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# taz.de -- Umbruch in Bangladesch: Yunus wird Interimspremier
> Bis zur Wahl einer neuen Regierung soll Muhammad Yunus übernehmen. Der
> 84-Jährige ist Friedensnobelpreisträger und Mikrokreditpionier.
Bild: Muhammad Yunus, Friedensnobelpreisträger und Gründer der Mikrokreditban…
Delhi taz | Am frühen Mittwochmorgen Ortszeit hat das Büro von Bangladeschs
Staatspräsidenten Mohammand Shahabuddin mitgeteilt, dass der 84-jährige
Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus Leiter der neuen Übergangsregierung
wird. Seine genaue künftige Rolle wird mal als Interimpremier, mal als
leitender Berater der Übergangsregierung beschrieben. Die Entscheidung dazu
sei bei einem Treffen des Präsidenten mit Vertretern der führenden
Organisation der Proteste,„Students against Discrimination“ (SAD), sowie
hochrangigen Militärs gefallen.
Yunus befand sich auf dem Höhepunkt der Proteste, die am Montag zum Sturz
der Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina geführt hatten, in Paris.
„Wenn in Bangladesch Handlung gefordert ist, für mein Land und für den Mut
meines Volkes, dann werde ich handeln“, hatte der 84-Jährige am Dienstag
der Nachrichtenagentur AFP gesagt. Zuvor hatten die Anführer der
Studentenproteste Yunus als Chef der Übergangsregierung ins Spiel gebracht.
„Wie könnte ich ihre Bitte ablehnen?“, sagte er. „Die Übergangsregierung
ist nur der Anfang. Wirkliche Befriedung kann es nur mit freien Wahlen
geben. Ohne Wahlen gibt es keinen Wandel“, sagte Yunus,
Yunus war 2006 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden für seine
Pionierarbeit zur Armutsbekämpfung durch Mikrokredite. Schon 2007 versuchte
er, in die Politik einzusteigen. Spätestens seit diesem Zeitpunkt sah
Hasina ihn als Erzfeind an. Zuletzt sah er sich mehreren, laut
Kritiker:innen politisch motivierten Strafverfahren in seiner Heimat
ausgesetzt.
## Bericht: Militär entzog Hasina die Unterstützung
Das Militär hat der immer autoritärer regierenden Hasina offenbar kurz vor
ihrer Flucht nach Indien die Unterstützung entzogen. Laut der Agentur
Reuters traf sich Armeechef General Waker-Uz-Zaman am Sonntagabend mit
führenden Militärs. Dort sei beschlossen worden, dass Soldaten bei den
Massenprotesten nicht auf Zivilisten schießen sollen, um die von Hasina
verhängte Ausgangssperre durchzusetzen.
Damit stand fest, dass sie nicht länger auf die Unterstützung des Militärs
zählen konnte. Das Ausmaß der Proteste, bei denen mehr als 440 Menschen ums
Leben kamen, habe die uneingeschränkte Unterstützung für die 76-jährigen
Hasina unhaltbar gemacht, hieß es aus Militärkreisen.
„Es gab viel Unbehagen in der Truppe. Das hat wahrscheinlich den Armeechef
unter Druck gesetzt“, sagte etwa der pensionierte Brigadegeneral M.
Sakhawat Hossain, was letztendlich zum Fall der Regierung der Awami-Liga
nach 15 Jahren an der Macht führte.
Inzwischen wurden der für zahlreiche Tötungen von Demonstrierenden
verantwortliche [1][Polizeichef sowie die Leitung des Rapid Action
Battalion (RAB), einer brutalen paramilitärischen Polizeitruppe,
umbesetzt]. Ebenso wurden in der Armee hochrangige Posten neu besetzt.
## Polizei streikt aus Angst um eigene Sicherheit
Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen hatten am Dienstag
Polizeigegewerkschaften einen Streik angekündigt, „bis die Sicherheit jedes
Polizeiangehörigen sichergestellt ist“. Zugleich baten sie um
„Entschuldigung“ für das Vorgehen der Polizei gegen die Demonstrierenden.
Bei den Protesten waren auch Polizisten getötet worden, oft aus Empörung
über deren brutales Vorgehen. Am Dienstag hatten Berichten zufolge
Studierende streikende Polizisten bei der Regelung des Verkehrs in Dhaka
ersetzt.
Mittlerweile wurden auch 2.200 politische Gefangene entlassen. Im Gegenzug
wurden ehemalige Mitglieder der Regierung, die das Land verlassen wollten,
[2][in Gewahrsam genommen].
## Indien gewährt geflohener Premierministerin Asyl
Die indische Regierung erklärte sich unterdessen bereit, der geflohenen
Ex-Premierministerin Hasina, die sich bereits im Land aufhält, Asyl zu
gewähren. Großbritannien wie auch die USA, wo ihr Sohn Sajeeb Wazed Joy
lebt, haben ihr wohl die Einreise verweigert.
„In Bangladesch herrscht weiterhin ein gefährliches Machtvakuum, obwohl
Muhammad Yunus sich bereit erklärt hat, eine vom Militär eingesetzte
Übergangsregierung zu beaufsichtigen“, schrieb der indische Politologe
[3][Brahma Chellaney] auf X. Morde an Mitgliedern von Hasinas Awami-Liga
und Angriffe auf die Hindu-Minderheit würden die Notwendigkeit
unterstreichen, einen gewissen Grad an Recht und Ordnung
wiederherzustellen.
Die für die Wirtschaft wichtigen Textilfabriken haben seit Mittwoch wieder
geöffnet. Die Hoffnung ist, dass bald wieder Normalität einkehrt.
7 Aug 2024
## LINKS
[1] https://www.thedailystar.net/news/bangladesh/news/mainul-hasan-new-dmp-comm…
[2] https://en.prothomalo.com/bangladesh/wq9d0lj7ko
[3] https://x.com/Chellaney/status/1821081140674941369
## AUTOREN
Natalie Mayroth
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