# taz.de -- Studien zur Omikron-Variante: Boostern, jetzt erst recht | |
> Neue Daten legen nahe, dass nur eine Drittimpfung ausreichend vor der | |
> Omikronvariante schützt. Im Dezember gibt es genug Impfstoff. | |
Bild: Aller guten Dinge sind drei: Vor der Omikronvariante schützt man sich am… | |
Noch sind es wenige Daten – und ordentlich veröffentlicht und von anderen | |
Wissenschaftler*innen geprüft sind sie auch noch nicht. Dennoch sorgen | |
die jüngsten Forschungsergebnisse zur Omikronvariante des Coronavirus bei | |
Expert*innen für große Sorge. Denn vier verschiedene Studien haben | |
gezeigt, dass die Wirkung von Antikörpern gegen die neue Variante bei | |
Geimpften etwa vierzigmal geringer ist als bei der derzeit vorherrschenden | |
Deltavariante. Eine der Untersuchungen stammt aus dem Team der Frankfurter | |
Virologin Sandra Ciesek; zwei weitere stammen von Forscher*innen aus | |
Südafrika und Schweden. Auch der Impfstoffhersteller Biontech hat | |
Labordaten ausgewertet. | |
Sollten sich diese Ergebnisse bestätigen, würde stark verringerte Reaktion | |
auf Antikörper bedeuten, dass sich doppelt Geimpfte sehr viel leichter mit | |
der Omikronvariante infizieren können. „Es ist daher mit mehr | |
Impfdurchbrüchen zu rechnen“, meint der Impfstoffforscher Leif Erik Sander | |
von der Berliner Charité. Wie schwer eine solche Infektion verlaufen würde, | |
ist allerdings unklar – denn dafür ist vor allem ein anderer Teil des | |
Immunsystems verantwortlich, die sogenannten T-Zellen. | |
Zur Frage, wie diese mit der neuen Variante zurechtkommen, gibt es noch | |
keine Ergebnisse. Expert*innen sind derzeit allerdings optimistisch: Der | |
Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, | |
erklärte etwa, er gehe davon aus, dass die Impfung „immer noch Schutz vor | |
schwerer Erkrankung“ biete. | |
Auch wenn noch viele Fragen offen sind, herrscht unter den | |
Corona-Expert*innen in einem Punkt große Einigkeit: Für bisher Ungeimpfte | |
ist es durch das Auftreten von Omikron noch wichtiger, sich jetzt impfen zu | |
lassen. Und Menschen, die schon geimpft sind, sollten auf jeden Fall und | |
möglichst schnell eine Drittimpfung bekommen. Denn die vorliegenden Daten | |
legen zumindest nahe, dass diese auch die Antikörperantwort gegen Omikron | |
stark verbessert. So zeigte die Studie aus Südafrika, dass Personen, die | |
zuvor eine Corona-Infektion überstanden hatten und doppelt geimpft waren, | |
vergleichsweise gut geschützt waren, was hoffen lässt, dass das bei drei | |
Impfungen ähnlich wäre. „Die Ergebnisse sind besser, als ich erwartet | |
hatte“, schrieb der Studienleiter Alex Segal auf Twitter. | |
## Lieber nicht auf den nächsten Impfstoff warten | |
Zu diesem Ergebnis kam auch Biontech: Eine Boosterdosis erhöhe den | |
Antikörperspiegel um das 25-Fache. Das sei ausreichend, um auch die | |
Omikronvariante zu neutralisieren, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. | |
Bei Bedarf könne ab März ein angepasster Impfstoff bereitgestellt werden. | |
Der Konzern nutzte für seine Untersuchung eine künstlich hergestellte Form | |
des Virus. | |
Angesichts der neuen Daten forderte auch der Virologe Christian Drosten von | |
der Berliner Charité schnelle Fortschritte beim Boostern. „Es sieht nicht | |
gut aus für doppelt Geimpfte“, schrieb Drosten auf Twitter. „Eine dritte | |
Dosis ist nötig.“ | |
Den besten Schutz dürfte dabei ein speziell an Omikron angepasster | |
Impfstoff bieten, sagte Virologe Watzl gegenüber dem Science Media Center. | |
„Da diese angepassten Impfstoffe frühestens im Februar oder März kommen | |
werden, sollte man aber jetzt nicht darauf warten, sondern sich jetzt | |
impfen oder boostern lassen.“ | |
Das tun auch derzeit schon viele: Die Zahl der Corona-Impfungen lag im | |
7-Tage-Mittel mit 840.000 pro Tag zuletzt fast wieder so hoch wie beim | |
Höchststand im Juni; fast drei Viertel davon entfallen auf | |
Boosterimpfungen, aber auch die Erstimpfungen liegen – trotz zuletzt wieder | |
rückläufigem Trend – mit knapp 80.000 pro Tag noch fast dreimal so hoch wie | |
Anfang November. | |
## Die Frist verlangsamt die Impfungen | |
Nachdem die Impfstofflieferungen zuletzt teilweise gekürzt wurden, was für | |
viel Frust in den Arztpraxen gesorgt hatte, zeigt eine neue Aufstellung aus | |
dem Bundesgesundheitsministerium, dass in den nächsten drei Wochen genug | |
Stoff für über 40 Millionen Impfungen geliefert wird. Um diesen komplett zu | |
verimpfen, müsste die Zahl der täglichen Impfungen sich in den nächsten | |
Wochen allerdings mehr als verdoppeln – was nicht nur angesichts der | |
Weihnachtsferien sehr ambitioniert erscheint. | |
Derzeit werden vielerorts außerdem nur Menschen geboostert, deren | |
Zweitimpfung mindestens sechs Monate her ist. Das wären bis Ende des Jahres | |
insgesamt weniger als 30 Millionen. Und selbst wenn diese Frist, wie schon | |
in einigen Bundesländern geschehen, bundesweit auf fünf Monate verkürzt | |
würde, könnten bis Jahresende insgesamt höchstens 40 Millionen Menschen | |
geboostert werden; weil knapp 16 Millionen die Drittimpfung bereits | |
erhalten haben, bliebe also Impfstoff übrig, selbst wenn die Zahl der | |
Erstimpfungen durch den Beginn der Kinderimpfungen noch einmal deutlich | |
steigen dürfte. Bei der Organisation der Impfungen und den dafür geltenden | |
Regeln sind vom neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach also schnelle | |
Entscheidungen gefragt. | |
8 Dec 2021 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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