# taz.de -- Proteste in Georgien: Razzien und Festnahmen | |
> Die Behörden gehen weiter massiv gegen ihre Kritiker*innen vor. Der | |
> Ombudsmann zeigt sich ob massiver Polizeigewalt alarmiert. | |
Bild: Kunstschaffende protestieren vor dem Rustaveli-Nationaltheater in Tbiliss… | |
Berlin taz | Sie lassen nicht locker: In Georgien gehen [1][die Proteste | |
gegen die Regierung auch den achten Tag in Folge weiter]. In der Hauptstadt | |
Tbilisi blockierten Demonstrant*innen am Donnerstag den zentralen | |
Rustaveli-Boulevard, nachdem der Direktor des Rustaveli Theaters | |
Kulturschaffenden den Zugang zu dem Gebäude verweigert hatte. | |
In der drittgrößten Stadt Kutaisi gingen erneut Student*innen auf die | |
Straße. Für den Abend war ein Marsch zum Rathaus angekündigt. Die Straße | |
zwischen Jvari und Mestia, die die beiden Provinzen Swaneti und Megrelien | |
miteinander verbindet, wurden von Protestierenden blockiert. Diese | |
verlangten Neuwahlen nach dem, eine Wiederaufnahme der Bemühungen auf dem | |
Weg hin zu einer EU-Integration sowie die Freilassung aller Personen, die | |
bei den Kundgebungen der vergangenen Tage festgenommen worden waren. Die | |
Opposition hatte nach den Parlamentswahlen am 26. Oktober massive | |
Fälschungsvorwürfe erhoben. | |
Die Proteste hatten am 28. November begonnen und waren mehrfach in | |
Gewaltexzesse seitens von Polizei- und Sicherheitskräften auch gegen | |
Journalist*innen ausgeartet. Ultimativer Auslöser war [2][die | |
Ankündigung von Ministerpräsident Irakli Kobachidze gewesen, die | |
Beitrittsverhandlungen mit der EU bis 2028 auf Eis zu legen]. Im Dezember | |
vergangenen Jahres hatte die Südkaukasusrepublik den Status eines | |
EU-Beitrittskandidaten erhalten. | |
In der Nacht zu Donnerstag waren die Sicherheitskräfte zwar nicht mehr ganz | |
so brutal gegen die Demonstrant*innen vorgegangen, hatten sich dafür | |
jedoch auf Razzien bei Oppositionellen verlegt. Bei einem dieser | |
„Hausbesuche“ wurde Nika Gwaramia festgenommen, einer der Vorsitzenden der | |
„Koalition für Veränderungen“. Ihm werden Rowdytum und Widerstand gegen d… | |
Polizei vorgeworfen. Laut seines Anwaltes sei er bei seiner Festnahme | |
massiv geschlagen worden. | |
## Schwere Gesichtsverletzungen | |
Laut Levan Ioseliani, Ombudsmann des Parlaments, seine bei den jüngsten | |
Protesten insgesamt 260 Personen festgenommen und davon 1988 von | |
Polizeikräften misshandelt worden. Sein Büro habe Haftanstalten in 15 | |
Städten besucht. Dabei seien alarmierende Fälle polizeilichen | |
Fehlverhaltens zutage getreten, inklusive der Festnahme des Vertreters der | |
Partei „Starkes Georgien“ Aleko Elisaschwili, der schwere | |
Gesichtsverletzungen erlitten hatte. Die Kausa sei einer | |
Spezialermittlungseinheit übergeben worden. Zudem seien die Rechte von | |
Bürger*innen in der Nähe von U-Bahn-Stationen während der Proteste | |
verletzt worden. | |
Unterdessen legten Vertreter der Regierungspartei Georgischer Traum (KO) am | |
Donnerstag mit Hasstiraden gegen die Opposition noch einmal nach. | |
Ministerpräsident Irakli Kobachidze sprach von einem Aufruhr, der aus dem | |
Ausland finanziert worden sei, um Radikalisierung und Polarisierung zu | |
befeuern. Ausländische Akteure wollten mit undurchsichtigen Mitteln eine | |
Revolution orchestrieren. Gelder aus dem Ausland stünden hinter diesem | |
„liberalen Faschismus“, der für den Staat destruktiv sei. | |
Erneut verteidigte Kobachidze das sogenannte Agentengesetz. Das Gesetz | |
hatte das Parlament trotz massiver Proteste im vergangenen Frühjahr | |
verabschiedet, seit August ist es in Kraft. Nichtregierungsorganisationen | |
und Medien, die mehr als 20 Prozent ihrer Finanzierung aus dem Ausland | |
erhalten, unterliegen einer verschärften Rechenschaftspflicht und müssen | |
sich in ein spezielles Register eintragen lassen. | |
Die Regierung werde alles tun, um derartige schädliche Gruppen und | |
Nichtregierungsorganisationen aus der politischen Landschaft zu | |
eliminieren, sagte Kobachidse. Eltern rief er dazu auf, ihre Kinder von | |
diesen „Brutstätten des liberalen Faschismus“ fern zu halten. | |
## Noch keine Sanktionen | |
Laut eines Berichts des georgischen Webportals JAMNews hätten sich bislang | |
382 Organisationen registrieren lassen. Informationen der georgischen | |
Statistikbehörde Geostat zufolge gebe es landesweit über 32.000 | |
Gruppierungen, davon seine 3900 aktiv. Bislang werden Organisationen, die | |
in Sachen Registrierung säumig sind, nicht sanktioniert. Das könnte sich | |
jedoch bald ändern. | |
Der georgische Politikanalyst Gia Nodia, den JAMNews zitiert, sieht die | |
Regierung so verletzlich wie nie zuvor. Selbst Bürger*innen, die in den | |
vergangenen 12 Jahren geschwiegen hätten, gingen jetzt auf die Straßen. Zum | |
ersten Mal gebe es ein Licht am Ende des Tunnels. | |
„Der Teil der Menschen, der als „Gesellschaft“ bezeichnet werden kann, | |
fordert Veränderungen und hat begriffen, dass ohne radikale Schritte, | |
nichts passieren wird“, so Nodia. „Ich weiß nicht, wie sich die Ereignisse | |
entwickeln werden, aber es eine reale Gelegenheit ist jetzt da und wir | |
dürfen sie nicht verpassen.“ | |
5 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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