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# taz.de -- WWF klagt nach Gorch Fock-Reparatur: „Mit Mafiaholz restauriert“
> Das Deck der Gorch Fock wurde mit illegal geschlagenem Teakholz gebaut,
> sagt der WWF – und klagt nun vor dem Bundesverfassungsgericht.
Bild: Immer ist irgendwas! Kann nicht irgendwann mal Ruhe um die Gorch Fock her…
Osnabrück taz | Wer mit der Gorch Fock, dem Segelschulschiff der
Bundesmarine, nur Shanties und Windjammer-Romantik verbindet, liegt falsch.
In den letzten Jahren hat die schmucke Stahlrumpf-Dreimastmark oft
Negativnachrichten produziert.
Da ist die desaströs aus dem Ruder gelaufene Generalinstandsetzung: Sie
[1][verteuerte sich von 10 auf 135 Millionen Euro], ist durch eine
Werft-Insolvenz belastet, durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen
Korruption. Da sind die tödlichen Stürze aus der Takelage: Der letzte
geschah Ende 2010, als [2][eine Offizieranwärterin aus 27 Metern Höhe vom
Großmast aufs Deck fiel], was zur Aussetzung des Ausbildungsbetriebs
führte.
Und jetzt ist da noch die Sache mit dem Teakholz. Der Deutsche
Naturschutzring und der World Wide Fund For Nature (WWF) sind schon lange
überzeugt, dass bei der Generalüberholung des Decks der Gorch Fock
höchstwahrscheinlich illegales Naturwald-Tropenholz verbaut worden ist. Sie
gehen von einem Verstoß gegen die Europäische Holzhandelsverordnung aus und
ziehen deshalb nun vor das Bundesverfassungsgericht. Das soll die
zuständige Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung per Eilverfahren
zur Legalitätsprüfung verpflichten.
Aber so weit hätte es gar nicht kommen müssen, wenn die Bundesanstalt schon
von allein mehr Engagement gezeigt hätte. Doch die spart bis heute mit
Aussagen zum Thema und scheint kein großes Interesse an einer Aufklärung zu
haben. Auch ein Vorstoß beim Oberverwaltungsgericht Münster lief ins Leere.
„Das Holz wurde in Myanmar falsch deklariert, um Exportsteuern zu
hinterziehen“, sagt WWF-Sprecher Immo Fischer. „Das flog auf. Die Reaktion
der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung war, dass dies egal sei
– es gehe ihr nur um die Frage, ob das Holz legal geschlagen worden sei.“
Dabei sei das nicht die einzige relevante Frage. Mal abgesehen davon, dass
das Holz kaum legal geschlagen worden sein dürfte, sagt Fischer, müsse das
gesamte Holz nach der Europäischen Verordnung „sämtliche Gesetze
einhalten“.
„Der Stolz der deutschen Marine wird mit Mafiaholz restauriert“, sagt
Johannes Zahnen, beim WWF Deutschland zuständig für die Themen Holz und
Papier, „und die Bundesanstalt drückt beide Augen zu“. Es sei ein
„Armutszeugnis“, dass eine staatliche Behörde gerichtlich gezwungen werden
müsse, ihrer Aufgabe nachzukommen. Es sei „glasklar dokumentiert, dass das
Holz überwiegend bei mutmaßlich Kriminellen eingekauft wurde und aus
wertvollen Naturwäldern stammt“, so Zahnen.
Das Oberverwaltungsgericht habe eine Prüfung der meisten Eilanträge
„willkürlich abgelehnt und wirksamen Rechtsschutz verweigert“, sagt Anwalt
Moritz Quecke, der für den Deutschen Naturschutzring der Bundesanstalt in
Karlsruhe auf die Füße tritt. Das Verhalten der Bundesanstalt bezeichnet er
als „haarsträubende Justizverweigerung“.
Für den Schiffbau ist Teak perfekt. Es ist wasserabweisend, haltbar,
rutsch- und abriebfest, beständig gegen Pilzfäule und holzbohrende
Insekten. Das Problem: Teak aus Naturwäldern ist optimaler als Teak aus
Plantagen. Die Europäische Verordnung verpflichtet die Importeure daher,
die Legalität nachzuweisen. Urwald-Teak aus Myanmar ist zudem Holz, an dem
Blut klebt, denn es ist eine Einnahmequelle der Militärs, die das Land mit
harter Hand regieren.
Das Bundesverteidigungsministerium, von der taz um Kommentierung gebeten,
weist jede Verantwortung von sich und wehrt Detailfragen ab: Zuständig für
die Bewertung der Legalität von Holzimporten sei das Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft. Ein Sprecher ringt sich lediglich zu dieser
Aussage durch: „Die Bundesanstalt hat das für die Instandsetzung der Gorch
Fock beschaffte Teakholz geprüft und als unbedenklich bewertet.“
Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium wehrt ab. Man habe „dargelegt,
dass die bereits Jahre zurückliegende Beschaffung des besagten Teakholzes
aus Myanmar nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen hat“, so eine
Sprecherin. Eine allgemeine Warnung zur Verwendung von Teakholz aus Myanmar
und damit eine weitere Verschärfung der Anforderungen für die Beschaffung
sei „erst zu einem späteren Zeitpunkt“ ausgesprochen worden.
## Aufbewahrungsfrist für Dokumente endet
Laut Immo Fischer vom WWF ist das völliger Quatsch. „Die
Holzhandelsverordnung gilt seit 2013“, sagt er. In der Haltung des
Ministeriums sieht er eine „Schützengrabenmentalität“. Man wolle sich kei…
Fehler eingestehen.
Der Deutsche Naturschutzring und der WWF machen auch deshalb Druck, weil
die Aufbewahrungsfrist für die Importdokumente bald endet. Und dann ist da
noch die Frage, warum über 300 Kubikmeter Teak importiert worden sind,
obwohl nur 80 Kubikmeter gebraucht wurden. „Die Bundesanstalt zuckt auf die
Nachfrage, wo das Holz geblieben ist, mit den Schultern“, sagt Fischer.
„Das ist wieder ein Verstoß gegen die Europäische Verordnung, denn der Witz
an dem Gesetz ist ja gerade, dass die Nachverfolgung von gehandeltem Holz
stets möglich ist.“
„Weiß ist das Schiff, das wir lieben, / Weiß seine Segel, die sich bläh'n�…
heißt es im Gorch-Fock-Lied, komponiert vom ehemaligen Kommandanten des
Schiffs, Hans Freiherr von Stackelberg. „Stets hat der Wunsch uns
getrieben, / hoch vom Mast, weit auf die See hinauszuseh'n.“ Weitblick
beweist die Bundesmarine derzeit jedoch nicht.
24 Aug 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Marine
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WWF
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