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# taz.de -- Wir fordern: Nachhaltige Digitalprodukte
> … weil wir unseren immateriellen Konsum bewusst gestalten sollten.
> Digitale Services und Produkte tragen einen großen Teil zu unserer
> Klimabilanz bei.
Bild: Digital ist besser – aber nicht immer so nachhaltig, wie man glauben m�…
Berlin [1][taz Panter Stiftung |] Seit Jahren kursiert eine Zahl durch die
mediale Landschaft, die uns Deutschen attestiert, dass wir im Durchschnitt
etwa 10.000 Gegenstände besitzen. Wie viel Dinge uns konkret und
individuell gehören, bleibt vorerst ein Mysterium. Allerdings geht aus den
Daten des Statistischen Bundesamtes hervor, dass 98 Prozent aller
Privathaushalte in Deutschland mindestens über ein eigenes Mobiltelefon
verfügen.
Für den Großteil der Bevölkerung gehört das Handy zu einem der Produkte,
die wir haptisch noch greifen können. Damit wir dieses kleine, technische
Gerät in den Händen halten können, fallen bei der Herstellung eines
gewöhnlichen Smartphones laut einer Studie des schwedischen
Abfallwirtschafts- und Recyclingverbandes Avfall Sverige 86 Kilogramm
Abfall an.
Doch kann dieses Gerät eigentlich als einzelner Gegenstand betrachtet
werden? Sobald wir unsere schwarzen Displays entsperren, springen uns ad
hoc verschiedene Apps und Services ins Auge, die wir unmittelbar besitzen.
Diese Dienste wie Netflix, Youtube oder Twitch konsumieren wir täglich,
ohne dass uns die konkreten Auswirkungen auf die Umwelt bewusst sind.
2019 wurde eine Studie des französischen Thinktanks „Shift Project“
veröffentlicht, nach der beim globalen Videokonsum im Internet mehr als 300
Millionen Tonnen CO2-Äquivalente verursacht werden. Da konkrete Zahlen
schwer zu erheben sind und meist auf Schätzungen beruhen, beauftragte das
Umweltbundesamt Forscher:innen mit einer Untersuchung zu dieser
Thematik. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass vor allem die
Transfertechnologie, wie Daten von Rechenzentren zu Nutzer:innen
übertragen werden, eine entscheidende Rolle für die Klimaverträglichkeit
von Cloud-Diensten spielt.
So bedeutet die Verschiebung unserer Konsumwelt von analog nach digital vor
allem eins: Es werden weiterhin Ressourcen benötigt. So sollte nicht allein
die Berechnung von Gesamt-CO2-Verbräuchen darüber entscheiden, ob ein
Service sinnvoll ist oder nicht.
Bei der Erstellung von digitalen Produkten und Services ist Voraussetzung,
dass mindestens eine klar benennbare Nutzergruppe direkt von einer
durchdachten Lösung profitiert. Zum Beispiel wird die Regenradar-App von
Seglern, der Bergrettung oder auch Touristen gleichermaßen genutzt, um eine
stabile Wetterprognose zu erhalten. Die digitale Patientenakte wiederum
unterstützt Behandelnde wie Ärzt:innen, Krankenpfleger:innen,
Physiotherapeut:innen sowie auch Patient:innen.
Das heißt: Konkrete, langfristige Anwendungsfälle sowie die Anzahl der
Nutzer:innen sind ein erstes Indiz, ob eine digitale Produktentwicklung
nachhaltig ist. Aufschluss darüber gibt dem Produzenten eine möglichst
frühe Befragung und Vertestung von Software-Ideen mit den adressierten
Nutzer:innen. Größter Anreiz sollte dabei sein, dass Software anders als
Hardware ständig angepasst werden kann. Kurze, schnelle Entwicklungszyklen
stehen langen, teuren Herstellungsprozessen gegenüber. Unternehmen könnten
bewusst früh Fehler in Kauf nehmen und Entwicklungen stoppen, bei denen
kein Mehrwert bei der Nutzung nachgewiesen werden kann. Klimaneutrales
Datenhosting, Möglichkeiten für Wartung und Reparatur von Zugangsgeräten
und Datenschutz bleiben weiterhin Kernthemen.
Es gelten andere Parameter für die digitale Produktentwicklung als für die
analoge. So scheint, dass zu viel Datenproduktion uns in der realen Welt
zum Verhängnis werden könnte.
Leider entscheidet in der Realität noch oft die Technologie-Verliebtheit
über Neues. Die Methode „Technologie sucht Nutzer“ lässt digitale
Umgebungen wie das Metaverse entstehen und führt unsere Gesellschaft zu
neuen postmaterialistischen Fragen. Auf einmal ist die Autonomie der
Nutzer:innen und die haptische Erfahrbarkeit von Dingen komplett
ausgehebelt. Die Welt wird zu einem puren Abbild, erlebbar durch
Hilfsmittel wie VR-Brillen und Handschuhe. Bleibt die Frage: Können wir die
Dinge noch fühlen, die wir besitzen?
ULRIKE MASCHEREK UND SALIH KUSINI
19 Aug 2022
## LINKS
[1] /Panter-Stiftung/!p4258/
## AUTOREN
Ulrike Mascherek
Salih Kusini
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Sommercamp 2022
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