# taz.de -- Sponsoren bei den Spielen: Nicht jeder darf „Olympia“ sagen | |
> Das IOC rühmt sich fehlender Werbetafeln. Aber das Symbol der Ringe wird | |
> massiv vermarktet. Mit fragwürdigen Mitteln. | |
Bild: Sehr teuer und gut bewacht: die Olympischen Ringe | |
Selbst dem größten Sportmuffel dürfte aufgefallen sein, dass die | |
Olympischen Spiele in den Wettkampfarenen im Großen und Ganzen werbefrei | |
sind. Es gibt keine Bandenwerbung, und die Brust der Athleten ist frei von | |
Logos. | |
Das wirkt in Zeiten omnipräsenter Werbetafeln angenehm altmodisch. Aber der | |
Schein trügt, denn auch die Sommerspiele in Tokio werden ein Hotspot der | |
Olympiasponsoren sein, ein globaler Marktstand, dessen Aufseher genau | |
darauf achten, wer seine Waren anpreisen darf und wer nicht. Es gibt einen | |
Klub der exklusiven Sponsoren, die sich das Recht erkauft haben, mit den | |
olympischen Ringen zu werben. | |
An einem zentralen Ort in Tokio sollte es auch diesmal wieder ein | |
Sponsorendorf geben, eine Art Jahrmarkt, der zumindest in der Vergangenheit | |
Scharen von Schnäppchenjägern und Schaulustigen angezogen hat. Fans | |
stellten sich gerne schon einmal eine Stunde an, um einen Beutel mit | |
Krimskrams von Samsung oder Coca-Cola abzustauben. | |
Das Internationale Olympische Komitee weiß, welchen Marketingschatz es in | |
den Händen hält. Es lässt sich deswegen regelmäßig seine Rechte in den | |
Austragungsländern schützen. In Deutschland ist das sogenannte | |
[1][Olympiaschutzgesetz] 2004 mit den Stimmen aller im Bundestag | |
befindlichen Parteien angenommen worden. Seinerzeit liebäugelte der | |
Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) damit, 2012 in Leipzig die Olympischen | |
Spiele auszurichten. Und die deutsche Politik war nur allzu gern bereit, | |
den Olympiafunktionären den roten Teppich auszurollen. | |
## Mit einem Schutzgesetz gegen „Olympiastrudel“ | |
Aus Leipzig wurde nichts, aber das Schutzgesetz blieb. Geschützt sind auch | |
die Wörter „Olympiade“, „Olympia“, „olympisch“ und, wie es weiter … | |
„alle diese Wörter allein oder in Zusammensetzung sowie die entsprechenden | |
Wörter oder Wortgruppen in einer anderen Sprache“. Das hat immer wieder für | |
Ärger gesorgt, denn was passiert mit dem Bäcker von der Schwäbischen Alb, | |
der kurz vor den Spielen einen Olympiastrudel anbietet, oder was mit der | |
Kontaktlinsenfirma, die einen „Olympiarabatt“ einräumt und mit | |
„olympischen Preisen“ wirbt? Machen die sich etwa strafbar? Und warum ist | |
der Begriff „Olympia“ überhaupt geschützt, wo es sich doch auch um eine | |
antike Stätte handelt? Betreibt der Strudelbäcker Ambush Marketing, hängt | |
sich also wie ein Parasit an das fette Wirtstier Olympia? | |
Im Fall der Kontaktlinsenfirma, den der DOSB zur Anzeige brachte, hat der | |
[2][Bundesgerichtshof] 2014 geurteilt: Die Verwendung der Begriffe „als | |
solche“ stelle „keine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung der | |
Olympischen Spiele oder der Olympischen Bewegung dar“. Der Jurist Carsten | |
Momsen, der das Schutzgesetz für „ein Unicum und Novum“ zugleich hält, hat | |
angemahnt, es im Einzelfall „weniger ausgreifend“ auszulegen. | |
Dieser Ansicht ist wohl auch das [3][Bundeskartellamt], das den rigiden | |
Markenschützern im DOSB und dem IOC einen deutlichen Rüffel erteilte und | |
damit zur Lockerung der Olympiaregel 40 vor Tokio beigetragen hat, also | |
dem strikten Werbeverbot für Athleten während der Spiele. DOSB und IOC sind | |
nach Ansicht des Bundeskartellamtes marktbeherrschend auf dem Markt für die | |
Organisation und Vermarktung der Olympischen Spiele. Das gehe so nicht. | |
Die eigentlichen Leistungsträger der Spiele, argumentiert das Amt, könnten | |
von den Werbeeinnahmen des IOC durch offizielle Sponsoren nicht | |
profitieren. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere müssten sie sich aber | |
irgendwie selbst vermarkten können. Seitdem geht ein bisschen mehr für | |
deutsche und alle anderen Olympiasportler. In den sozialen Medien dürfen | |
sie zum Beispiel Hashtags nutzen wie #summergames2020 oder | |
#athletenameGames. Das hat etwas sehr Gönnerhaftes und kann nur ein Anfang | |
sein in der Gewährung von mehr Athletenrechten. | |
23 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.buzer.de/gesetz/4636/index.htm | |
[2] https://lexetius.com/2014,3770 | |
[3] https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Meldung/DE/Pressemitteilungen/20… | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
## TAGS | |
Kolumne Olympyada-yada-yada | |
IOC | |
Olympische Spiele | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2021 | |
Kolumne Olympyada-yada-yada | |
Kolumne Olympyada-yada-yada | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2021 | |
Schwerpunkt Fußball-EM 2021 2024 | |
Kolumne Olympyada-yada-yada | |
Kolumne Olympyada-yada-yada | |
Kolumne Olympyada-yada-yada | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Olympiapionier Willibald Gebhardt: Kampf gegen deutsche Borniertheit | |
Willibald Gebhard war eigentlich Chemiker. Dann stellte er 1896 trotz | |
Widerständen ein deutsches Team für die olympischen Spiele in Athen auf die | |
Beine. | |
Olympische Berichterstattung: Mediale Zerfaserung | |
Das IOC mag mit aufwendig produzierten Olympiavideos jüngere Fans gewinnen. | |
Die TV-Quoten der Spiele in Tokio sind dennoch miserabel. | |
Bogenschützin Deepika Kumari: Für Indien nach Tokio | |
Sie steht an der Spitze der Weltrangliste im Bogenschießen. Nun möchte die | |
junge Frau das erste Mal eine olympische Medaille nach Hause bringen. | |
Ronaldos Cola-Verzicht bei der EM: Geht’s raus und trinkt’s Wasser! | |
Cristiano Ronaldo hat bei einer Pressekonferenz Flaschen des EM-Sponsors | |
Coca-Cola aus dem Kameraausschnitt entfernt. Was bedeutet das? | |
Olympia in Tokio: Hochamt der Muskelreligiösen | |
Warum die Olympischen Sommerspiele unverzichtbar sind für eine | |
Sportgemeinde, die einen Ausweg aus dem Verbotsparadigma sucht. | |
Geschichte des Sportsponsorings: Olympischer Malztrunk | |
Wie kam das Schweizer Getränkepulver Ovomaltine ins Olympische Dorf der | |
Spiele von 1936? Eine Erkundung aus der Frühzeit der Eventsponsorings. | |
Olympia und die Zigarette: Wenn sich der Rauch lichtet | |
Haben Olympiaveranstalter jemals Sponsorengeld der Tabakindustrie | |
angenommen? Und wie. Ein Blick in die Geschichte offenbart Erstaunliches. |