# taz.de -- Tollwut-Impfskandal in China: Wütende Reaktionen | |
> Ein chinesischer Hersteller hat einen wahrscheinlich minderwertigen | |
> Tollwut-Impfstoff tausendfach verkauft. Es ist nicht der erste Skandal. | |
Bild: Der chinesisce Tollwut-Impfstoff ist möglicherweise schädlich | |
PEKING taz | Ein Impfstoff, der nicht impft, sondern womöglich Schaden | |
anrichtet: Die chinesische staatliche Arzneimittelaufsicht hat bei dem | |
Hersteller Changsheng Life Sciences den sofortigen Produktionsstopp eines | |
Tollwut-Impfstoffs verfügt – wegen „schwerer Verstöße gegen bestehende | |
Vorschriften“. Das Unternehmen soll Unterlagen über den Herstellungs- und | |
Inspektionsprozess bewusst gefälscht haben, berichtet die amtliche | |
Nachrichtenagentur Xinhua. Auch die Polizei ermittelt. Berichte über | |
Menschen, die zu Schaden gekommen sind oder Tollwut bekommen haben, weil | |
der Impfstoff nicht wirkte, gibt es bislang aber nicht. | |
Tollwut ist in China vor allem auf dem Land eine weit verbreitete | |
Infektion, die bei fehlendem Impfschutz fast immer eine tödliche | |
Gehirnentzündung verursacht. | |
Und es ist nicht der erste Skandal um Changsheng Life Sciences, eines der | |
größten Pharmaunternehmen Chinas. Im vergangenen Oktober war dort schon | |
einmal eine Ladung mit unwirksamem Impfstoff entdeckt worden. Das | |
minderwertige Medikament gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten (DPT), | |
das vor allem Kindern verabreicht wurde, wurde 252.600 Mal verkauft. Auch | |
hatte die Firma abgelaufene und unangemessen gelagerte Impfstoffe verkauft. | |
Mehr als 350 Funktionäre wurden damals bestraft. | |
40 Jahre altes Gammelfleisch, der Verkauf bereits gebrauchten Speiseöls, | |
vergiftetes Milchpulver – Lebensmittel- und Medikamentenskandale häufen | |
sich in China. Sie sorgen vor allem in der wachsenden Mittelschicht für | |
hohes Misstrauen – gegenüber der heimischen Lebens- und | |
Arzneimittelindustrie, aber auch den Behörden. | |
## Ministerpräsident wird aktiv | |
Zehntausende zumeist junge chinesische Eltern bekunden ihre Wut im | |
Internet. Sie beklagen die fehlende Moral chinesischer Unternehmen und die | |
zu laxen staatlichen Kontrollen. Von einem „korruptem Mafiasystem“ schreibt | |
eine Mutter, und dass Behörden und Pharmaunternehmen doch unter einer Decke | |
steckten. „Sie haben unsere Kinder auf dem Gewissen“, schreibt eine andere. | |
Der Unmut hat auch Chinas Ministerpräsidenten Li Keqiang erreicht: Die | |
Zwischenfälle hätten eine „moralische Grenze“ überschritten und müssten… | |
Volk eindeutig erklärt werden, sagte er. | |
Li kündigte an, sofort eine Kommission nach Changchun zu schicken, um die | |
gesamte Produktionskette der Impfstoffe zu untersuchen. Er versprach | |
Transparenz und kündigte eine strenge Bestrafung an. Seine Regierung werde | |
gegen alle illegalen Taten energisch vorgehen, „die das Leben der Menschen | |
in Gefahr bringen“. Auch werde er dafür sorgen, dass wegen Vernachlässigung | |
der Aufsichtspflicht ermittelt werde. | |
Ähnliches hatte allerdings auch schon sein Vorgänger versprochen, als es um | |
die Aufklärung eines Falls von mit Melamin vergifteten Milchpulvers ging. | |
Seitdem hatte es noch weitere Milchpulverskandale gegeben. Das Vertrauen | |
ist bis heute nicht wiederhergestellt. | |
24 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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