# taz.de -- Teil-Legalisierung von Cannabis: Chillt mal alle | |
> Überlastung der Polizei, allerorten Kifferhorden: Das Gejammer vor der | |
> Teil-Legalisierung von Cannabis war groß. Was ist davon eingetreten? | |
> Nichts. | |
Bild: Bald wird sich zeigen, dass die ganzen Warnungen vor Kifferhorden nichts … | |
Keine besonderen Vorkommnisse vermeldete die Berliner Polizei ein paar Tage | |
nach der seit Ostermontag in Kraft getretenen Teil-Legalisierung von | |
Cannabis. Öffentliche Ordnung und Sicherheit wurden durch die Kiffer | |
demnach wider Erwarten nicht gefährdet. Ja, wer hätte das gedacht. | |
Schwer zu sagen, ob die Polizei selbst an ihre Szenarien geglaubt hat, in | |
denen eine Arbeitsüberlastung heraufbeschworen wurde. Es sei doch kaum | |
möglich, den [1][100-Meter-Kiffverbotsradius um Jugendeinrichtungen und | |
Schulen] zu kontrollieren. Die Polizeibeamten wüssten ja selbst nicht | |
immer, ob an dieser oder jener Stelle eine Schulsporthalle oder ein | |
Jugendclub in der Nähe und damit der Cannabiskonsum verboten sei, so das | |
Lamento. Und jetzt? Nichts. | |
Die Klage, dass der Ostermontag eine Stunde Null werden könnte, nach der | |
nun überall die Kiffer aus ihren Löchern kommen und wo sie auch gehen und | |
stehen einen bauen, war von Beginn an eine Gespensterdebatte, genährt von | |
einer [2][seit Jahrzehnten die Prohibition begleitenden Paranoia samt | |
Desinformationen] über das Konsumverhalten von Kiffern. | |
Vor allem in einer Stadt wie Berlin, wo noch vergleichsweise liberal mit | |
Cannabiskonsumenten umgegangen wurde, auch als diese noch kriminalisiert | |
wurden, trug das geradezu lächerliche Züge. Hier wurde bereits vor dem 1. | |
April in öffentlichen Räumen teilweise ganz selbstverständlich gekifft. | |
[3][Gesetz hin oder her.] | |
## Unsympathen gibt es überall | |
Ein Wort zum Kinderschutz: Auf Spielplätzen beispielsweise war Kiffen ja | |
noch nie okay und ist es auch jetzt nicht. Diejenigen, die das noch nie | |
einsehen wollten und weiterhin nicht einsehen wollen, gehören nun mal zur | |
Sorte der nicht unbedingt besonders rücksichtsvollen Menschen. Menschen, | |
die auch überall sonst anzutreffen sind und wenigstens unter den Kiffern | |
eine Minderheit darstellen. | |
Man kann dann – wie früher auch – zwar hingehen und sagen: Kifft doch bitte | |
ums Eck, da halten sich keine Kinder auf, da stört das niemanden. Wird | |
vermutlich nichts bringen. Sie bleiben eben rücksichtslose Menschen. | |
Unabhängig davon wird sich sowieso bald zeigen, dass die ganzen Warnungen | |
vor den Kifferhorden nichts weiter waren als Hirngespinste. Kiffen in | |
Fußgängerzonen etwa ist tagsüber auch weiterhin nicht erlaubt. Sichtbare | |
Konsequenzen und eine Polizei im Dauereinsatz sind deshalb trotzdem nicht | |
zu befürchten. Schließlich sind Fußgängerzonen in Berlin so unattraktiv, | |
dass man ausgerechnet dort nun wirklich nicht einen rauchen möchte. | |
Mit der Zeit wird die Mehrheit der Kiffer ohnehin vermutlich ganz entspannt | |
lernen, wo sie erwünscht sind und wo man sie lieber nicht haben möchte. | |
## Friedliche Koexistenz von Kiffern und Nichtkiffern | |
In der „Bier Bar“, einer Raucherkneipe in Friedrichshain, will man sie zum | |
Beispiel lieber nicht haben. Hier darf Nikotin bis zum Raucherhusten | |
konsumiert und ein Bier nach dem anderen getrunken werden. Aber wer kiffen | |
möchte, sagt zumindest der Betreiber der Kneipe, möge das doch bitte | |
weiterhin vor der Tür tun. | |
Ein Schild mit der Ansage „Kiffer bitte draußen bleiben“ gibt es nicht und | |
auch die Begründung des Kneipiers ist mit der Aussage „Weil ich das nicht | |
will“ recht dürftig. Sei's drum, es gilt das Hausrecht. Vielleicht wird es | |
irgendwann mal eine Auseinandersetzung mit einem uneinsichtigen Kiffer | |
geben, aber wahrscheinlich nur dann, wenn der davor bereits zu tief in sein | |
Bierglas geblickt hat. | |
Es wird sich also bald alles einrenken und die Koexistenz von Kiffern und | |
Nichtkiffern wird weitgehend reibungslos funktionieren. Selbst die | |
Gewerkschaft der Polizei scheint langsam zu erkennen, dass immer nur Contra | |
und Widerstand gegen die Teillegalisierung nicht zielführend ist. | |
„Für uns steht erst einmal fest: Wenn jeder in unserem Land legal kiffen | |
darf, muss das auch für Polizisten möglich sein, natürlich nur außerhalb | |
des Dienstes.“ Das schrieb sie in einer ihrer Presseerklärungen noch kurz | |
vor dem 1. April. Auch Polizisten sollen also kiffen dürfen. Dazu kann man | |
nur sagen: Unbedingt. Aber bitte nicht in, sondern nur vor dem Eingang der | |
„Bier Bar“. | |
5 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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