| # taz.de -- Vor G20-Treffen in Argentinien: Saudi-Kronprinz im Visier der Justiz | |
| > Wegen Kriegsverbrechen im Jemen will Human Rights Watch Mohammed bin | |
| > Salman in Argentinien vor Gericht bringen. Dort gilt das | |
| > Weltrechtsprinzip. | |
| Bild: Auch in Tunesien nicht so recht willkommen: Proteste gegen Muhammad bin S… | |
| Berlin taz | Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat | |
| bei der argentinischen Justiz [1][eine Klage] gegen den saudischen | |
| Kronprinzen eingereicht. Ihr Ziel: Muhammed bin Salman, der unter anderem | |
| Saudi-Arabiens Verteidigungsminister ist, soll in Buenos Aires wegen des | |
| Vorwurfs schwerer [2][Kriegsverbrechen in Jemen] verhaftet werden, wenn er | |
| am Freitag zum G20-Gipfel anreist. | |
| Grundsätzlich möglich wird so eine Klage aufgrund des sogenannten | |
| Weltrechtsprinzips. Das besagt, dass jedes Gericht der Welt sich in Fällen | |
| von Folter, Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit für | |
| zuständig erklären kann, unabhängig von der Nationalität der Opfer, der | |
| mutmaßlichen Täter*innen oder dem Ort des Verbrechens. | |
| Das Prinzip ist in Argentiniens Verfassung verankert und hat in der | |
| Vergangenheit bereits zu Ermittlungen wegen in Spanien begangener | |
| Verbrechen geführt; dabei ging es um die Franco-Diktatur und die baskische | |
| ETA. | |
| Grundlage der am Montag eingereichten Klage sind Recherchen von HRW zu | |
| Kriegsverbrechen im Jemen. Insbesondere beschuldigt die | |
| Menschenrechtsorganisation die von Saudi-Arabien geführte | |
| Anti-Huthi-Koalition, im Jemen regelmäßig zivile Ziele anzugreifen, was, | |
| wenn absichtlich unternommen, ein Kriegsverbrechen darstellt. Mohammed bin | |
| Salman ist als saudischer Verteidigungsminister auch der Oberste | |
| Befehlshaber der im Jemen agierenden Koalition. | |
| ## Keine Ermittlungen gegen die Verantwortlichen | |
| Bereits 2016 hatte die Koalition, der neben Saudi-Arabien noch acht weitere | |
| Länder angehören, darunter Ägypten, Marokko, Sudan und Jordanien, einen | |
| eigene Untersuchungskommission eingerichtet, um Vorwürfen von | |
| Kriegsverbrechen selbst nachzugehen. | |
| Die aber, so berichtet HRW in einem [3][im Oktober veröffentlichten | |
| Bericht], genügt keinem internationalen Standard, bietet keine Transparenz | |
| – und ist vor allem nicht unabhängig. Kein Wunder also, dass in keinem | |
| einzigen Fall strafrechtliche Ermittlungen gegen mutmaßliche | |
| Verantwortliche aufgenommen wurden. | |
| Stets beteuerte die Kommission, es habe sich um technische Fehler, | |
| ungünstiges Wetter, falsche Koordinaten oder ähnliches gehandelt, wenn | |
| erneut eine Schule oder ein Krankenhaus in Schutt und Asche gelegt worden | |
| waren. | |
| Auch deshalb versucht HRW nun, das Weltrechtsprinzip zur Geltung zu bringen | |
| – es ist gedacht als letzte Ressource, wenn sonst keine Strafverfolgung zu | |
| erreichen ist. | |
| ## Auch Khashoggi-Folter Teil der Klage | |
| Neben dem Vorwurf der Kriegsverbrechen in Jemen führt HRW außerdem die | |
| willkürliche Verhaftung und Folter saudischer Aktivist*innen als Klagegrund | |
| an. Dabei geht es speziell um eine Reihe im Sommer verhafteter | |
| Frauenrechtsaktivistinnen, aber auch um den im saudischen Konsulat in | |
| Istanbul ermordeten und mutmaßlich zuvor gefolterten Journalisten [4][Jamal | |
| Khashoggi]. | |
| Dessen Fall hat für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt, europäische Länder | |
| dazu gebracht, die Waffenlieferungen an Saudi-Arabien vorläufig auszusetzen | |
| und die Beziehungen der USA zum neben Israel traditionell stärksten | |
| Verbündeten in der Region in Frage zu stellen. Einzig US-Präsident Donald | |
| Trump [5][stellte sich] ohne Wenn und Aber weiter hinter die Allianz mit | |
| Saudi-Arabien. | |
| Argentiniens Justiz hat nun, wie es das Gesetz vorsieht, per Zufallslos | |
| einen zuständigen Bundesrichter benannt, der die Eingabe von HRW binnen | |
| weniger Tage prüfen muss. Dass der saudische Kronprinz jedoch tatsächlich | |
| vom G20-Gipfel weg in Handschellen gelegt wird, kann als nahezu | |
| ausgeschlossen gelten. Was HRW jedoch erreicht hat: Die anderen anreisenden | |
| Staatschefs müssen sich noch genauer als zuvor überlegen, ob und wie sie | |
| sich mit dem Kronprinzen zeigen möchten. | |
| 27 Nov 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.hrw.org/news/2018/11/26/g20-saudi-crown-prince-faces-legal-scru… | |
| [2] /Forscherin-ueber-Krieg-im-Jemen/!5548651 | |
| [3] https://www.hrw.org/report/2018/08/24/hiding-behind-coalition/failure-credi… | |
| [4] /Fall-Jamal-Khashoggi/!5551673 | |
| [5] /Getoeteter-Journalist-Jamal-Khashoggi/!5552188 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernd Pickert | |
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