| # taz.de -- Wahlergebnis der AfD in Hamburg: Ende eines Siegeszugs | |
| > Die Wahl in Hamburg ist für die AfD ein Einschnitt: Zwar schafft sie es | |
| > knapp in die Bürgerschaft, aber erstmals ist es mit Zugewinnen vorbei. | |
| Bild: Die AfD-Leute Tino Chrupalla, Alexander Wolf und Dirk Nockermann vor der … | |
| Berlin taz | Am Abend zuvor haben sie noch gezittert, ob ihre Partei den | |
| Wiedereinzug in die Hamburger Bürgerschaft schafft. Am Montag, als die | |
| AfD-Bundesspitze gemeinsam mit den Hamburger Spitzenkandidaten in der | |
| Bundespressekonferenz vor den HauptstadtjournalistInnen sitzt, geben sich | |
| die vier Herren aufgeräumt. „Ich bin sehr zufrieden, dass wir wieder | |
| eingezogen sind“, sagt Parteichef Tino Chrupalla. „Gestern war ein | |
| spannender Tag, heute ist ein schöner Tag“, ergänzt der Hamburger | |
| Spitzenkandidat Dirk Nockemann, der kurzzeitig vor vielen Jahren schon | |
| einmal Innensentor für die Schill-Partei war. | |
| Dabei ist die Hamburger Wahl ein Einschnitt. Hier, wo der Partei 2015 | |
| erstmals der Einzug in einen westdeutschen Landtag gelang, hat die AfD | |
| [1][nun zum ersten Mal verloren]. Sie muss erkennen: Es geht nicht immer | |
| weiter von Zugewinn zu Zugewinn, bis irgendwann dann die Mehrheit errungen | |
| ist. So hat sich das so mancher AfD-Funktionär und auch so manche | |
| Anhängerin bislang nämlich vorgestellt und schon von Regierungsbeteiligung | |
| oder gar Systemwechsel geträumt. Ob die Partei auch mit den Mühen der Ebene | |
| umgehen kann oder ob sie den Rausch des ständigen Sieges braucht, muss sich | |
| erst noch zeigen. | |
| Allerdings: Wer schon vom Anfang vom Ende des AfD-Erfolgs träumt, schießt | |
| auch über das Ziel hinaus. Der Nordwesten war schon immer schweres Terrain | |
| für die Partei, Hamburg ganz besonders. | |
| Die AfD hat in der Hansestadt etwa 3.500 WählerInnen verloren, das ist, | |
| wenn man an die Radikalisierung der Partei seit 2015 denkt, nicht viel. | |
| Dass sie nach Berechnungsstand am Montagnachmittag damit von 6,1 Prozent | |
| auf 5,4 Prozent fällt, geht auf die gestiegene Wahlbeteiligung zurück. Die | |
| Mobilisierung der NichtwählerInnen hat dieses Mal bei anderen Parteien | |
| eingezahlt. Also ein Aufstand der Anständigen an der Wahlurne? Es kann | |
| durchaus sein, dass die gestiegene Wahlbeteiligung zumindest zum Teil auf | |
| Aufrufe, die AfD aus der Bürgerschaft zu wählen, zurückgeht. Statistisch | |
| belegen lässt sich dies bislang nicht. | |
| ## Schlechter als in Umfragen | |
| Auch ob die rassistischen Morde in Hanau, das Verächtlichmachen des | |
| Parlamentarismus durch das Taktieren bei der Ministerpräsidenten-Wahl in | |
| Thüringen oder der Auftritt von Björn Höcke bei Pegida Einfluss auf die | |
| Entscheidung der Hamburger WählerInnen hatten, lässt sich nur vermuten. | |
| Allerdings lag die AfD – anders als die FDP – in den Umfragen zuletzt stets | |
| bei um 6 bis 7 Prozent – und damit deutlich höher als nun bei der Wahl | |
| selbst. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Ereignisse der | |
| vergangenen Wochen durchauchs eine Rolle gespielt haben. | |
| Die AfD hat bereits die aus ihrer Sicht Schuldigen an der Wahlniederlage | |
| ausgemacht – und das sind wie immer die anderen: Antifa, Zivilgesellschaft, | |
| PolitikerInnen der anderen Parteien und natürlich die Medien. „Das gesamte | |
| politische und publizistische Establishment hat sich gegen uns | |
| verschworen“, so Nockemann. Er kritisiert, dass durch den Druck der Antifa | |
| die AfD keine ihrer Wahlkampfveranstaltungen habe durchführen können. | |
| Selbst für die Abschlussveranstaltung habe man jenseits der Stadtgrenze | |
| nach Schleswig-Holstein ausweichen müssen. | |
| Rhetorisch zumindest aber hat die AfD-Spitze mit Blick auf Hanau eine Wende | |
| vollzogen. Die Parteichefs Chrupalla und Jörg Meuthen, der an der | |
| Pressekonferenz am Montag krankheitsbedingt nicht teilgenommen hat, hatten | |
| vor wenigen Tagen noch abgestritten, dass es sich um eine rassistisch und | |
| rechtsextremistisch motivierte Tat handele. Es sei „weder rechter noch | |
| linker Terror, das ist die wahnhafte Tat eines Irren“, verbreitete etwa | |
| Meuthen auf Facebook und Twitter, ähnlich äußerten sich zahlreiche | |
| Mitglieder der Bundesspitze. | |
| ## Überraschendes Statement | |
| Am Sonntag nun veröffentlichten Meuthen und Chrupalla ein Schreiben an die | |
| AfD-Mitglieder, in dem es heißt: „Um es ganz deutlich zu sagen: Die Tat von | |
| Hanau ist ein rassistisches Verbrechen. Ihr Motiv war Ausländerhass.“ Die | |
| AfD müsse sich fragen, „warum es unseren politischen Gegner gelingt, uns | |
| überhaupt mit einem solchen Verbrechen in Verbindung zu bringen“. Was zu | |
| dieser Frage seine Analyse sei, wird Chrupalla in der Bundespressekonferenz | |
| gefragt. Eine Selbstreflexion brauche Zeit, sagt der AfD-Chef. Viel mehr | |
| fällt ihm nicht ein. | |
| Zwei, die sich innerhalb der AfD als gemäßigter verstehen, haben nun eine | |
| klarere Abgrenzung nach rechtsaußen gefordert. Der Berliner | |
| AfD-Fraktionschef Georg Pazderski schrieb noch in der Wahlnacht, die AfD | |
| müsse zwei Lehren aus dem Wahlabend ziehen: Sie müsse ihr | |
| „bürgerlich-konservatives Image schärfen“ und „eine noch klarere Grenze | |
| nach Rechtsaußen ziehen“. Fast wortgleich äußerte sich Uwe Junge, | |
| Fraktionschef in Rheinland-Pfalz. Bundesvorstand, die Landesvorstände und | |
| auch der Flügel seien gefordert. Pazderski und Junge allerdings haben in | |
| den vergangenen Monaten in der AfD an Einfluss eingebüßt, ihre Kandidaturen | |
| für den Bundesvorstand scheiterten. Ob ihre Einlassungen viel ausrichten, | |
| darf bezweifelt werden. | |
| Ohnehin hatte Pazderski nach dem Anschlag von Hanau getwittert: „Ist das | |
| wirklich noch das 2017 von der Merkel-CDU beschworene ‚Deutschland, in dem | |
| wir gut und gerne leben‘?“ Damit hatte er den Eindruck erweckt, als könne | |
| die Kanzlerin auch an dem rechtsextremen Anschlag mitschuldig sein. | |
| 24 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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