# taz.de -- Treffen von Putin und Xi in Peking: Zwei, die sich brauchen | |
> Chinas Präsident verlässt nach zwei Jahren die Selbstisolation, um zu | |
> Olympia-Beginn den Kremlchef zu treffen. Sie eint ein Zweckbündnis. | |
Bild: Wird herabsteigen in die Wirklichkeit: Xi Jinping | |
PEKING taz | Peking ist seit Beginn der Coronapandemie zur | |
[1][geschlossenen Festung] geworden. Ausländische Regierungsdelegationen | |
sind seither höchstens bis nach Tianjin gekommen, 100 Kilometer von der | |
chinesischen Hauptstadt entfernt. Dort wurden sie dann von Außenminister | |
Wang Yi in einem gesichtslosen Messehotel empfangen. | |
Doch am Freitag wird nun Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping höchstpersönlich | |
nach über zwei Jahren aus seiner selbst erlegten Polit-Isolation auftauchen | |
– eigens um Russlands Präsidenten Wladimir Putin zu treffen. Dann trifft | |
dieser als prominentester Ehrengast für die Eröffnungsfeierlichkeiten der | |
[2][Olympischen Winterspiele in Peking] ein. | |
Die Beziehungen der zwei Staaten sind derzeit so gut wie nie, sogar besser | |
als während der sowjetischen Vergangenheit. China braucht als aufstrebende | |
und energiehungrige Wirtschaftsmacht die Öl- und Gaslieferungen aus | |
Russland, im Gegenzug kann es Technologie und Investitionen anbieten. Die | |
zwei autoritären Staaten sind zudem in ihrem Antagonismus zum Westen | |
geeint: Sie brauchen sich, um auf internationaler Ebene ihre Umdeutungen | |
von konstitutioneller Demokratie, Menschenrechten und Pressefreiheit | |
durchzusetzen. Und sie betrachten sich als Block gegen die von den | |
Vereinigten Staaten angeführte Weltordnung – einer Weltordnung, die sowohl | |
chinesische als auch russische Propagandamedien im Niedergang begriffen | |
sehen. | |
Substanzielle Ergebnisse sind von dem Gipfel am Freitag nicht zu erwarten, | |
neue Energie-Deals und Militärkooperationen jedoch sehr wohl. Russlands | |
Botschafter in Peking, Andrei Denissow, sprach zuletzt in einer | |
einberufenen Pressekonferenz davon, dass Putin mit einer „guten | |
Überraschung“ anreisen werde, ohne konkret zu werden. Laut Denissoq, der | |
fließend Mandarin spricht, kennt die Kooperation zwischen den zwei Ländern | |
„keine Grenzen“. | |
Das ist die blumige Sprache eines Altkommunisten, mit der Realität hat sie | |
allerdings wenig zu tun. Tatsächlich handelt es sich bei dem Bündnis | |
zwischen Peking und Moskau um eine hochambivalente Zweckgemeinschaft. | |
Allein schon bei der Energiepolitik verfolgen die beiden Großmächte | |
unterschiedliche Interessen: Wenn Chinas staatliche Ölriesen wie Sinopec | |
dieser Tage vermehrt Flüssiggas nach Europa liefern, dann unterlaufen sie | |
damit direkt die [3][Hebelwirkung der russischen Gasfirmen] gegenüber der | |
Europäischen Union. | |
## Chinas Blick in Richtung Ukraine | |
Ohnehin sind die ökonomischen Machtverhältnisse klar abgesteckt: Für China | |
ist Russland abseits der Energielieferungen nur von geringer Relevanz. | |
Andersherum ist die Volksrepublik mit einem 16-prozentigen Anteil am | |
russischen Außenhandel der wichtigste bilaterale Wirtschaftspartner des | |
Landes. | |
Selbst beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf hat die Volksrepublik die Russen | |
jüngst überholt. Aus chinesischer Sicht ist also klar abgesteckt, dass mit | |
Putin am Freitag der Juniorpartner anreisen wird. | |
Doch militärisch agieren die beiden Atommächte natürlich auf Augenhöhe. Und | |
Chinas Staatsführung schaut in diesen Tagen ganz besonders auf den | |
eskalierenden Ukraine-Konflikt: Sollte Russland eine militärische Invasion | |
planen, wären dies [4][für Peking wertvolle Erfahrungen] – dafür, wie man | |
mit der eigenen [5][„abtrünnigen Provinz“ Taiwan] umgehen solle. Sollte | |
Moskau in diesem Fall ohne großen Widerstand des Westens davonkommen, dann | |
käme dies für den demokratischen Inselstaat 8.000 Kilometer östlich einer | |
Hiobsbotschaft gleich. | |
Doch vor allem möchte Peking nicht, dass ein Krieg in der Ukraine die | |
Propagandashow während der Olympischen Spiele im eigenen Land vermiest. Das | |
dürfte Putin wohl auch tatsächlich nicht wagen: Die mit Belarus | |
angekündigten Militärübungen, die in zwei Phasen noch bis zum 20. Februar | |
andauern werden, werten Beobachter vor allem als Signal an Xi Jinping, die | |
Füße bis zum Ende der Winterspiele stillzuhalten. | |
3 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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