# taz.de -- Rassismus im Gesundheitswesen: Arzttermine nach Hautfarbe | |
> Schwarze, muslimische und asiatische Menschen werden laut einer | |
> repräsentativen Studie im Gesundheitswesen deutlich benachteiligt. Das | |
> hat Folgen. | |
Bild: Hautfarbe oder Nachname entscheiden oft, wer wann einen Arzttermin erhält | |
BERLIN dpa/afp/taz | Je diskriminierter, desto kränker: Das ist eines der | |
Ergebnisse des [1][ersten Berichts] zum Nationalen Rassismus- und | |
Diskriminierungsmonitor, den das Deutsche Zentrum für Integrations- und | |
Migrationsforschung (Dezim) am Dienstag veröffentlichte. „Rassistisch | |
markierte Personen erhalten zum Beispiel schlechter Termine und finden | |
weniger Gehör mit ihren Leiden“, sagte der Direktor des Dezim-Instituts, | |
Frank Kalter. | |
Schwarze, muslimische oder asiatische Menschen geben laut Bericht jeweils | |
mehr als doppelt so häufig wie der Rest der Bevölkerung an, im letzten Jahr | |
medizinische Behandlungen aus Angst vor Schlechterbehandlung verzögert oder | |
vermieden zu haben. Auch Angststörungen oder depressive Symptome hingen | |
demnach mit Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen zusammen. Weil diese | |
gleichzeitig zu einer schnelleren Aufgabe bei der Terminsuche führten, | |
verstärkten sich Ungleichheitsmechanismen gegenseitig. | |
Hautfarbe oder Nachname dürften niemals entscheiden, wer wann den | |
Arzttermin oder den Therapieplatz erhält, wie gut die medizinische | |
Versorgung sei, mahnte die Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, | |
Reem Alabali-Radovan, nach Veröffentlichung des Berichts. Ärzt*innen, | |
Pflegepersonal und Krankenhäuser bräuchten „passgenaue | |
Antirassismus-Schulungen und -Konzepte“. | |
Gerade im sensiblen Gesundheitsbereich dürfe eine „vielfältig | |
zusammengesetzte Gesellschaft wie die deutsche nicht mehr über die | |
Diskriminierung ganzer Bevölkerungsgruppen hinwegsehen“, sagte der | |
Präsident der Hamburger Ärztekammer, Neurochirurg Dr. Pedram Emami, dem | |
NDR. | |
## Jeder zweite Schwarze Mensch erlebt Rassismus | |
Neben dem Schwerpunkt Gesundheitswesen beleuchtet der Bericht auch die | |
Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen in anderen Lebensbereichen. | |
Schwarze Menschen sind als Gruppe demnach am häufigsten von | |
Diskriminierungen in Deutschland betroffen. Mit 54 Prozent berichtet mehr | |
als jeder zweite Schwarze Mensch von [2][Rassismuserfahrungen in der | |
Öffentlichkeit]. | |
Fast jede fünfte Schwarze Frau – 19 Prozent – gab an, immer wieder | |
Bedrohungen oder Belästigungen zu erfahren, bei den Schwarzen Männern sind | |
es 18 Prozent. Noch häufiger als offene Diskriminierungen sind laut Studie | |
aber subtile Diskriminierungen: 37 Prozent aller Schwarzen Männer gaben | |
demnach an, dass ihnen regelmäßig mit Angst begegnet wird. Das ist damit | |
viermal so häufig der Fall wie bei – nach Selbstidentifikation – nicht | |
rassistisch markierten Männern. | |
Mit 20 Prozent berichtete auch jede fünfte Schwarze Frau, dass ihr immer | |
wieder mit Angst begegnet wird. Bei den nicht rassistisch markierten Frau | |
machten nur 4 Prozent diese Erfahrung. | |
Asiatische und muslimische Menschen berichteten ebenfalls von | |
Diskriminierungserfahrungen. Laut Studie waren 12 Prozent der asiatischen | |
Männer und 13 Prozent der asiatischen Frauen von offenen Diskriminierungen | |
betroffen sowie jeweils 20 Prozent und 10 Prozent von subtilen | |
Diskriminierungen. | |
Bei muslimischen Männern und Frauen liegen die Anteile bei 13 | |
beziehungsweise 14 Prozent bei der offenen und 28 beziehungsweise 15 | |
Prozent bei der subtilen Diskriminierung. Die Befragten erlebten | |
Diskriminierung demnach sowohl [3][bei der Polizei] und Behörden als auch | |
in der Öffentlichkeit und im Freizeitbereich. | |
## Mehr Anlaufstellen für Betroffene | |
„Die Intensität sowie die Konsequenzen erlebter Diskriminierung sind in | |
Deutschland ungleich verteilt“, erklärte die Direktorin des | |
Dezim-Instituts, Naika Foroutan. Am häufigsten treffe es | |
Bevölkerungsgruppen, die rassistisch markiert seien und deren Zugehörigkeit | |
zu Deutschland immer wieder Gegenstand der öffentlichen Debatten sei: | |
Schwarze, asiatische und muslimische Menschen. | |
Die Wissenschaftler*innen untersuchten von Juni bis November 2022 die | |
Diskriminierungserfahrungen von Menschen in Deutschland. An der | |
repräsentativen Befragung nahmen den Angaben zufolge mehr als 21.000 | |
Menschen teil. | |
„Diskriminierung und Rassismus schaden dem Zusammenleben in unserer | |
Demokratie“, erklärte die Antidiskriminierungsbeauftragte der | |
Bundesregierung, Ferda Ataman. Diesen Zusammenhang lege die Studie | |
„schonungslos offen“. Deutschland müsse mehr gegen Rassismus tun, forderte | |
Ataman. Nötig seien mehr unabhängige Meldestellen für Betroffene und ein | |
Ausbau des Netzes an Antidiskriminierungs- und Opferberatungsstellen. | |
Eine „Antirassismus-Offensive“ forderte Antirassismusbeauftragte Reem | |
Alabali-Radovan. „Wer Rassismus erfährt, darf nicht allein gelassenwerden | |
und muss sich wehren können.“ Alabali-Radovan kündigte deshalb an, ein | |
Antirassismus-Beratungsnetzwerk Deutschlands an bundesweit 32 Standorten zu | |
starten. | |
7 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.rassismusmonitor.de/fileadmin/user_upload/NaDiRa/Rassismus_Symp… | |
[2] /Studie-zu-Leben-Schwarzer-Menschen/!5968869 | |
[3] /Schwerpunkt-Polizeigewalt-und-Rassismus/!t5008089 | |
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