| # taz.de -- Urban Sports Club und Co.: Viel Andrang, wenig Einnahmen | |
| > Der Trend zu Abomodellen verändert den Sportmarkt und bedroht die | |
| > Existenz von Studios. Vermittlungsplattformen locken mit extrem günstigen | |
| > Angeboten. | |
| Bild: Gut besucht, doch kaum überlebensfähig: so geht es kleinen Yogastudios … | |
| München taz | Julia Becker (Name geändert) hat mit ihrem Yogastudio in | |
| München ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Trotzdem spielt sie mit dem | |
| Gedanken aufzuhören. 90 Prozent ihrer Kundinnen und Kunden kämen inzwischen | |
| über eine Vermittlungsplattform [1][wie Urban Sports Club] oder ClassPass, | |
| sogenannte Fitnessaggregatoren. Über Abomodelle können Kundinnen und Kunden | |
| viele Studios nutzen und verschiedene Sportkurse besuchen. „Aus | |
| Endverbrauchersicht ist das natürlich cool, aber uns macht’s kaputt“, sagt | |
| Becker. | |
| Eigentlich wollte Becker nicht mit den Vermittlungsplattformen | |
| zusammenarbeiten, doch sie musste ihren Plan ändern. Weil ohne nicht genug | |
| Leute kämen, sagt sie. Kleinen Studios bleibe gar nichts anderes übrig, als | |
| mit den Vermittlungsplattformen Verträge einzugehen und so Kunden zu | |
| gewinnen. Die schlechten Vertragsbedingungen führten jedoch zu überfüllten | |
| Studios und unzufriedenen Kunden. „Ich hab das Studio mit so viel Herzblut | |
| eröffnet“, sagt die Yogalehrerin, „aber ich habe diese Lobby wirklich | |
| unterschätzt“. | |
| Wer ein Abo bei einer Vermittlungsplattform hat, kann auf ganz | |
| unterschiedliche Sport- und Wellnessangebote zugreifen. Urban Sports Club | |
| kooperiert nach eigenen Angaben mit über 7.000 Partnerstandorten in | |
| Deutschland. Eine Mitgliedschaft bei Urban Sports Club kostet zwischen 24 | |
| und 159 Euro im Monat. Je nach Tarif können Mitglieder vier Mal im Monat | |
| bis täglich die Partnerstudios der Plattform nutzen. Wer mehr zahlt, hat | |
| mehr Freibesuche und mehr Auswahl. Auch die Plattform ClassPass kann man | |
| als Privatperson nutzen, hier funktioniert das Modell nach einer Art | |
| Punktesystem. Andere Anbieter wie Wellpass und Hansefit bieten | |
| ausschließlich Abos für Firmenfitness an, hier wird ein Teil der Kosten vom | |
| Arbeitgeber übernommen, das Modell ist dasselbe: viel Angebot für wenig | |
| Geld. | |
| „Schon die Entwicklung, dass neben den Sportvereinen Fitnessstudios | |
| entstanden sind, war ja eigentlich ein Trend zur Individualisierung und | |
| Flexibilisierung. Jetzt haben wir eine weitere Stufe dieses Trends“, sagt | |
| Christoph Breuer, Professor für Sportökonomie und Sportmanagement an der | |
| Deutschen Sporthochschule in Köln. Laut Breuer [2][haben die Plattformen | |
| inzwischen eine hohe Marktmacht]. Allein 2023 stieg ihr Umsatz um über 40 | |
| Prozent an, zeigt eine Studie der Beratungsfirma Deloitte. Auch die | |
| Mitgliederzahlen wuchsen in einem Jahr um über 30 Prozent auf 726.000. Ein | |
| Erfolgsmodell? | |
| ## Studio voll, aber kaum überlebensfähig | |
| „Mein Studio ist jetzt voll“, sagt Julia Becker aus dem Münchner | |
| Yogastudio. Von den knapp 8 Euro, die sie von Urban Sports Club pro Kunde | |
| für einen Kurs bekomme, könne das Studio jedoch kaum überleben. Bei | |
| WellPass bekomme sie immerhin 10 Euro, aber auch das rechne sich kaum. | |
| „Aggregatoren generell zerstören den Markt komplett“, findet Becker. Sie | |
