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# taz.de -- Verhütungsgesetz Philippinen: Kirche verliert Kreuzzug
> Das philippinische Parlament hat für einen erleichterten Zugang zu
> Verhütungsmitteln gestimmt. Der Gesetzesentwurf gilt als sehr umstritten.
Bild: Eine Nichtregierungsorganisation betreibt sexuelle Aufklärung in Manila.
MANILA taz | Der Showdown im philippinischen Kongress dauerte quälende
sechs Stunden. Erst um zwei Uhr früh stand am Donnerstag fest, dass das
sogenannte Reproductive Health Bill in zweiter und vorentscheidender Lesung
angenommen worden war. 14 Jahre war das erbittert umkämpfte
„Verhütungsgesetz“ im Abgeordnetenhaus hin- und hergeschoben worden. Erst
als Präsident Benigno Aquino, selbst ein Unterstützer des Gesetzes, letzte
Woche den Abgeordneten die Leviten las, kam Bewegung in die Angelegenheit.
Kaum ein Gesetz hat auf den Philippinen zu so scharfen Debatten geführt wie
dieses. Die mächtige katholische Kirche führte in dem strenggläubigen Land
einen regelrechten Kreuzzug gegen die Maßnahme, die unter anderem
subventionierten Zugang zu Verhütungsmitteln, Aufklärungsunterricht in
Schulen und eine bessere Versorgung Schwangerer und Mütter aus armen
Familien vorsieht.
Die verbilligte Ausgabe von Kondomen verteufeln die Kleriker als
Abtreibungen, eine Todsünde für die meisten Philippiner. Konzepte gegen die
vielen Teenager-Schwangerschaften und die hohen Kinderzahlen armer Familien
hat der Klerus indes nicht.
Vergangene Woche hatte Erzbischof Ramon Arguelles den Befürwortern der kurz
RH Bill genannten Vorlage offen gedroht, dass die Kirche bei den Wahlen
nächstes Jahr von der Kanzel aus gegen sie mobilisieren würde. Das Gesetz
sei unmoralisch und werde zu ethnischen „Säuberungen“ führen, wetterte er,
denn es solle nur die Zahl der Armen reduzieren. Edcel Lagman, der die
Vorlage eingebracht hat, argumentierte in der abschließenden Debatte
hingegen: „Frauen sollen die Chance haben, die Zahl ihrer Kinder nicht dem
Zufall zu überlassen.“
## Große Mehrheit für das Verhütungsgesetz
Eine vernünftige Maßnahme, wächst die Bevölkerung der Philippinen mit
durchschnittlich mehr als 2 Prozent doch am schnellsten in der Region. Und
dabei haben die Ärmsten die größten Familien. Mehr als ein Drittel der
Philippiner sind jünger als 14 Jahre. Viele von ihnen kommen bei der
Bildung über die Grundschule nicht hinaus, lernen aber früh, was Hunger
bedeutet. Auch eine bessere Betreuung Schwangerer tut not. Denn ein Drittel
aller werdenden Mütter können sich weder Vorsorge noch Hilfe bei der Geburt
leisten. Nur Indonesien hat in Südostasien eine höhere Müttersterblichkeit.
Angesichts dieser Probleme und obgleich mehr als 80 Prozent der Philippiner
devote Christen sind, hat sich in jüngeren Umfragen immer eine große
Mehrheit für das Verhütungsgesetz ausgesprochen. „Jetzt haben auch arme
Frauen eine Wahl, was soll daran schlecht sein?“, fragte gestern eine
Leserin im Philippine Daily Inquirer.
Gute Gründe fanden die Gegner in der Kongressdebatte denn auch nicht. Ein
Abgeordneter geiferte, Maoisten steckten hinter dem Machwerk. Eine Kollegin
erklärte, sie sei gegen subventionierte Geburtenkontrolle, denn sie wünsche
sich eine „Philippinisierung der ganzen Welt“.
Weder solch abstrusen Argumente noch die auf den Zuschauerbänken zahlreich
vertretenen Bischöfe gaben den Ausschlag: 113 Parlamentarier stimmten für
das „Teufelswerk“, 104 dagegen. Damit, so freute sich Edcel Lagman, sind
die Weichen gestellt für die dritte Lesung am Montag: „Es ist so gut wie
ausgeschlossen, dass sich am Ergebnis etwas ändert.“ Das Votum im Senat
steht auch nächste Woche an. Mit Blick auf die Wahlen 2013 ist ein Sieg der
RH-Unterstützer nun aber wahrscheinlicher.
13 Dec 2012
## AUTOREN
Hilja Müller
## TAGS
Verhütung
Parlament
Gesetz
Philippinen
Philippinen
Schwerpunkt Abtreibung
Vergewaltigung
Verhütung
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