipfelten 1984 in einem | |
| Mordkomplott, hinter dem Oshos frühere Sekretärin Ma Anand Sheela steckte. | |
| Osho wurde wegen Visa-Vergehens in den USA verhaftet und kehrte später im | |
| Privatjet nach Pune zurück. | |
| Rajs Ton wird schärfer. Ich sei die Einzige hier, die solche Fragen nach | |
| der Vergangenheit stelle. Er zitiert sinngemäß Osho: „Ich zeige euch den | |
| Mond – aber ihr schaut lieber auf meinen Finger!“ Wir werden unterbrochen, | |
| als Raj eine elegante ältere Dame mit riesiger Brille, Sonnenhut und | |
| Schmuck begrüßt – „eine der reichsten Frauen Brasiliens!“ Sie verschwin… | |
| in Richtung eines Luxus-Privatgemachs. Das kann man sich auf Lebenszeit | |
| mieten, mit Whirlpool im Schlafzimmer. | |
| ## Sechster Tag: Inspiration | |
| Freitagabend wird „Sannyas genommen“ – die Taufzeremonie für die, die si… | |
| neu zu Osho bekennen. Mittlerweile kann man sich seinen indischen Namen | |
| selber aussuchen. Die Neuzugänge sitzen auf Kissen in der Mitte der | |
| Tanzfläche. Die Hausband spielt süßliche Lieder, eine Lichtorgel wabert, | |
| Osho spricht vom Band, dann wird getanzt. | |
| Eine nette Hamburgerin neben mir schüttelt den Kopf über das Prozedere: nur | |
| ein Abklatsch von früher sei das. Aber sie kommt dennoch jedes Jahr mit | |
| Begeisterung nach Pune – „um das Leben zu feiern, nach innen zu gehen und | |
| durch Osho wieder und wieder inspiriert zu werden“. Sie sieht den Mond. Ich | |
| wohl nur den Finger. | |
| ## Siebter Tag: Witz | |
| Bei der Dynamischen Meditation schreie ich morgens keine angestaute Wut | |
| mehr heraus, sondern werde kindlich-albern. Ich bekomme als letzte Session | |
| eine „Bliss-Massage“ von Kopf bis Fuß, nach der ich fast schwebe. An mein | |
| Gewand habe ich mich längst gewöhnt, ans Bezahlen für den Pool noch nicht. | |
| Mittags tanze ich wieder ausgelassen in der Sonne. Abends schwänze ich | |
| diesmal nicht, sondern brülle statt „Osho!“ einfach meinen Namen. Entweder | |
| werden die anzüglichen Witze des Weißbarts besser oder nur meine Laune – | |
| auf jeden Fall lache ich mehr. | |
| ## Achter Tag: Entspannung | |
| Auschecken. Um neun Uhr morgens läuft mein Resort-Pass ab. Nur mit | |
| Schwierigkeiten komme ich drei Minuten danach nochmal durch die | |
| Sicherheitsschleuse, weil ich meine Yogamatte auf der anderen Seite | |
| vergessen habe. Strenge Blicke zum Abschied. Ich freue mich auf eine | |
| Hängematte. Endlich entspannen – im neuen weinroten Bikini. | |
| 7 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Anke Richter | |
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