# taz.de -- Wölfe in Deutschland: Ja, die Tiere sind gefährlich | |
> Ob ein Wolf einen Menschen gebissen hat, ist unklar. Klar ist: Die | |
> Rückkehr der Tiere birgt Risiken. Die Zahl der Wölfe muss begrenzt | |
> werden. | |
Bild: Es heißt auch immer wieder, Wölfe seien scheu gegenüber Menschen | |
Ganz egal, ob es nun ein Wolf war oder nicht: Es ist gut, dass jetzt so | |
viele Menschen über den [1][mutmaßlichen Angriff eines Wolfes] auf einen | |
Gemeindearbeiter im niedersächsischen Steinfeld reden. Denn die Nachricht | |
erinnert uns daran, dass diese Raubtiere Menschen gefährlich werden können. | |
Wir müssen über dieses Risiko jetzt diskutieren, weil die Tierart sich | |
gerade wieder in Deutschland ausbreitet, nachdem sie vor 150 Jahren | |
ausgerottet worden war. | |
Der Arbeiter in Steinfeld hat laut Polizei angegeben, am Dienstag von einem | |
Wolf gebissen worden zu sein. Der Mann pflegte gerade die Grünanlage an | |
einem Friedhof, kniete sich am Zaun hin und fasste mit der Hand nach | |
hinten. „Plötzlich stellte er fest, dass sie scheinbar von hinten gehalten | |
wurde. Er blickte sich um und erkannte einen Wolf, der nach seiner Hand | |
geschnappt hatte. Drei weitere Wölfe eines Rudels hätten die Aktion mit | |
etwas Abstand beobachtet“, berichtete die Polizei. Der 55-Jährige habe sich | |
befreien und die Tiere vertreiben können. Die Verletzungen seien so leicht | |
gewesen, dass er erst gar nicht zum Arzt habe gehen wollen, sagte ein | |
Polizeisprecher der taz. | |
Falls die Geschichte stimmt, wäre das der erste Angriff eines Wolfs auf | |
Menschen seit Rückkehr der Tierart nach Deutschland im Jahr 2000. Aber das | |
wissen wir noch nicht. Bislang gibt es nur die Aussage eines einzigen | |
Zeugen. Ergebnisse der DNA-Analysen von Tierhaar-Proben erwartet das | |
Umweltministerium in Hannover erst kommende Woche. Vielleicht war auch ein | |
Hund der „Täter“. Oder es ist alles nur ausgedacht? | |
Feststeht aber: Wenn bald wieder mehr als tausend Wölfe durchs Land | |
streifen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch mal wieder ein Mensch | |
verletzt wird. Denn Wölfe sind Raubtiere. 2005 starb ein Mann in Kanada | |
nach einer Attacke durch einen Wolf. Im März 2010 töteten Wölfe in Alaska | |
eine Joggerin – und fraßen sie teilweise. Das Opfer, eine Lehrerin, war nur | |
1,47 Meter groß, sie rannte – das könnte zu dem Vorfall beigetragen haben, | |
[2][vermuteten die Behörden]. Der Wolf hatte keine Tollwut, die in | |
Deutschland seit Jahren nicht mehr vorkommt. Und es gab keine Hinweise | |
darauf, dass er „provoziert“ worden wäre. | |
Solche Vorfälle sind sehr selten. In Deutschland gibt es bislang nur ein | |
paar Hundert Wölfe – da ist die Wahrscheinlichkeit besonders gering. Aber | |
da die Tiere hierzulande nicht gejagt werden dürfen, wächst ihre Zahl jedes | |
Jahr im Schnitt um etwa ein Drittel. Damit wird es auch wahrscheinlicher, | |
dass Wölfe Menschen verletzen – vielleicht auch tödlich. Und jeder | |
Todesfall eines Menschen ist einer zu viel. | |
## Der „Gesundheitspolizist“ der Natur | |
Warum sollten wir dieses Risiko eingehen? Naturschützer antworten: Weil der | |
Wolf zur Natur in Deutschland gehörte, bis er vertrieben wurde. Weil er der | |
„Gesundheitspolizist“ der Natur ist, er reißt zum Beispiel kranke Rehe und | |
verhindert so, dass sie andere anstecken. | |
Doch die Gegner sagen: Auch Jäger können kranke Tiere schießen. Wir sind | |
über Generationen gut ohne Wölfe ausgekommen. Wenn man allen Arten freie | |
Bahn lassen würde, die mal zur Natur gehörten, müssten wir auch | |
akzeptieren, dass Bären etwa im Berliner Grunewald leben. Obwohl der Bär | |
ein Raubtier ist, gegen das Menschen noch weniger Chancen haben. Die | |
Europäische Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie schreibt tatsächlich vor, dass | |
der Braunbär zurückkehren darf – genauso wie der Wolf. | |
Naturschützer argumentieren auch damit, dass viel mehr Menschen durch Hunde | |
oder Wildschweine zu Schaden kommen würden. Aber: Genau wegen dieser Gefahr | |
ist es in Deutschland verboten, Kampfhunde ohne Aufsicht frei herumlaufen | |
zu lassen. Wölfe dagegen sind wild lebende Raubtiere. Wildschweine töten | |
nicht einmal ausnahmsweise Menschen, um sie zu fressen. Sondern allenfalls, | |
um sich oder ihren Nachwuchs zu verteidigen. Wer das weiß und sich | |
entsprechend verhält, läuft keine Gefahr, von Wildschweinen getötet zu | |
werden. | |
Es heißt auch immer wieder, Wölfe seien scheu gegenüber Menschen. Aber: | |
Obwohl bislang sehr wenige Wölfe in Deutschland leben, sind die Tiere schon | |
mehrmals Menschen sehr nahe gekommen. So biss ein Wolf nachweislich den | |
Hund eines Spaziergängers. | |
Deshalb sollten wir die Zahl der Wölfe begrenzen – und damit auch die | |
Risiken. | |
29 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Woelfe-in-Deutschland/!5554728 | |
[2] http://www.adfg.alaska.gov/index.cfm?adfg=pressreleases.pr12062011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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