# taz.de -- ZDF-Serie „Blochin“: Ein Finale im Regen | |
> Nach vier Jahren zeigt das ZDF das Finale einer damals maximal | |
> ambitioniert versendeten Serie: „Blochin – Das letzte Kapitel“. | |
Bild: Blochin (Jürgen Vogel) will Rache für den brutalen Mord an seiner Tocht… | |
Thomas Heinze war eines der Gesichter des deutschen Komödienbooms der | |
1990er Jahre („Allein unter Frauen“, „Frauen sind was Wunderbares“). Da | |
passte der große Junge, der beides draufhatte, und zwar in einer Rolle: den | |
Charmeur mit Hundeblick und den blasierten Affen, perfekt rein. Das war | |
seine große Zeit. Mit Mitte fünfzig ist er heute darauf abonniert, in | |
Fernsehkrimi-Nebenrollen den blasierten Affen zu geben (zuletzt in | |
„Professor T.“), den er immer noch sehr gut draufhat. | |
Den er, wenn ihm ein Regisseur den Raum gibt, sehr nuanciert spielen kann. | |
So ist das Beste, was sich über „Blochin – Das letzte Kapitel“ sagen lä… | |
dass Matthias Glasner („Der freie Wille“) es wieder zugelassen hat, dass | |
dieser Thomas Heinze den eigentlich für die Hauptrolle – Blochin – | |
vorgesehenen Jürgen Vogel („Der freie Wille“) an die Wand spielt, wie schon | |
vor vier Jahren. Was weniger die Schuld Vogels als des Drehbuchs sein | |
dürfte und als durchaus vergiftetes Lob für Glasner gemeint ist, der für | |
„Blochin“ nicht nur als Regisseur, sondern auch als Drehbuchautor, in der | |
Fortsetzung sogar als alleiniger Autor firmiert. Begriffe wie „Headautor“ | |
und „Writersroom“ sucht man in der Pressemappe nun nämlich vergeblich. | |
Aber der Reihe nach: Es könnte schließlich sein, dass der eine oder die | |
andere sich gar nicht mehr erinnert. Vier Jahre ist es also her, da wähnte | |
man sich beim ZDF bei den amerikanischen Vorbildern à la „Breaking Bad“ und | |
da angekommen, was seinerzeit als das Hier und Jetzt galt. Da zelebrierten | |
sie 360 horizontal erzählte Minuten „Blochin“ zuerst auf der Berlinale, um | |
die fünf Folgen, nein: „Kapitel“, dann, ganz auf der Höhe der Zeit, im | |
Binge-Modus im Hauptprogramm zu versenden und davor online bereits | |
freigeschaltet zu haben. | |
Die auf ganze acht Folgen angelegte Fortsetzung war rasch bestellt. Aber | |
ach, die Kritiken waren mau und – für das ZDF viel maßgeblicher, obwohl | |
gebührenfinanziert – die Einschaltquoten auch. Letzteres dürfte der Grund | |
dafür sein, dass die Fortsetzung auf einen 110-minütigen Spielfilm | |
zusammengestrichen wurde und bis zu dessen Ausstrahlung besagte vier Jahre | |
ins Land gehen mussten. Da hilft es auch nicht – sondern sorgt eher für | |
einen Moment der unfreiwilligen Komik, wenn die Figuren im Film penetrant | |
behaupten, dass lediglich zwei Jahre vergangen seien. | |
## Blochin will Rache | |
Zur Erinnerung: Blochin ist ein harter Hund von einem Berliner Polizisten, | |
der so heißt nicht wegen des gleichnamigen ehemaligen sowjetischen | |
NKWD-Offiziers und Vollstreckers der stalinistischen Säuberungen, sondern | |
wegen des gleichnamigen ehemaligen sowjetischen Fußballspielers, dessen | |
Abziehbild er bei sich trug, als er nach seiner vermeintlichen Ermordung im | |
Jugendalter im Leichenschauhaus aufschreckte, sich an nichts, nicht einmal | |
seinen Namen erinnernd. | |
Beinahe im Alleingang wollte er es mit korrupten Politikern und der | |
Russenmafia aufnehmen, allerdings vergeblich. Nebenbei fuhr er seine Ehe | |
mit der – MS-kranken – Schwester seines Chefs Dominik Stötzner (Thomas | |
Heinze) an die Wand und musste am Ende den Tod seiner vom Russengangster | |
Kyrill (Alexander Scheer) ermordeten Tochter schmerzlich betrauern. | |
Da konnte man gar nicht anders als so maximal bedröppelt dreinschauen, wie | |
Jürgen Vogel es pausenlos tat. Ein einziger Gesichtsausdruck in 360 plus | |
110 Minuten ist trotzdem ein bisschen sehr wenig. Um Kyrill endlich zur | |
Strecke zu bringen, entführt Blochin dessen Freundin (Jasna Fritzi Bauer) | |
aus der Karibik. Dort scheint die Sonne, während es in Berlin permanent | |
schüttet, als hätte Glasner den kompletten Film am vergangenen | |
Freitagnachmittag gedreht. | |
## „Stötzner“ statt „Blochin“ | |
Und da kommt jetzt endlich Thomas Heinze ins Spiel: „Diese ganze Geschichte | |
hier ist ein einziger großer, löchriger Kessel. Wasser fällt vom Himmel und | |
sammelt sich drin, aber es fließt immer wieder durch eins der vielen Löcher | |
raus. Und jedes Mal, wenn man wieder eins der Löcher gestopft hat – öffnet | |
sich schon wieder das nächste!“ | |
Solche Sätze mit Würde aufsagen zu können, den müden Zyniker zu geben („I… | |
bin schon lange kein Polizist mehr … Ich weiß nicht mal mehr, was das Wort | |
überhaupt bedeutet“), der sich hinter seinem Sarkasmus und seiner | |
Blasiertheit verschanzt hat. Dem keiner mehr etwas abnimmt, am wenigsten er | |
selbst, wenn er dann sagt: „Alles wird gut. Das verspreche ich.“ Obwohl er | |
das doch ganz ernst meinen will. Aber das ist große Schauspielkunst. | |
„Stötzner“ statt „Blochin“ – das hätte eine gute Serie werden könn… | |
5 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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