# taz.de -- Studie zu Drogenkonsum bei Jugendlichen: Pandemie als beste Suchtpr… | |
> Trotz der Lockdowns ist der Drogenkonsum bei Jugendlichen in Hamburg und | |
> Bremen rückläufig. Problematischer wird die Internetnutzung bei Mädchen. | |
Bild: Alkohol? Haben viel weniger Jugendliche in der Pandemie ausprobiert | |
HAMBURG taz | Auf Alkohol, Cannabis und Tabak haben immer weniger | |
Jugendliche Lust: Eine Befragung von Schüler*innen- und Lehrer*innen zum | |
Umgang mit Suchtmitteln der Fachstelle Sucht in Hamburg zeigt, dass der | |
Drogenkonsum bei jungen Menschen in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen | |
weiter rückläufig ist. Daran hat auch die Pandemie nichts geändert. | |
Zumindest gilt das für Jugendliche, die bisher noch nicht süchtig waren: | |
Wer schon vor der Pandemie einen problematischen Konsum von Alkohol, Tabak | |
und illegalen Drogen praktizierte, intensivierte diesen oftmals. Außerdem | |
wird der Medien- und Internetkonsum zu einem immer größeren Problem, was | |
vor allem Mädchen und junge Frauen betrifft. | |
„Die Jugendlichen werden weniger experimentierfreudig, was Drogen angeht. | |
Das ist eindeutige eine positive Tendenz“, sagt der [1][Leiter der | |
sogenannten Schulbusstudie] Theo Baumgärtner bei der Vorstellung der | |
Ergebnisse. | |
Seit 2005 habe sich die Zahl der Jugendlichen, die Drogen erstmalig | |
konsumieren, stark verringert. Die Studie zeigt: Gerade Tabak wird bei den | |
14- bis 17-Jährigen immer unbeliebter. Während vor 17 Jahren noch rund 70 | |
Prozent der Befragten angaben, schon einmal eine Zigarette geraucht zu | |
haben, waren es im letzten Jahr nur noch 29 Prozent. Im Vergleich zur | |
letzten Erhebung vor Corona im Jahr 2018 sank der Anteil an | |
Erstkonsument*innen bei Alkohol, Tabak und Cannabis um fünf bis sieben | |
Prozent. Bei anderen illegalen Drogen zumindest noch um ein Prozent. | |
## Weniger Gelegenheiten zum Feiern | |
Auch viele Jugendliche, die nur ab und zu konsumierten, hätten dies in der | |
Pandemie seltener getan: „Durch den Ausfall von Partys gab es [2][weniger | |
Gelegenheiten, Drogen zu konsumieren]“, sagt Baumgärtner. Außerdem seien | |
Jugendliche einer größeren Kontrolle durch die Eltern ausgesetzt gewesen. | |
Doch trotz dieser Einschränkungen blieb der Anteil von problematischem | |
Konsum von Cannabis und Alkohol insgesamt auf dem gleichen Niveau. Wer | |
schon ein Suchtproblem hatte oder gefährdet war, hat seinen Konsum in der | |
Regel eher sogar gesteigert. „Die Gründe dafür sind meistens Langeweile und | |
eine fehlende Tagesstruktur während der Lockdowns“, sagt Baumgärtner. Nur | |
der tägliche Tabakkonsum habe sich von neun auf sechs Prozent der Befragten | |
reduziert. | |
Dass weniger junge Menschen damit angefangen hätten, Suchtmittel zu | |
konsumieren, sei ein gutes Zeichen, meint auch Hamburgs Sozialsenatorin | |
Melanie Leonhard (SPD) bei der Präsentation der Studie. Darauf könne man | |
aufbauen. Gleichzeitig müssten Risikokonsument*innen gezielt betreut | |
werden. | |
„Jugendliche, die mit Alkoholvergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert | |
werden, werden jetzt schon direkt am Krankenbett beraten und auch danach | |
nicht mehr vom Haken gelassen“, sagt sie. Auch andere Kampagnen, wie „Be | |
smart, don’t start“ könnten ihrer Meinung nach Jugendliche vom | |
Alkoholkonsum abhalten. | |
Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, Jugendliche möglichst lange vom | |
Drogenkonsum abzuhalten. Wer erstmals vor seinem oder ihrem fünfzehnten | |
Lebensjahr konsumiert, hat ein fast doppelt so hohes Risiko einen | |
problematischen Konsum zu entwickeln, wie Jugendliche, die später das erste | |
Bier, die erste Zigarette, oder den ersten Joint zu sich nehmen. So | |
schreibt es die Fachstelle Sucht in der Studie. | |
Jugendliche mit Suchtproblemen eint, dass sie deutlich negativer als ihre | |
Altersgenossen über sich selbst und das Leben im Allgemeinen denken. | |
Besonders junge Mädchen leiden oft unter einem geringen Selbstwertgefühl. | |
Erstmals in der Geschichte der Schulbus-Studie sank der Durchschnittswert | |
bei der Zufriedenheit mit der eigenen Person, auf einer Skala von -3 bis 3, | |
auf unter null bei weiblichen Befragten. | |
## Internetkonsum im Fokus der Behörde | |
Männliche Jugendliche kommen hier zumindest noch auf einen Wert von eins. | |
Der Unterschied zeigt sich laut Studie vor allem in der Internetnutzung. | |
Hier entwickeln junge Mädchen in Bremen und Hamburg rund dreimal [3][öfter | |
eine problematische Nutzung] als ihre männlichen Altersgenossen. Insgesamt | |
ist etwa jede*r fünfte Jugendliche betroffen. | |
„Junge Menschen müssen zwangsläufig Zeit im Internet verbringen. Deswegen | |
ist es wichtig, dass sie mit ausreichender Medienkompetenz ausgestattet | |
werden“, sagt Baumgärtner. Es müsse auch mehr Alternativangebote für | |
Jugendliche geben, um sie vom Bildschirm wegzuholen. Senatorin Leonhard | |
möchte jetzt den Internetkonsum von Jugendlichen stärker in den Fokus | |
nehmen. | |
„Genau hinsehen müssen wir außerdem bei denjenigen, die schon vor der | |
Pandemie Drogen konsumiert haben“, sagt sie. Denn trotz aller erfreulichen | |
Tendenzen [4][trinkt immer noch fast jede*r sechste Jugendliche] in | |
Hamburg und Bremen zu viel. | |
14 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.sucht-hamburg.de/information/publikationen/408-schulbus-gesamtb… | |
[2] /Neue-Jugenddroge-Benzodiazepine/!5791470 | |
[3] /Digitale-Gewalt-gegen-Frauen/!5813914 | |
[4] /Alkoholmissbrauch-bei-Jugendlichen/!5758847 | |
## AUTOREN | |
Ben Reddig | |
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