# taz.de -- Spekulation an der Börse: Hohe Verluste durch Leerverkäufe | |
> Kleinanleger haben die großen Hedgefonds geschickt attackiert. Doch auch | |
> sie dürften viel Geld verloren haben. Netflix will das Börsendrama | |
> verfilmen. | |
Bild: Rebel without a cause? Graffiti zur Gamestop-Aktie vor der Wallstreet | |
BERLIN taz | Die Turbulenzen rund um die Aktie GameStop sind großes Kino. | |
Es wirkt wie ein Kampf von David gegen Goliath, bei dem Tausende von | |
Kleinanlegern mächtige Hedgefonds in die Knie zwingen. Die Wahrheit ist | |
komplizierter. | |
Zunächst: [1][GameStop ist relativ wertlos.] Das Unternehmen verleiht und | |
verkauft Videospiele sowie Zubehör fürs Zocken. Weltweit gibt es noch rund | |
5.000 Filialen, doch seit 2016 laufen Verluste auf, weil sich | |
[2][Computerspiele aus dem Internet] herunterladen lassen. | |
Große Hedgefonds haben daher darauf gewettet, dass der Aktienkurs von | |
GameStop fällt. Also nutzten sie [3][Leerverkäufe]: Dabei leihen sich | |
Spekulanten Aktien und verkaufen sie sofort. Ist die Leihfrist abgelaufen, | |
werden neue Aktien erworben und dem Verleiher zurückgegeben – was einen | |
Gewinn abwirft, wenn der Kurs gefallen ist. | |
Allerdings bleibt ein Risiko: Wenn viele Leerverkäufer gleichzeitig Aktien | |
kaufen müssen, um sie an die Verleiher zurückzugeben, kann der Kurs | |
plötzlich steigen – und den Gewinn zunichtemachen. Ein solcher „short | |
squeeze“ war bei GameStop wahrscheinlich, weil zeitweise 140 Prozent der | |
Aktien leerverkauft waren. Es gab also mehr Leerverkäufe als Aktien. | |
## Riesenverluste für Hedgefonds | |
Kleinanleger haben daher darauf gesetzt, dass die Kurse zulegen würden – | |
was auch eintrat, zumal so viele Hobby-Spekulanten einstiegen. Anfangs war | |
die GameStop-Aktie 17 Dollar wert – und schoss dann auf 483 Dollar. | |
Hedgefonds sollen etwa 20 Milliarden Dollar verloren haben, weil sie ihre | |
leerverkauften Aktien teuer neu erwerben mussten. | |
Für Kleinanleger ist es leicht, sich zu koordinieren. Führend ist das | |
Onlineforum „wallstreetbets“, um Aktientipps auszutauschen. Auch der Handel | |
ist einfach, seitdem es kostenlose Apps wie „Robinhood“ oder „Trade | |
Republic“ gibt. | |
Am 28. Januar begrenzten diese Apps aber plötzlich den Kauf von | |
GameStop-Aktien. Prompt witterten die Kleinanleger eine Verschwörung: | |
„Robinhood“ wolle die großen Hedgefonds schützen. | |
Der natürliche Verfall | |
Es dürfte trivialer sein: Die Plattformen müssen Kapital hinterlegen, um | |
den Handel abzusichern. Als plötzlich massenhaft GameStop-Aktien erworben | |
wurden, reichte dieses Kapital nicht mehr. Investoren mussten erst Geld | |
nachschießen, bevor unbegrenzter Handel wieder möglich war. Dennoch will | |
die US-Börsenaufsicht „SEC“ nun untersuchen, ob es Insidergeschäfte gab. | |
Am Freitag war die GameStop-Aktie nur noch 63 Dollar wert. Denn der Kurs | |
sinkt automatisch, sobald viele Spekulanten versuchen, ihre Gewinne | |
mitzunehmen. Gleichzeitig dürften viele Kleinanleger viel Geld verloren | |
haben, weil sie zu Kursen eingestiegen sind, die weit höher lagen. | |
Der Trubel um GameStop war jedenfalls filmreif, wie auch Netflix findet. | |
Der Streamingdienst hat bereits angekündigt, dass ein Drehbuch in Arbeit | |
ist. | |
8 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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