# taz.de -- ZDF-Doku über „FC Hollywood“: Zwischen Amüsement und Entsetzen | |
> Eine fünfteilige ZDF-Doku beleuchtet jene schillernde Zeit, in der der FC | |
> Bayern München zum FC Hollywood wurde. Was für eine Gaudi! | |
Bild: Schöner Schlenzer: Mario Basler trifft im Jahr 1999 im Europapokalfinale… | |
Ab 23 Uhr war Bettruhe angesagt im Mannschaftshotel des [1][FC Bayern] vorm | |
Finale der Champions League 1999 gegen Manchester United, doch einen | |
interessierte das mal wieder überhaupt nicht. Mario Basler blieb lieber an | |
der Hotelbar, um ein Bier nach dem anderen zu trinken und auch Wodka Lemon, | |
begleitet von so einigen Zigaretten. | |
Und so saß er eben da bis tief in die Nacht und scherte sich auch nicht um | |
die Interventionen seiner Vorgesetzten, erst von Trainer Ottmar Hitzfeld, | |
später von Manager Uli Hoeneß. Basler, das muss gesagt werden für all jene, | |
die mit der damaligen Zeit nicht vertraut sind, war nicht der Zeugwart des | |
FC Bayern, sondern einer der wichtigsten Spieler. Und der trinkt in der | |
Nacht vor dem wichtigsten Spiel für den Verein seit Jahrzehnten bis um halb | |
vier morgens die Hotelbar leer und raucht. | |
Aber er weiß eben, dass er sportlich unverzichtbar ist. Im Finale bringt er | |
die Bayern mit einem frechen Freistoß früh in Führung. Doch die größte | |
Pointe soll sehr spät kommen, in der Nachspielzeit, als Manchester jeweils | |
nach Eckbällen durch Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjaer trifft und | |
den Münchnern den Titel entreißt. Uniteds Trainerlegende Sir Alex Ferguson | |
formulierte es damals so: „Football, bloody hell.“ Stefan Effenberg empfand | |
„eine absolute Leere“. | |
## Beste Unterhaltung | |
Um die wohl wildeste Zeit beim FC Bayern ab Mitte der 1990er-Jahre geht es | |
i[2][n der sehenswerten Dokuserie „FC Hollywood“], die von diesem Freitag | |
an ab 10 Uhr in der ZDF-Mediathek abgerufen werden kann und am 17. Januar | |
ab 22.30 Uhr im ZDF-Fernsehen ausgestrahlt wird. Die fünfteilige Doku | |
beleuchtet unterhaltsam und hintergründig die aus heutiger Sicht teils | |
unglaublichen Geschichten, als der FC Bayern mit Misserfolgen, regelmäßigen | |
Skandalen und jeder Menge Unterhaltung zum FC Hollywood wurde. | |
Es herrscht damals beim FC Bayern regelrecht Anarchie, eine Schlagzeile | |
jagte die nächste. Das Publikum schwankte zwischen Amüsement und Entsetzen. | |
Es ist jene vergleichsweise sorgenfreie Zeit, in der die Bundesrepublik | |
nach dem Ende des Kalten Krieges den Übergang von Kanzler Helmut Kohl zu | |
Gerhard Schröder erlebt, die Love Parade zum Massenspektakel und auch die | |
Bundesliga bunter und schriller wird, maßgeblich befördert durch die | |
Boulevardmedien und die Berichterstattung beim Privatsender Sat1. | |
Für die beste Unterhaltung sorgte der FC Bayern aber schon selbst. Die Doku | |
ist eine Reise in eine noch wunderbar ungeschliffene Fußballära, aus der | |
Zeitzeugen aus den Medien wie Marcel Reif im Film ebenso erzählen wie die | |
damaligen Protagonisten Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann, Mehmet Scholl | |
und viele andere. Es sind Geschichten, die das Bild vom FC Bayern geprägt | |
und große Teile seiner Faszination begründet haben. Dazu zählt auch der | |
Zwist zwischen Matthäus und Klinsmann in der Saison 1995/96. | |
Schon bei Inter Mailand hatte es zwischen ihnen „ein paar Mal geknallt“, | |
erzählt Klinsmann. Beim FC Bayern explodiert es. Das liegt auch daran, dass | |
Matthäus und Klinsmann grundverschiedene Charaktere sind. Matthäus posiert | |
mit seiner damaligen Frau Lolita Morena im Ferrari, Klinsmann schützt sein | |
Privatleben und pflegt im Käfer Cabrio ein vergleichsweise bodenständiges | |
Image. Das Duell belastet die Mannschaft, die immer mehr zersplittert. | |
Wegen eines vermeintlichen DFB-Putsches gegen ihn regt Matthäus sogar ein | |
TV-Duell an. | |
## Mehmet Scholl im „Testlauf“ | |
Klinsmann lehnt dankend ab und macht sich lustig über den Kollegen – | |
ebenfalls öffentlich, versteht sich. Einen weiteren Schwerpunkt bildet der | |
Aufstieg und Fall des damaligen Teenieschwarms Scholl. Dabei ist auch Platz | |
für nachdenkliche Töne, wie vom langjährigen Pressesprecher des FC Bayern. | |
„Plötzlich haben wir die Schattenseiten dessen, was wir kreiert haben, | |
gesehen“, sagt Markus Hörwick. Denn [3][der junge Scholl wird auch unter | |
der von Hoeneß für die Vermarktung forcierten Aufmerksamkeit zerrieben.] | |
Im Rückblick, sagt Scholl, seien er und die anderen Spieler „ein Testlauf“ | |
gewesen – und ihm sei „das alles gehörig um die Ohren geflogen“. Ebenso | |
wird beleuchtet, wie es zu Giovanni Trapattonis Wutrede kam, wie Matthäus | |
mit seinem Tagebuch den Verein gegen sich aufbrachte und warum die | |
sogenannte Mutter aller Niederlagen gegen Manchester United auch ihr Gutes | |
hatte. Denn diese bereitete den Boden für den Titelgewinn 2001 und gilt | |
auch deshalb als Schlusspunkt der Ära des FC Hollywood. | |
10 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /FC-Bayern-Muenchen/!t5411062 | |
[2] https://presseportal.zdf.de/pressemitteilung/fc-hollywood-in-der-zdfmediath… | |
[3] https://fcbinside.de/2024/12/29/scholl-ueber-seine-bayern-zeit-gab-keinen-t… | |
## AUTOREN | |
Maik Rosner | |
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