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# taz.de -- Über 1000 Tote im Kongo: Ebola praktisch außer Kontrolle
> Nach acht Monaten gibt es über 1000 amtlich registrierte Ebola-Tote im
> Kongo. Gewalt und Flucht beschleunigen die Ausbreitung, sagen Helfer.
Bild: Gesundheitspersonal in Butembo demonstriert gegen die Gewalt, 24. April 2…
Berlin taz | Die Kurve geht immer steiler nach oben: Über 1.000 Menschen
sind mittlerweile in der Demokratischen Republik Kongo an der
Ebola-Epidemie gestorben, die seit August 2018 im Osten des Landes wütet.
Die symbolträchtige Marke wurde am vergangenen Freitag überschritten, mit
einem Anstieg der bestätigten Todesfälle von 994 auf 1.008 in der Zählung
des kongolesischen Gesundheitsministeriums.
Am Sonntag abend waren es schon 1.029. Über acht Monate haben die ersten
tausend Toten gedauert – aber nach der aktuellen Anstiegsrate werden die
nächsten tausend nur drei Monate auf sich warten lassen.
„Wir erwarten ein Szenario andauernd intensiver Übertragung“, sagte am
Freitag der Notlagendirektor der Weltgesundheitsorganiastion (WHO), Michael
Ryan, in Genf. Der jüngste WHO-Lagebericht von vergangener Woche führt die
beschleunigte Seuchenausbreitung zurück auf „eine allgemeine
Verschlechterung der Sicherheitslage und anhaltendes vereinzeltes
Misstrauen, verschärft durch politische Spannungen und Unsicherheit“.
Dadurch müssten Ebola-Tests und Seuchenbekämpfungsmaßnahmen immer wieder
ausgesetzt werden – das führt regelmäßig zeitversetzt zu einer
beschleunigten Ausbreitung des tödlichen Virus. Auch die laufenden
Impfprogramme, die bereits über 100.000 Menschen erreicht haben, werden
dadurch gestört.
Hilfswerke vermelden eine beunruhigende Veränderung: Früher wurden viele
Neuerkrankungen an Orten gemeldet, wo zuvor gar keine Krankheitsfälle
aufgetreten waren – das deutete auf hohe Dunkelziffern hin und darauf, dass
Präventionsmaßnahmen viele Menschen noch gar nicht erreichten. Heute kommen
die meisten Todesfälle dort vor, wo längst Ebola-Bekämpfungsteams aktiv
sind – „das bedeutet, dass die Leute keine Behandlung aufsuchen“, erklärt
die Internationale Rotkreuzföderation IFRC.
Denn das Ebola-Gebiet im Nordteil der Provinz Nord-Kivu ist zugleich
Spannungsgebiet. Es ist eine [1][Oppositionshochburg], und immer wieder
streuen Politiker das Gerücht, die Seuche werde gezielt eingesetzt, um die
einheimische Bevölkerung zu dezimieren.
## Zivilisten geraten zwischen Fronten
Es ist auch [2][Konfliktgebiet]: Seit Jahrzehnten ist in den Grenzgebieten
zu Uganda die ursprünglich unter ugandischen Muslimen entstandene
Rebellengruppe ADF (Allied Democratic Forces) aktiv, unzählige lokale
Selbstverteidigungsmilizen halten dagegen, und die Regierungsarmee wird als
fremder Besatzer gefürchtet. Es ist eine Konstellation, in der Zivilisten
immer wieder zwischen die Fronten geraten.
Ebola-Behandlungszentren sind als Vorposten der Staatsgewalt Angriffsziele
geworden. 119 solche Angriffe hat die WHO nach eigenen Angaben seit Januar
dokumentiert.
Am 19. April starb erstmals ein ausländischer Arzt: Der Kameruner Rochard
Valery Mouzoko Kiboung fiel einem Angriff auf die Universitätsklinik der
Großstadt Butembo zum Opfer. „Er leitete eine Teambesprechung, als drei
Bewaffnete in den Raum eindrangen und das Feuer eröffneten“, erklärte
Kongos Gesundheitsministerium; der Fuhrpark und Eingangsbereich der Klinik
seien in Brand gesteckt worden.
Am Vortag hatte erstmals der „Islamische Staat“ (IS) die Verantwortung für
einen Angriff auf einen Armeeposten im Distrikt Kamango, ADF-Hochburg an
der ugandischen Grenze, übernommen. [3][Die ADF] wird schon länger von
Kongos Regierung in die Nähe des internationalen Terrorismus gerückt.
Egal, ob das IS-Bekenntnis echt ist – allein seine Existenz stellt das
Szenario in den Raum, jetzt Seuchen- und Terrorbekämpfung Hand in Hand
gehen zu lassen. Das dürfte erst recht Konflikte und Panik schüren.
## Milizengewalt nimmt parallel zu Ebola zu
Denn Milizengewalt nimmt parallel zur Ebola-Ausbreitung rapide zu. Seit
Ende März wurden 100.000 Menschen in der Region in die Flucht getrieben,
warnte ein Bündnis von 17 Hilfsorganisationen am vergangenen Freitag.
Am schwersten betroffen sei der Distrikt Kamango, eine unwegsame
Bergwaldregion an der Grenze zu Uganda. Es ist der einzige Distrikt der
Gegend, in dem keine Ebola-Bekämpfer aktiv sind, obwohl die Seuche längst
dort angekommen sein dürfte. Allein um Kamango seien 60.000 Menschen auf
der Flucht – viele davon aus Ebola-Zonen.
In der Grundschule des Grenzortes Nobili sind dem Bericht zufolge 7.000
Menschen gestrandet, ohne Versorgung und ohne Wasser außer aus dem Fluss.
Der Weg zurück in die Heimat sei von der Armee abgeriegelt, und so
versuchten viele, sich illegal nach Uganda durchzuschlagen, was das Risiko
einer Ebola-Ausbreitung über Kongos Grenzen hinaus erhöhe.
6 May 2019
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## AUTOREN
Dominic Johnson
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