# taz.de -- Treffen von Israel und arabischen Staaten: Neue Freunde zu Besuch | |
> Israel empfängt erstmals gleich vier Außenminister arabischer Staaten. | |
> Mit dem US-Außenminister senden sie ein Signal an Iran und die | |
> Palästinenser. | |
Bild: Trafen sich bereits vorab: US-Außenminister Blinken und sein israelische… | |
TEL AVIV taz | „Normalisierung wird die neue Normalität“, sagte | |
US-Außenminister Antony Blinken am Sonntagmorgen in Jerusalem auf einer | |
Pressekonferenz mit seinem israelischen Amtskollegen Yair Lapid. Blinken | |
lieferte damit den Slogan für den historischen Gipfel, der am Sonntag und | |
Montag in der israelischen Negevwüste stattfindet. | |
Zum ersten Mal in der Geschichte Israels werden die Außenminister von vier | |
arabischen Ländern zu einem Treffen auf israelischem Boden kommen. Es sind | |
mit den [1][Vereinigten Arabischen Emiraten], [2][Bahrain] und Marokko | |
diejenigen Länder, welche die vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump | |
ausgehandelten Normalisierungsverträge mit Israel unterzeichnet haben. Dazu | |
wird auch Ägyptens Außenminister Sameh Shourky erwartet und Blinken ist | |
bereits da. | |
Neben öffentlichkeitswirksamen Hochglanzbildern bietet der Gipfel in erster | |
Linie eine Inszenierung von Einigkeit und Stärke gegenüber dem gemeinsamen | |
Kontrahenten Iran. Die sunnitisch geprägten arabischen Eliten der | |
Golfstaaten wollen wie Israel und die USA verhindern, dass der [3][Iran zu | |
einer Atommacht wird]. | |
Dass der Gipfel zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem die Unterzeichnung | |
eines neuen, in Wien ausgehandelten Atomabkommens zwischen Teheran und | |
internationalen Vertreter*innen unmittelbar bevorsteht, ist kein | |
Zufall. Doch bei aller Inszenierung von Einigkeit ist der Ausgang der | |
Gespräche in Sachen Iran unklar. Die USA sind nach wie vor von der | |
Wichtigkeit eines erneuerten Atomabkommens überzeugt – Israel ist dagegen. | |
## Interesse an Öl und Gas vom Persischen Golf | |
Blinken und Lapid bemühten sich dennoch, Einigkeit zu zeigen. „In der | |
wichtigsten Frage des iranischen Atomprogramms, nämlich der Verhinderung | |
des Erwerbs einer Atomwaffe durch den Iran, sind wir einer Meinung“, sagte | |
Blinken. Doch auch die Golfstaaten reagieren verhalten auf die Möglichkeit | |
eines Atomabkommens und sorgen sich, dass es dazu führen könnte, dass der | |
Iran in der Region wagemutiger wird. Bereits in den letzten Monaten hatten | |
die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen [4][im Jemen Raketen- und | |
Drohnenangriffe] auf die Vereinigten Arabischen Emirate gestartet. | |
Auch der Ukrainekrieg dürfte auf dem Programm stehen. Angesichts der | |
weltweiten Abhängigkeit von russischem Öl und Gas – die USA haben | |
inzwischen den Import von russischem Öl gestoppt – wächst das Interesse an | |
fossilen Brennstoffen vom Persischen Golf wieder. | |
Die palästinensische Frage hingegen wird bei dem Treffen wohl weitgehend | |
unter den Tisch fallen. US-Außenminister Blinken betonte zwar in der | |
Pressekonferenz mit Israels Außenminister Lapid, dass die US-Außenpolitik | |
weiterhin einer Zweistaatenlösung verpflichtet bleibe. Außerdem stand für | |
Blinken am Sonntag noch ein Abstecher nach Ramallah und Ostjerusalem auf | |
dem Kalender. Doch das täuscht die Palästinenser*innen nicht darüber | |
hinweg, dass der Gipfel nicht nur ein Zeichen an den Iran, sondern auch an | |
sie ist. | |
„Der heute im Negev stattfindende Gipfel ist kein Friedensgipfel, sondern | |
ein weiterer Schritt zur Verwirklichung des strategischen Ziels der | |
israelischen Regierung, die palästinensische Frage an den Rand der | |
Tagesordnung zu drängen“, heißt es in einer Erklärung der Vereinigten | |
Liste, einem Zusammenschluss arabisch-israelischer Parteien. | |
## Ausklammerung der palästinensischen Frage | |
Das Treffen in Sde Boker in der Negevwüste abzuhalten und nicht im | |
umstrittenen Jerusalem, mag ein Eingeständnis an Empfindlichkeiten der | |
arabischen Länder gewesen sein. Doch ist Sde Boker als Kibbutz des | |
Staatsgründers David Ben Gurion auch ein aussagekräftiges Symbol und | |
Zeichen dafür, dass die arabischen Länder die [5][palästinensische Frage] | |
weitgehend ausklammern können. | |
Der Gipfel findet zudem auf den Tag genau zwanzig Jahre nach dem legendären | |
Treffen von Anführern arabischer Länder in Beirut statt, das zur | |
Unterstützung der Palästinenser*innen anberaumt worden war und aus | |
dem die Arabische Friedensinitiative hervorging. | |
Und so dürfte der Gipfel aus Perspektive der Palästinenser*innen die | |
Antithese zum Treffen der Arabischen Friedensinitiative vor zwanzig Jahren | |
darstellen: Wenn über sie gesprochen wird, dann in geschlossenen Räumen. | |
27 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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