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# taz.de -- Putins Rede an die Nation: „Westen hat den Krieg losgetreten“
> Vor dem Jahrestag des Überfalls macht Putin den Westen für den
> Ukraine-Krieg verantwortlich. Aus dem New-Start-Vertrag mit den USA will
> er raus.
Bild: Von Friedenstauben keine Spur: Sewastopol auf der von Russland besetzten …
Moskau taz | Zum Ende hin, die ersten Gäste im Moskauer
Veranstaltungszentrum Gostiny Dwor haben bereits zu gähnen begonnen, holt
Wladimir Putin doch noch den Hammer aus: Russland werde seine Teilnahme am
New-Start-Nuklearabkommen aussetzen, verkündet der russische Präsident am
Dienstag in seiner Rede an die Nation, die von allen staatlichen
Fernsehsendern übertragen wurde.
Ein definitiver Ausstieg aus dem nuklearen Rüstungsvertrag mit den USA sei
das zwar nicht. Sollten die Amerikaner allerdings ihre Waffen testen, so
werde Moskau das auch tun, so der Kremlchef. Der New-Start-Vertrag begrenzt
die Nuklear-Arsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und 1.550
einsatzbereite Atomsprengköpfe. Erst 2021 war die Laufzeit des Abkommens um
fünf Jahre verlängert worden.
Was Putins Ankündigung tatsächlich bedeutet, ob mehr dahintersteckt als die
Rhetorik eines sich immer weiter radikalisierenden Präsidenten, wird sich
zeigen. Die Schlagzeile aber ist dem russischen Oberbefehlshaber, der sich
im Kampf mit dem „neoliberalen Totalitarismus des Westens“ sieht, gewiss.
Seine Botschaft: Jegliche Zusammenarbeit mit den USA hat keinen Wert. Sein
Hauptanliegen ist die „Front“: Armee, Wirtschaft, Politik, Kirche, Bildung,
Soziales – jeder Bereich in Russland soll mobilisiert werden. Nur die
„echten Patrioten“ seien in einem „großzügigen, unverwüstlichen, stark…
Russland“ zu Hause, so der Kremlchef weiter.
Wenige Tage [1][vor dem ersten Jahrestag des russischen Überfalls] auf die
Ukraine ist Putins Rede mit Spannung erwartet worden. Dabei nutzte er den
Auftritt einmal mehr, um die Verantwortung an der „militärische
Spezialoperation“ im Nachbarland von sich zu weisen: „Der Westen hat diesen
Krieg losgetreten, und wir wenden Gewalt an, um ihn zu beenden.“
## Putin ist kein perfides Narrativ zu schade
Das ist die bekannte offizielle Umdeutungsstrategie Moskaus. Putin ist sich
seines „Rechts“ und seiner „Wahrheit“ sicher. „Sie spucken drauf, wen…
für ihre Wetteinsätze gegen uns gebrauchen. Sie haben schon in den 30er
Jahren einen Krieg gegen uns entfacht. Und jetzt versuchen sie es wieder,
um uns endgültig zu schlagen“, behauptet er.
Dabei kämpfe Russland keineswegs gegen das ukrainische Volk, es sei der
„verlogene Westen“, der das Land besetzt halte und alle Ukrainer*innen
als Gebrauchsmaterial und das Land als Waffenplatz gegen Russland einsetze.
Ihr Ziel dabei ist es, uns die historischen Territorien, die jetzt Ukraine
heißen, zu entreißen.“ „Sie“, das ist der Westen, das sind die USA. Dem
Kremlchef ist kein perfides Narrativ zu schade, um sein Land darauf
einzuschwören, dass der Krieg lange dauern wird.
Knapp zwei Stunden lang wiederholt er Versatzstücke seiner Erzählung vom
„geduldigen, stets auf Ehrlichkeit hinauswollenden, vom degenerierten
Westen aber lange Zeit vertrösteten und beleidigten Russland“. Im Publikum
sitzen auch einige aus der Ukraine zurückgekehrte Soldaten in
Ehrenuniformen und mit Krücken.
Die meisten Menschen im Land glauben Putins Erzählung, sie haben sie längst
zu ihrer gemacht und stehen hinter ihrem Präsidenten, der auch am Dienstag
von „einem Land, einem Volk, einer Wahrheit“ spricht. Und weiter: „Wir
werden alles tun für die Sache. Wir werden alles tun für den Sieg“, sagt
er, die Gäste applaudieren. Was dieses „alles“ aber ist, erläutert er
nicht. Die Menschen, spätestens seit Ausrufung der Mobilisierung in
Alarmbereitschaft, würden durchaus gern wissen, wie dieser Krieg
weitergehen und wie er beendet werden soll.
Konkretes aber liefert Putin nicht. Der Krieg ist für ihn Mittel, um sein
Land umzubauen. Wirtschaftlich, politisch, auch moralisch. Es soll eine Art
„neuer Russe“ entstehen: einer, der für den Kampf fürs Vaterland „alles
gibt“ und [2][dabei nichts in Frage stellt.] „Wir sind uns in unserer
Stärke sicher“, ruft Wladimir Putin noch. Hymne. Standing Ovations. Der
Krieg kann weitergehen.
21 Feb 2023
## LINKS
[1] /Angst-vor-mehr-russischen-Angriffen/!5916933
[2] /Repression-in-Russland/!5913826
## AUTOREN
Inna Hartwich
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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