# taz.de -- Wahlen auf den Philippinen: Wenn der richtige Name zählt | |
> Wenige mächtige Familiendynastien bestimmen die Politik auf den | |
> Philippinen. Die Halbzeitwahlen am Montag werden daran nichts ändern. | |
Bild: Vizepräsident Jejomar Binay (Mitte) mit Ex-Präsident Joseph Estrada und… | |
MANILA taz | Kurz vor Mittag fährt Alfreda Benitez mit einer Freundin in | |
den dritten Stock der schicken Power Plant Mall. Wie jeden Donnerstag sind | |
die beiden unterwegs zum Kino, heute laufen die neuen Filme an. Vor der | |
Kasse ist eine Schlange älterer Menschen. Keiner von ihnen könnte sich die | |
umgerechnet 4 Euro für ein Ticket leisten. Doch sie haben das Glück, in | |
Makati zu wohnen, dem Geschäftszentrum der Hauptstadt Manila. | |
Senioren haben in Makati Privilegien. Außer Kino zum Nulltarif gibt es zum | |
Geburtstag eine Torte und 60 Euro, ein kleines Vermögen für Rentner. „Das | |
verdanken wir den Binays“, sagt Alfreda Benitez. „Die tun viel für uns | |
Alte, aber auch für Kinder. Gut, dass es solche Politiker gibt. Die Binays | |
bekommen meine Stimme am Montag!“ | |
Die Binays, das sind Jejomar Binay, Exbürgermeister von Makati und | |
derzeitiger Vizepräsident der Philippinen. Als Bürgermeister verteilte er | |
stets kleine Gaben aus der gut gefüllten Stadtkasse ans Volk. Sein Sohn, | |
Jejomar „Jun-Jun“ Binay, der nun das Rathaus führt und zur Wiederwahl | |
steht, setzt diese Strategie fort. Seine Schwester Abigail ist | |
Kongressabgeordnete für Makati und peilt eine zweite Amtszeit an. Ihre | |
Schwester Nancy hat derzeit kein Amt, möchte aber gleich Senatorin werden. | |
## Die Binays: Die Dynastie von Makati | |
Am 13. Mai sind „Halbzeitwahlen“ auf den Philippinen: Zwölf Senatorensitze, | |
287 Kongressplätze und Tausende Posten auf lokaler Ebene sind zu vergeben. | |
Die Binay-Geschwister haben gute Chancen, weil sie den richtigen Namen | |
tragen. | |
Auf den Philippinen geht es bei Wahlen nicht um Ideologien oder Programme, | |
sondern um Personen. Show- oder Sportstars haben gute Chancen. Doch beste | |
Chancen hat der richtige Familienname. Seit der spanischen Kolonialzeit | |
haben sich in dem südostasiatischen Inselstaat Dynastien gebildet, die ihre | |
Claims fest abgesteckt haben. Der Cojuangco-Aquino-Clan des jetzigen | |
Präsidenten Benigno „Noy Noy“ Aquino dominiert die Provinz Tarlac, die | |
Familie von Exdiktator Marcos beherrscht Ilocos-Norte. | |
Drastischstes Beispiel ist der Clan der Ampatuans – trotz Verwicklung in | |
das Maguindanao-Massaker mit 59 Toten von 2009 ist ihre Macht ungebrochen. | |
Dutzende Ampatuans haben öffentliche Ämter. Sie sind in guter Gesellschaft: | |
Studien zufolge gehören mehr als 60 Prozent der Kongressabgeordneten und | |
Senatoren einer dynastischen Familie an. | |
Geschickt nutzen diese Macht und Reichtum, um in der Vorwahlzeit Geschenke | |
unters Volk zu bringen. Neben weit verbreiteten Stimmenkauf reichen gute | |
Gaben und Prominenz, um gewählt zu werden. Einmal im Amt, regieren | |
Vetternwirtschaft, Korruption und dubiose Deals – die philippinische | |
Politik ist ein Sumpf, der schwer trockenzulegen ist. | |
## Kampagne will Dynastien beenden | |
Ginge es nach Gruppen wie MAD (Movement against Dynasties), soll genau das | |
geschehen. Die Bürgerbewegung muckt mit Rückendeckung der katholischen | |
Kirche gegen die Herrschaft der Oligarchien auf. „Wir haben die Nase voll | |
von diesem System, das einige Familien bestimmen“, sagt der MAD-Vorsitzende | |
Quintin San Diego. „Unsere Kampagne ist der Anfang vom Ende der politischen | |
Dynastien.“ | |
Unermüdlich werden seit Februar Unterschriften für ein Referendum | |
gesammelt: 5,2 Millionen brauchen sie. Sie wollen durchsetzen, dass im | |
Kongress endlich ein Gesetz verabschiedet wird, um das in der Verfassung | |
angelegte Verbot politischer Dynastien endlich umzusetzen. | |
„Ohne unseren Druck wird es dieses Gesetz nie geben. Die Abgeordneten | |
würden sich ja den Ast abschneiden, auf dem sie sitzen“, weiß San Diego. | |
Und: „Für diese Wahlen sind wir zu spät, aber nicht für die | |
Präsidentschaftswahlen 2016.“ Dann will auch Vizepräsident Jejomar Binay | |
für die Präsidentschaft kandidieren. Schwer vorstellbar, dass eine | |
Volksbewegung ihn tatsächlich stoppen kann. | |
13 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Hilja Müller | |
## TAGS | |
Philippinen | |
Wahlen | |
Massaker | |
Philippinen | |
Taifun | |
Verhütung | |
Philippinen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
58-facher Mord auf den Philippinen: Höchststrafe für Ampatuan-Massaker | |
Bei dem Angriff im Jahr 2009 waren 58 Menschen ermordet worden, darunter 32 | |
Journalisten. Nun wurden die Täter zu bis zu 40 Jahren Haft verurteilt. | |
Anschlag auf den Philippinen: Elitepolizisten angegriffen | |
Mindestens sieben Polizisten sind bei einem Angriff kommunistischer | |
Rebellen getötet worden. Zuvor waren mehrere Soldaten bei einem Angriff | |
islamistischer Milizen umgekommen. | |
Glimpfliche Katastrophenstatistik 2012: Die Rechnung für den Klimawandel | |
Dürre und Sandy: Die Münchner Rück legt ihre Statistik über | |
Naturkatastrophen 2012 vor. Schäden: 160 Milliarden Dollar – und 9.500 | |
Tote. | |
Verhütungsgesetz Philippinen: Kirche verliert Kreuzzug | |
Das philippinische Parlament hat für einen erleichterten Zugang zu | |
Verhütungsmitteln gestimmt. Der Gesetzesentwurf gilt als sehr umstritten. | |
Massaker auf den Philippinen: Gerechtigkeit ist nicht in Sicht | |
58 Menschen wurden 2009 in der südphilippinischen Provinz Maguindanao | |
ermordet. Hinterbliebene werden bedroht, dem Prozess droht Verschleppung. | |
Friedensabkommen auf den Philippinen: 40 Jahre für eine Vereinbarung | |
Philippinische Regierung und muslimische Rebellen schließen eine | |
Rahmenvereinbarung. Die Region Mindanao soll mehr Rechte erhalten. Es | |
bleiben Zweifel. |