| stehe mit anderen Yogastudios im Austausch, denen es ähnlich gehe. „Ich | |
| weiß von Kollegen, die überlegen tatsächlich zu schließen.“ Weitere | |
| Yogastudios in München wollten auf Anfrage nicht über die Zusammenarbeit | |
| mit Urban Sports oder anderen Aggregatoren sprechen. In den Verträgen ist | |
| festgelegt, dass sie das nicht dürfen. Auch Becker wollte deswegen anonym | |
| bleiben. Studios in anderen Städten, das bezeugen etwa [3][Medienberichte | |
| der Wochenzeitung Die Zeit] und der Leipziger Volkszeitung, haben mit | |
| ähnlichen Bedingungen zu kämpfen. | |
| Urban Sports Club wollte sich auf Anfrage dertaz nicht äußern. In einem | |
| Interview mit dem Freitag sagte Firmenchef Moritz Kreppel, er wolle | |
| „Menschen dazu inspirieren, aktiver und gesünder zu leben“. Vor wenigen | |
| Wochen betonte er gegenüber der Zeit, man nehme den Studios viel | |
| administrative Arbeit ab, „damit sich diese auf ihre Passion konzentrieren | |
| können, nämlich auf den Sport“. | |
| ## Unklare Realität der Kundinnen | |
| Die Vermittlungsplattformen werben mit ihrem breiten Angebot und der | |
| Flexibilität für die Mitglieder, wie die Realität der Kundinnen und Kunden | |
| tatsächlich aussieht, ist jedoch unklar. „Wir wissen relativ wenig darüber, | |
| wie sich die USC-Mitglieder verhalten und wie stark sie die | |
| unterschiedlichen Angebote wirklich nutzen“, sagt Christoph Breuer. Der | |
| Sportökonom sieht, dass der Sportmarkt durch Fitnessaggregatoren insgesamt | |
| weiter wächst und profitiert. Gleichzeitig weiß Breuer, dass die Abomodelle | |
| den Studios einen geringeren Umsatz einbringen als Direktkunden. „Wenn | |
| diese Marktmacht noch stärker ausgeprägt wäre, dann könnte es natürlich | |
| irgendwann negative Auswirkungen haben.“ | |
| Die Stadt München sieht noch keine negativen Auswirkungen auf den | |
| Sportbetrieb. Zahlen zu den Entwicklungen von Vermittlungsplattformen und | |
| Abomodellen in München liegen der Stadtverwaltung zwar nicht vor, das | |
| Referat für Bildung und Sport betont jedoch, zumindest die Münchner | |
| Sportvereine hätten sich in den vergangenen Jahren stets positiv | |
| entwickelt. Die [4][Mitgliederzahlen nähmen seit der Corona-Pandemie wieder | |
| zu] und auch vor der Pandemie sei der Trend stets positiv gewesen. | |
| ## Marktbereinigung möglich | |
| Ihren Sportvereinen bleiben die Menschen in München also weiter verbunden. | |
| Christoph Breuer warnt dennoch vor der Wandlung auf dem Markt. Der | |
| Wettbewerb verändere sich dauerhaft und noch wüssten viele Vereine und | |
| Studios nicht damit umzugehen, sagt er. „Wenn die Studios darauf keine | |
| Antwort finden, kann es zu einer Marktbereinigung kommen.“ | |
| Marktbereinigung klingt nach Frühjahrsputz. Konkret heißt der Begriff aber, | |
| dass kleine Firmen einfach pleite gehen. Unternehmerinnen wie Julia Becker | |
| müssten ihre Studios schließen. Mit ihrem Yogastudio wollte Becker ihre | |
| Leidenschaft zum Beruf zu machen. Aber die schlechten Preise, die ihr | |
| Studio immer voller machen, nehmen ihr die Freude. „Hätte ich das gewusst, | |
| hätte ich das Studio nicht eröffnet.“ | |
| 15 Feb 2025 | |
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| [3] https://www.zeit.de/2024/48/urban-sports-club-fitnessmarkt-sportstudios-abo… | |
| [4] /Mitgliederboom-in-Sportvereinen/!6044485 | |
| ## AUTOREN | |
| Veronica Rossa | |
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