# taz.de -- Streik der GEW: Kritik ist unberechtigt | |
> Immer größer wird die Kritik am jüngsten Streik der Lehrerinnen und | |
> Lehrer. Dabei ist es der Senat, der bislang vor allem durch Untätigkeit | |
> glänzt. | |
Bild: Schon vor mehr als einem Jahr haben Lehrerinnen und Lehrer in Berlin gest… | |
Menschen zu kritisieren, die aus guten Gründen ihr Grundrecht auf Streik | |
wahrnehmen, ist ein leidiger, aber fester Bestandteil deutscher Kultur. Der | |
Warnstreik der Berliner Lehrer:innen am Mittwoch, zu dem die | |
Bildungsgewerkschaft GEW aufgerufen hatte, bildet da keine Ausnahme. | |
[1][„Illusorisch“ seien die Forderung nach kleineren Klassen angesichts des | |
Lehrkräftemangels, bemängelt Guido Richter], der Co-Vorsitzende der | |
Berliner Grundschulleitervereinigung, gegenüber dem Tagesspiegel. Ein | |
Warnstreik, inmitten der Abiprüfungen, „schadet primär den Schülern“, | |
kritisiert Landesschülersprecher Aimo Görne. Zudem sei die GEW nach drei | |
Jahren und insgesamt 18 Streiktagen noch keinen Schritt weitergekommen, | |
moniert der Elternausschuss. | |
Dabei sind die fast schon regelmäßigen, aber kurzen Warnstreiks der | |
Lehrer:innen noch eine verhältnismäßig milde Form, auf eine Krise | |
aufmerksam zu machen, die die Funktionsfähigkeit unseres Schulsystems | |
grundlegend infrage stellt: der Lehrkräftemangel. | |
Illusorisch ist hingegen die Haltung, man könne so weiter machen wie | |
bisher. Ganz vorne mit dabei ist der Senat, der scheinbar davon ausgeht, | |
die Krise würde sich irgendwann von alleine in Luft auflösen. Denn bislang | |
reagiert der Senat überhaupt nicht auf die Forderungen der Gewerkschaft. | |
Das Ziel der GEW ist es, mit dem geforderten „Tarifvertrag | |
Gesundheitsschutz“ die Klassengrößen zu verkleinern und so die | |
Arbeitsbedingungen der Lehrer:innen deutlich zu verbessern. So soll das | |
unter den derzeitigen Bedingungen akut Burnout-gefährdete Personal im Beruf | |
gehalten werden. Pro Jahr verlassen 1.000 Lehrer:innen vorzeitig den | |
Beruf, dazu kommen die überproportional vielen Eintritte ins Rentenalter. | |
Bessere Arbeitsbedingungen helfen auch, den Beruf wieder attraktiver zu | |
machen. Um die Lücken zu füllen, müssen deutlich mehr Lehrer:innen | |
ausgebildet werden. | |
## Senat ist ohne Plan | |
Diesen Plan zu kritisieren, ist absolut legitim. Arbeitskräfte werden | |
schließlich auch in anderen Branchen knapp. Nur müsste man dann auch einen | |
Gegenvorschlag bringen, wie der Krise im Bildungssystem beizukommen ist. | |
Hier hat der Senat bisher wenig vorzuweisen. Wie schon die | |
Vorgängerregierung setzt Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) | |
alleine auf Quereinsteiger:innen und hofft, dass die zahlreichen | |
Werbekampagnen schon irgendwie zünden werden. Eine glaubhafte, langfristige | |
Strategie ist das nicht. | |
Auch der aktuelle Vorstoß der Bildungssenatorin, dass Referendar:innen | |
nun mehr Unterrichtsstunden leisten müssen, steht stellvertretend für die | |
Art des Senats, Krisen zu bewältigen – nur an Symptomen kurieren und immer | |
auf den Rücken der Beschäftigten. Unendlich viel mehr werden auch die | |
Referendar:innen nicht arbeiten können, attraktiver macht die | |
Entscheidung die Ausbildung auch nicht. | |
Dabei fordern die Lehrer:innen genau das. Keine sofortige Reduktion der | |
Klassengrößen, sondern lediglich einen verbindlichen Weg, wie diese zu | |
erreichen ist – darüber, wie lange es braucht, ließe sich ja streiten, wenn | |
der Senat mal bereit dazu wäre. | |
Wenn es beim Streik der GEW was zu kritisieren gibt, dann nicht die | |
streikenden Lehrer:innen, sondern die Untätigkeit des Berliner Senats. | |
25 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/kritik-am-erneuten-berliner-lehrerstreik… | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
## TAGS | |
Bildungspolitik | |
Lehrer | |
Schwarz-rote Koalition in Berlin | |
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