# taz.de -- Zivilklausel: Bremer Grüne doch friedlich | |
> Bürgerschaft beschließt, dass ein Verbot militärischer Forschung an | |
> Bremens Hochschulen geprüft werden soll. | |
Bild: Sollen künftig ohne Hilfe der Uni entwickelt werden: Drohnen der Bremer … | |
BREMEN taz | Nun muss der Bremer Senat doch eine sogenannte gesetzliche | |
Zivilklausel prüfen. Einen entsprechenden Antrag beschloss am Donnerstag | |
die rot-grüne Bürgerschaftsmehrheit. Nicht überraschend: Zwar hatte die | |
Regierungskoalition auf Betreiben der Grünen einen Vorstoß für eine | |
Verankerung des Verbots militärischer Forschung im Hochschulgesetz noch | |
Mitte März vom Tisch gewischt. Aber inzwischen musste die Uni einräumen, | |
doch immer mal wieder im Auftrag des Verteidigungsministers geforscht zu | |
haben – entgegen der Verzichts-Erklärung, die der Akademische Senat | |
beschlossen hatte. | |
Prompt rief die Linksfraktion erneut nach einem verbindlicheren | |
Rüstungsforschungsverbot: Hinfällig war ja das Grünen-Argument, die | |
bestehende Selbstverpflichtung der Uni – wie auch die angekündigte der | |
Hochschule – mache eine gesetzliche Regelung überflüssig. Die SPD-Fraktion, | |
durch einen Parteitagsbeschluss in der moralischen Pflicht, hätte diesmal | |
echt Mühe gehabt, ein Nein mitzutragen. Auch beim kleinen Koalitionspartner | |
hatte die Haltung der Fraktion innerparteiliches Unbehagen ausgelöst: Ein | |
Votum von der Mitgliederversammlung fehlt in der Sache zwar. Aber | |
deutlicher Unmut an der Basis sowie teils scharfe Kritik sowohl von | |
Campus-Grün-Leuten als auch von Grüner Jugend ließ die Abgeordneten nicht | |
ungerührt. Als die Fraktion erneut beriet, beschloss eine hauchdünne | |
Mehrheit, den Senat prüfen zu lassen, ob „eine Zivilklausel im Rahmen einer | |
Novellierung hochschulrechtlicher Vorschriften gesetzlich verankert werden | |
kann“. Einen „erfreulichen Meinungswandel“ nennt das Henrike Müller, | |
außerparlamentarischer Teil der Landespartei-Doppelspitze. | |
Nicht so günstig bewertete Linksfraktions-Chefin Kristina Vogt den Antrag: | |
„Im entscheidenden Punkt“, nämlich der Kontrolle, bleibe er „unterhalb d… | |
Notwendigen“. Und während CDU-Frau Susanne Grobien erklärte, sie sei „fro… | |
dass unsere Hochschulen und die Universität viele Kontakte zur Wirtschaft | |
haben und genügend Drittmittel einwerben“, benannte Vogt genau das als | |
Problem: Die Einrichtungen könnten sich infolge einer gerade in Bremen | |
chronischen Unterfinanzierung kaum noch gegen die Versuche der | |
Einflussnahme erwehren. „Absurd“, sagte Wissenschafts-Staatsrat Joachim | |
Schuster (SPD): Die akademischen Einrichtungen seien weit entfernt davon, | |
Rüstungsschmieden zu werden. | |
Während Junggrüne und Jusos den gestrigen Beschluss als erfreuliches Signal | |
werteten, „dass nun beide Regierungsfraktionen den Sinn einer gesetzlichen | |
Zivilklausel erkannt“ hätten, überwog in der Debatte indes die Skepsis: | |
Matthias Güldner, Chef der Grünen-Fraktion, warnte, die Selbstkontrolle | |
vorschnell kleinzureden. | |
Zudem müsse man verfassungsrechtliche Bedenken ernst nehmen, warnte SPD | |
Wissenschaftspolitiker Elias Tstartilidis. „Wir wollen keinen | |
Schnellschuss, der dann einer Klage nicht standhält.“ | |
Befürchtet wird eine Kollision mit dem Grundrecht der Forschungsfreiheit. | |
Manche vermuten sogar, dass eine gesetzliche Klausel mit der sogar nur in | |
Form einer Friedensklausel vereinbar wäre – also einem Festschreiben | |
friedlicher Zwecke der Forschung. Das wiederum würde die Verzichtserklärung | |
in ihr Gegenteil verkehren: Frieden, das ist nach offizieller Lesart das, | |
woran die Bundeswehr momentan in Afghanistan arbeitet. | |
Entwarnung hatte da der Bremer Staatsrechtslehrer Andreas Fischer-Lescano | |
gegeben, der in der taz.nord erläutert hatte, dass sich aus der | |
Friedenspflicht im Grundgesetz auch eine eindeutige Abgrenzung vom Komplex | |
„militärischer Interessen“ ableiten lasse. Und statt ein Eingriff in die | |
Forschungsfreiheit zu sein, verwirkliche diese sogar erst „den | |
Verfassungsauftrag, für eine ’freie und unabhängige‘ Wissenschaft zu | |
sorgen“. | |
7 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Zivilklausel: Die Freiheit zu nicht-militärischer Forschung | |
Die Wissenschaft muss auch frei sein, bestimmte Forschung nicht zu machen. | |
Bremer Militärforschung: Im Auftrag der Luftwaffe | |
Obwohl sie sich selbst eine Zivilklausel auferlegt hat, arbeitete die Uni | |
Bremen jahrelang für die Bundeswehr. Jetzt entbrennt ein Streit über | |
Kontrolle. | |
Rüstungsforschung im grünen Ländle: Fehlende Zivilcourage | |
Grün-Rot in Baden-Württemberg will kein Gesetz für eine Zivilklausel an der | |
Karlsruher Uni. Der Landtag erlaubt auch künftig die militärische | |
Forschung. | |
Next generation : Jung mit starken Themen | |
Alexandra Werwath setzt sich für eine Zivilklausel im Hochschulgesetz ein: | |
Die Grüne Jugend hat sie auch deshalb in ihren Bundesvorstand gewählt - | |
obwohl sie aus dem winzigen Bremer Landesverband kommt. |