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# taz.de -- Tarifverhandlungen: Neue Runde, neues Glück
> Am Montag beginnt die Tarifrunde für die Beschäftigten im Landesdienst.
> Aus Berliner Sicht ist der Blick auf die ErzieherInnen spannend.
Bild: Schon im Januar 2017 protestierten ErzieherInnen und SozialpädagogInnen …
Am heutigen Montag startet die Tarifrunde für den öffentlichen Dienst der
Länder. Warum stehen die ErzieherInnen im Fokus?
Besonders die ErzieherInnen dürften mit Spannung das alle zwei Jahre
stattfindende öffentliche Tauziehen zwischen Gewerkschaften und der
Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) verfolgen. Denn während die
ErzieherInnen in den anderen Bundesländern nach dem Tarifvertrag für den
öffentlichen Dienst (TVöD) bezahlt werden, werden die Berliner
Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst nach dem Tarifvertrag der
Länder (TV-L) entlohnt.
Wer 15 Dienstjahre auf dem Buckel hat, bekommt im TV-L rund 300 Euro
weniger als die KollegInnen anderswo. Das betrifft etwa 14.000
ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen in 277 landeseigenen Kita-Betrieben
sowie in vielen Schulhorten. Die freien Träger orientieren ihre Gehälter am
TV-L.
ErzieherIn ist ein Mangelberuf. Zudem muss das Land laut eigenen
Berechnungen bis zum Jahr 2021 mindestens 25.000 Kitaplätze schaffen. Kann
man sich da überhaupt eine vergleichsweise schlechte Bezahlung leisten?
Eigentlich – nein. Zumal in den anderen Bundesländern ErzieherInnen
ebenfalls dringend gesucht werden. Wie viele aber tatsächlich nach
Brandenburg abwandern, weil dort besser gezahlt wird, wie die Gewerkschaft
immer anmahnt, ist nicht klar.
Klar ist hingegen: Eine beträchtliche Anzahl Kita-Plätze in Berlin kann
auch deshalb nicht besetzt werden, weil ErzieherInnen fehlen. Der
Unterschied zwischen Plätzen, für die es eine Betriebserlaubnis gibt, und
tatsächlich belegten Plätze liegt laut Senatsjugendverwaltung bei etwa
10.000. Allerdings weiß die Statistik nicht, wie viele davon auf das Konto
des Fachkräftemangels geht.
Christiane Weißhoff, stellvertretende Kita-Leiterin bei den Kindergärten
City, spricht von derzeit 70 offenen Stellen bei diesem Eigenbetrieb. Zudem
brauchen die Kitas zunehmend länger, offene Stellen zu besetzen, wie eine
Statistik der Bundesagentur für Arbeit verrät: Die „Vakanzzeiten“ für
ErzieherInnenstellen stiegen in Berlin 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 30
Tage.
Was fordern die Gewerkschaften konkret für die ErzieherInnen in Berlin?
Ganz klar: „Wir wollen die Angleichung an den TVöD“, sagt die Berliner
Landesvorsitzende der GEW, Doreen Siebernik.
Welche Möglichkeiten hätte man dafür im Tarifrecht zur Verfügung?
Es gebe zum einen die Möglichkeit, „das Zulagenmodell weiter aufzufüttern�…
sagt Siebernik. Allerdings sind Zulagen zeitlich befristet und „kein
Konstrukt, auf dem man ein ganzes Erwerbsleben aufbauen kann“, sagt
Siebernik.
Ein anderes Instrument wäre eine eigene Tariftabelle für den Sozial- und
Erziehungsdienst, wie es sie auch im TvÖD gibt. Genau das habe man in
Vorgesprächen mit der Gegenseite abklopfen wollen – die dann im Sommer aber
von Seiten der Arbeitgeber abgebrochen wurden, sagt Siebernik. „Jetzt ist
ein riesiger Druck im Kessel, weil eben noch gar nichts geklärt ist.“
Kann mehr Geld allein den Fachkräftemangel lösen?
Mehr Geld wäre zumindest eine Wertschätzung für den schwierigen
Arbeitsalltag in den Kitas. Dort steigen die Belastungen – auch wegen der
immer zahlreicher vertretenden QuereinsteigerInnen, die betreut werden
wollen. Immerhin: Seit 2018 bekommen die Kitas mehr Stunden für die
Betreuung der SeiteneinsteigerInnen finanziert.
Ein bislang ungelöstes Problem ist, dass die Quereinsteigenden auf den
Personalschlüssel in den Kitas angerechnet werden. Das schlaucht, und zwar
alle Beteiligten: Die QuereinsteigerInnen, die gleichzeitig lernen und
schon ErzieherIn sein müssen. Und stellt die Kita-Leitungen vor das
Dilemma, dass sie die Auszubildenden eigentlich voll einsetzen müssten –
was sie aber oft nicht tun, weil es pädagogisch eben nicht sinnvoll ist.
Mit dem Ergebnis: „Die Fluktuation in den Kitas ist hoch“, sagt Weißhoff.
Was wird aus Sicht der angestellten LehrerInnen, die gut die Hälfte der
rund 30.000 Berliner Lehrkräfte ausmachen, ein Thema bei der Tarifrunde?
Die Zahl der QuereinsteigerInnen wächst auch in den Schulen: Allein zwei
Drittel der 2.700 im Sommer neu eingestellten LehrerInnen hatten den Beruf
nicht studiert. GEW-Chefin Siebernik spricht von „einer erheblichen Gruppe
von Seiteneinsteigern und Unterrichtshilfen, die nur in E9 eingestuft
sind“. Weil LehrerInnen mit Referendariat inzwischen E13 bekommen, beträgt
der Gehaltsunterschied mehrere Tausend Euro im Monat.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will im Wettbewerb um Fachkräfte
prüfen, ob Berlin seine LehrerInnen wieder verbeamten soll, so wie alle
anderen Bundesländer auch. Gute Idee?
„Die Verbeamtung löst den Fachkräftemangel nicht, das ist Quatsch“, sagt
GEW-Vorsitzende Siebernik. Weil Beamte keine Sozialabgaben und weniger
Steuern zahlen findet sie es außerdem „bedenklich, eine große Gruppe wie
die der Lehrer dem Sozialstaat zu entziehen“.
20 Jan 2019
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
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