# taz.de -- Umfrage unter deutschen Firmen: Kaum Interesse an fairem Handel | |
> Nicht mal jede fünfte Firma achtet Menschenrechte bei Zulieferern aus dem | |
> Ausland. Nun droht die Bundesregierung mit einem Lieferkettengesetz. | |
Bild: Weihnachtsmann vom letzten Jahr: Schmeckt noch besser, wenn man weiß, da… | |
BERLIN taz | Ein erstaunlich schlechtes Ergebnis hat die Umfrage der | |
Bundesregierung zu Menschenrechten bei einheimischen Unternehmen erbracht. | |
Nur etwa ein Fünftel der Firmen hält demnach die Anforderungen des | |
[1][Aktionsplans für Menschenrechte] (NAP) ein. „Die Gruppe der Erfüller | |
hat sich im Vergleich zur [2][Unternehmensbefragung 2019] in ihrer | |
Größenordnung nicht maßgeblich verändert“, teilten | |
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus | |
Heil (SPD) am Dienstag mit. Deshalb werde es nun ein Lieferkettengesetz | |
geben. | |
Der 2016 beschlossene Aktionsplan basiert auf Beschlüssen der Vereinten | |
Nationen und sieht vor, dass Firmen Verstöße gegen die Menschenrechte in | |
ihren Zulieferfabriken weltweit vermeiden. Beispielsweise in den | |
Textilfabriken Asiens sollen ausreichende Löhne gezahlt, Arbeits- und | |
Umweltschutz gewährleistet werden. | |
Hiesige Händler sollen mit dafür verantwortlich sein, was bei ihren | |
Lieferanten passiert. Um zu überprüfen, ob die Firmen den Aktionsplan | |
einhalten, hat der Bund zwei Umfragen als Stichproben in Auftrag gegeben. | |
Wenn weniger als die Hälfte der Firmen die Kriterien freiwillig erfüllt, | |
soll laut Koalitionsvertrag ein Gesetz kommen, dass die Firmen | |
verpflichtet. | |
Am Dienstag wurde das Ergebnis der zweiten Umfrage veröffentlicht. „Von den | |
rund 2.250 befragten Unternehmen haben nur 455 gültige Antworten | |
zurückgemeldet“, erklärten Heil und Müller. Von diesen hätten etwa 20 | |
Prozent die Anforderungen des NAP eingehalten – deutlich weniger als die | |
von der Regierung verlangten 50 Prozent. „Die Ergebnisse sind erneut | |
enttäuschend“, sagte Müller. „Wir brauchen jetzt einen gesetzlichen | |
Rahmen.“ Heil: „Die Umfrage zeigt, dass Freiwilligkeit nicht ausreicht.“ | |
## Auch einige Firmen für Gesetz | |
[3][Eckpunkte] für ein Gesetz gibt es bereits. Im August soll es dem | |
Bundeskabinett vorliegen. Wer dagegen verstößt, könnte vor deutschen | |
Gerichten auf Schadensersatz verklagt werden. Ein solches Gesetz fordern | |
Entwicklungs-, Umweltorganisationen und kirchliche Hilfswerke, aber auch | |
Firmen wie Rewe, KiK, Ritter, Tchibo und Nestlé seit langem. Die | |
EU-Kommission kündigte ein europäisches Lieferkettengesetz für das kommende | |
Jahr an. | |
Dagegen mobilisieren hierzulande die Wirtschaftsverbände BDI, BDA, HDE und | |
DIHK. Ihnen geht es zu weit, dass deutsche Firmen für Fehler ausländischer | |
Lieferanten haftbar gemacht werden sollen. Hohe Kosten drohten, der | |
Mittelstand sei überfordert. | |
Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kritisiert das Gesetz. | |
„Schnellschüsse verbieten sich bei so wichtigen Themen wie diesem“, sagte | |
eine Sprecherin. | |
Im BMWi wird unter anderem bemängelt, man sei in die Vorbereitungen nicht | |
eingebunden worden. Außerdem sei es wegen der Coronakrise nicht ratsam, | |
Unternehmen neue, komplizierte Vorschriften zu machen. | |
14 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/nationaler-akt… | |
[2] /Arbeitsbedingungen-bei-Zulieferern/!5572200 | |
[3] /Eckpunkte-fuer-Lieferkettengesetz/!5697309 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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