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# taz.de -- Rassismus an der Diskotür: Feiern nur mit Aufenthaltstitel
> Ein junger Afghane wird in einer Braunschweiger Disko abgewiesen. Die
> Stadt verweist auf verstärkte Integrationsbemühungen.
Bild: Eine ausgelassene Party gibt es in Braunschweig offenbar nicht für alle
Göttingen taz | Der 10. September war ein fast normaler Freitag: Die
Corona-Maßnahmen sind gelockert, die Braunschweiger Discotheken haben
geöffnet, neben vielen anderen Jugendlichen sind auch die jungen Afghanen
H. und A. in der Stadt unterwegs. Gegen Mitternacht, so schildert es eine
Frau, die H. seit fünf Jahren als Bildungspatin betreut und kennt, wollen
die beiden die Disco „Eulenglück“ in der Innenstadt betreten.
Am Eingang werden sie von Türstehern aufgehalten, müssen ihre Ausweise
vorzeigen. H., der einen [1][Aufenthaltstitel für Deutschland] hat, darf
rein. A. dagegen nicht. Er verfügt lediglich über einen Duldungsausweis.
„Mit dem kommst du hier nicht rein“, sollen die Security-Leute gesagt
haben. Weil seinem Freund der Zutritt verwehrt wird, verzichtet auch H.
enttäuscht auf den Disco-Besuch.
„Die Eintrittsverweigerung war vollkommen willkürlich“, beschwerte sich die
Patin eine Woche später schriftlich bei Braunschweigs Oberbürgermeister
Ulrich Markurth. Der Brief liegt der taz vor. „Beide jungen Männer waren
ordentlich gekleidet, geimpft und haben sich regelkonform verhalten.“
H. und A. haben nach Angaben der Patin einen Schulabschluss erworben,
werden in einem halben Jahr ihre Ausbildung als Zahntechniker und Erzieher
abschließen. Sie seien bestens integriert und strebten die deutsche
Staatsbürgerschaft an. Die Abweisung der Freunde an der Disco-Tür sei im
Übrigen kein Einzelfall gewesen, schreibt die Bildungspatin weiter: „Mir
ist in den letzten Jahren immer wieder über gleiche Zurückweisungen auch
anderer junger Afghanen berichtet worden.“
## Fälle auch schon in der Vergangenheit
Das hat auch die im Stadtrat vertretene Bürgerinitiative Braunschweig
(BIBS) schon beobachtet. In [2][einer Anfrage zur Ratssitzung] am 5.
Oktober weist sie darauf hin, dass „Meldungen über solch diskriminierendes
Verhalten an den Türen der Braunschweiger Clubszene bereits in der
Vergangenheit aufgetreten“ seien.
Die Stadtverwaltung hatte nach entsprechenden Meldungen in den Jahren 2017
und 2018 durch Stichproben das Verhalten von Türstehern bei
Einlasskontrollen überprüft. Als sich herausstellte, dass den Testpersonen
mit Migrationshintergrund in vier von sechs Discotheken der Einlass
verweigert wurde, hat die Stadt gegen das betreffende Personal
Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Im November 2018 teilte die
Verwaltung dann mit, dass sich der Anfangsverdacht gegen zwei Discotheken
nach Gesprächen mit den Betroffenen nicht erhärtet habe und die Verfahren
eingestellt wurden.
Mit Blick auf den aktuellen Fall fragt die BIBS: „Wie reagiert die Stadt
auf diese erneute Beschwerde über Diskriminierung und Rassismus bei
Einlasskontrollen in einer Braunschweiger Discothek und wird sie die
stichprobenartigen Kontrollen des Personals des betroffenen Clubs
wiederaufnehmen?“
„Wir gehen dem Fall nach, bestätigen können wir ihn nicht“, sagte
Stadtsprecher Adrian Foitzik der taz. Bei der aktuellen Beschwerde handele
es sich um die erste in den vergangenen drei Jahren, erklärt die Verwaltung
in ihrer Antwort und räumt ein: „Dies dürfte sicherlich in Teilen der
zeitweise erfolgten Schließung der Clubs und Discotheken wegen der
Coronaschutzmaßnahmen geschuldet sein.“
## Untätigkeit will sich die Stadt nicht nachsagen lassen
Die Verwaltung will nun zunächst die Betreiberin des „Eulenglück“ um eine
Stellungnahme bitten. Parallel dazu werde, sofern die Betroffenen als
Zeugen zur Verfügung stehen, die Einleitung eines
Ordnungswidrigkeitenverfahrens geprüft. „Die Ordnungsverwaltung wird das
Thema mit der künftigen Antidiskriminierungsstelle erörtern und mit dieser
gemeinsam weitere Lösungsmöglichkeiten erarbeiten“, heißt es in der
Antwort der Verwaltung.
Untätigkeit beim Thema Rassismus will sich die Stadt jedenfalls nicht
nachsagen lassen. Sprecher Foitzik verweist auf die „umfangreichen
integrativen Projekte und Initiativen für Vielfalt und gegen
Diskriminierung“. So wurde Braunschweig 2015 in das [3][Bundesprogramm
„Demokratie leben!“] aufgenommen. Die Initiative will Gewalt und
gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit abbauen und Vielfalt, Toleranz und
Demokratie fördern. „Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit ist ein
Querschnittthema, das in allen gesellschaftlichen Milieus und sozialen
(Lebens-)Bereichen vorkommt“, heißt es dazu. „Um aktiv dagegen anzugehen
sind alle Braunschweiger und Braunschweigerinnen gefragt.“
11 Oct 2021
## LINKS
[1] /Studie-zu-Einwanderung-nach-Deutschland/!5730807
[2] http://www.bibs-fraktion.de/fileadmin/user_upload/Diskriminierung_in_Brauns…
[3] https://www.braunschweig.de/leben/soziales/migration/angebote_projekte/demo…
## AUTOREN
Reimar Paul
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