| # taz.de -- Protest für mehr Lohn: Der Streik der Arbeitgeber_innen | |
| > Behinderte Arbeitgeber_innen besetzen den Haupteingang des Berliner | |
| > Abgeordnetenhauses. Sie kämpfen für höhere Löhne für ihre | |
| > Assistent_innen. | |
| Bild: Behinderte Aktivist_innen vor dem Berliner Abgeordnetenhaus | |
| Berlin taz | Sam liegt auf dem Boden vor dem Abgeordnetenhaus – wieder | |
| einmal. Gemeinsam mit etwa vier Dutzend Aktivist_innen mit und ohne | |
| Behinderungen hält Sam den Haupteingang besetzt. Einige liegen auf | |
| Isomatten, andere halten Schilder hoch, auf einem Banner steht: | |
| „Arbeitgeber_innen-Modell am Boden“. | |
| [1][Schon 2020 hatte Sam – Sams richtiger Name ist anders – hier | |
| protestiert.] Damals wie heute geht es den Demonstrant_innen um höhere | |
| Löhne für ihre Assistent_innen. | |
| Denn Sam ist, wie viele andere hier, behinderte_r Arbeitgeber_in, das | |
| heißt, die Assistenzkräfte, die Sam im Alltag unterstützen, sind nicht über | |
| einen Assistenzdienst angestellt, sondern direkt bei Sam. | |
| Dieses sogenannte Arbeitgeber_innenmodell wurde „hart erkämpft“, erklärt | |
| Sam, „für uns bedeutet es maximale Selbstbestimmung“. Es werde aber immer | |
| schwieriger, Assistent_innen zu finden, denn die Bezahlung ist | |
| vergleichsweise schlecht: 2019 hatten die beiden großen [2][Berliner | |
| Assistenzdienste Haustarifverträge] abgeschlossen. | |
| Seitdem werden die Assistent_innen dort nach Entgeltgruppe 5 (TV-L) | |
| bezahlt. Die im Arbeitgeber_innen-modell Beschäftigten sind damit zwei | |
| Entgeltstufen niedriger eingestuft als ihre Kolleg_innen bei den Diensten. | |
| Hinzu kommt: Bei Ausfällen müssen sie spontan einspringen. Die | |
| Arbeitsbelastung ist für sie also höher. | |
| Daher wollten die behinderten Arbeitgeber_innen nachziehen und haben als | |
| neugegründete Tarifgemeinschaft „Arbeitsgemeinschaft der | |
| Arbeitgeber*innen mit Persönlicher Assistenz“ mit der Gewerkschaft | |
| Verdi eine Tarifeinigung erzielt, die höhere Löhne für die Assistent_innen | |
| vorsieht. Dazu hatte ihnen die damalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach | |
| (Linke) [3][nach ihrem Protest 2020 geraten.] | |
| ## Die Polizei räumt nicht | |
| Dieser Tarifvertrag muss nun vom Land Berlin refinanziert werden – wie es | |
| auch im Koalitionsvertrag steht. Um den Prozess zu beschleunigen, hatte das | |
| „Bündnis für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen“ am Mittwoch zum | |
| erneuten Protest aufgerufen. Anlass ist eine Sitzung des Hauptausschusses, | |
| der den Landeshaushalts maßgeblich bearbeitet. | |
| Nach einer Viertelstunde ist die Polizei da, räumt aber nicht. Der | |
| Aufforderung, sich wegzubewegen oder „wenigstens leiser zu sein“, will hier | |
| keine_r nachkommen: „Die wollen jetzt, dass wir hier Platz machen, aber | |
| unser ganzes Leben ist voller Barrieren“, ruft eine Aktivistin. | |
| Eine halbe Stunde später stellt sich schließlich Franziska Becker (SPD), | |
| Vorsitzende des Hauptausschusses, den Protestierenden und erklärt, sie | |
| werde „da noch mal nachfragen, wie das jetzt genau vorgesehen ist“. Man | |
| werde sich „drum kümmern, brauche aber „noch ein bisschen mehr Zeit“ | |
| ergänzt ihr Kollege Tobias Bauschke, sozialpolitischer Sprecher der FDP. | |
| „Wie viel Zeit sollen wir Ihnen denn noch geben?“, fragt Steffen Willaredt, | |
| Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft der Arbeitgeber*innen mit | |
| Persönlicher Assistenz“. „Wenn wir bis in zwei Wochen nichts hören, stehen | |
| wir wieder hier.“ Das zieht bei Tobias Bauschke, er verspricht: „In 14 | |
| Tagen melden wir uns.“ | |
| 11 May 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Menschen-mit-Assistenzbedarf-in-Berlin/!5716462 | |
| [2] https://gesundheit-soziales.verdi.de/mein-arbeitsplatz/behindertenhilfe/++c… | |
| [3] https://www.eu-schwerbehinderung.eu/index.php/schwerbehinderung/4378-persoe… | |
| ## AUTOREN | |
| Bo Wehrheim | |
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| Christian Specht | |
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