| # taz.de -- Präsidentschaftswahlen in Ägypten: Hauptkonkurrent ausgeschlossen | |
| > Die Präsidentschaftswahl in Ägypten weckt kaum das Interesse der | |
| > Öffentlichkeit. Der Hauptkonkurrent von Präsident al-Sisi durfte nicht | |
| > antreten. | |
| Bild: Das Bad in der Menge. Ahmed al-Tantawi versucht, vor einer Pressekonferen… | |
| Berlin taz | Der amtierende Präsident Abdel Fattah al-Sisi ist einer von | |
| insgesamt vier Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl in Ägypten, die von | |
| Sonntag bis Dienstag stattfindet. Viele Oppositionsparteien boykottieren | |
| die Wahl allerdings wegen [1][bedenklicher Wettbewerbsbedingungen]. So | |
| hatte der ehemalige Parlamentsabgeordnete Ahmed al-Tantawi von der Zivilen | |
| Demokratischen Bewegung (CDM) seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl | |
| im vergangenen April angekündigt, doch musste er sie im Oktober | |
| zurückziehen. Der 44-Jährige hatte zwischen 2015 und 2020 als scharfer | |
| Kritiker al-Sisis Bekanntheit auf der politischen Bühne erlangt. Al-Sisi | |
| hatte sich 2013, zwei Jahre nach der Ägyptischen Revolution, an die Macht | |
| geputscht. | |
| Al-Tantawi ist der Ansicht, dass – nachdem seine Kandidatur verboten wurde | |
| –die ägyptische Bevölkerung keine Chance auf eine sinnvolle Veränderung | |
| beim Wahlausgang hat. „Diese Wahl ist eine reine Inszenierung mit | |
| vorbestimmtem Ausgang“, sagte der Politiker im Gespräch mit der taz. | |
| Hinter seinem nach eigenen Angaben rechtswidrigen Ausschluss als | |
| Präsidentschaftskandidat stünde die Befürchtung der Behörden, dass seine | |
| Kandidatur zu einer „verfassungsmäßigen [2][zivilen und demokratischen | |
| Revolution]“ führen könnte. Al-Tantawi sieht sich nun mit einem | |
| Strafverfahren konfrontiert, weil er ohne Genehmigung Wahlunterlagen | |
| verteilt haben soll. Wie er gegenüber der taz erklärte, hatte er seine | |
| Anhänger aufgerufen, Kopien des Unterstützungsformulars auszudrucken und | |
| diese anstelle der von der Wahlbehörde zur Verfügung gestellten | |
| offiziellen Formulare einzureichen. | |
| ## Familie und Wahlkämpfer verhaftet | |
| Als er im Frühjahr seine Kandidatur ankündigte, verhafteten die | |
| Sicherheitskräfte seine beiden Onkel und 14 seiner Freunde. „Dieses | |
| Verhalten bricht mir zwar das Herz, aber nicht meinen Willen. Mein Herz | |
| gehört mir, aber mein Wille gehört dem Volk, das ich vertrete, und ich kann | |
| nur weiterhin meinen politischen Kampf betonen. Wenn die Wahlen unter | |
| normalen Umständen stattgefunden hätten, wäre ich vielleicht nicht so | |
| beharrlich gewesen teilzunehmen. Denn mir geht es um die Forderung des | |
| verfassungsmäßigen Rechts zum Wohle des Volkes und des ägyptischen | |
| Staates.“ | |
| Al-Tantawi, aber auch sein Wahlkampfmanager Mohammed Abul Deyar und 21 | |
| weitere ehemalige Wahlkämpfer wurden monatelang verfolgt. Abul Deyar und | |
| die Wahlkämpfer befinden sich derzeit in Haft. Al-Tantawi bestätigte | |
| gegenüber der taz, dass 137 weitere Mitglieder seiner Kampagne verhaftet | |
| und beschuldigt wurden, einer terroristischen Gruppe anzugehören – ein | |
| üblicher Vorwurf unter al-Sisi gegen die Opposition. Gegen sie ermittelt | |
| die Oberste Staatsanwaltschaft für Staatssicherheit – eine | |
| „Sonderstaatsanwaltschaft“, die auf die Untersuchung von Fällen von | |
| Terrorismus und politischen Gegnern spezialisiert ist. Sie sind noch nicht | |
| vor Gericht gestellt worden. Al-Tantawi sieht als Ziel dieses Verfahrens, | |
| ihn an der Fortsetzung seines politischen Kampfes zu hindern. | |
| Unterdessen hat das kanadische Cybersicherheitslabor Citizen Lab | |
| aufgedeckt, dass Al-Tantawis Telefon von Mai bis September mit der | |
| Überwachungssoftware Predator überwacht wurde. Citizen Lab ist sich sicher, | |
| dass die ägyptische Regierung dahinter steht. | |
| Al-Tantawi kritisiert offen al-Sisis Regierung und fordert den Präsidenten | |
| zur Rechenschaft und zum Rücktritt auf. Seine Kritik bezieht sich auf | |
| Menschenrechtsverletzungen, die Verhaftung politisch Andersdenkender und | |
| den wirtschaftlichen Abschwung in dem Land. Al-Tantawi war [3][der erste | |
| Parlamentarier, der ausdrücklich erklärte]: „Ich bin weder zufrieden mit | |
| der Regierung noch mit dem Präsidenten al-Sisi.“ Er fordert auch eine | |
| Überprüfung der Verfassungsänderungen, die dem Präsidenten eine | |
| Verlängerung seiner Amtszeit ermöglichen. 2019 hatte das ägyptische | |
| Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit die Amtszeit des Präsidenten | |
| generell von vier auf sechs Jahre verlängert, mit einer zusätzlichen | |
| Klausel, die es speziell al-Sisi erlaubt, länger an der Macht zu bleiben. | |
| Die ägyptischen Behörden sind gegen Al-Tantawis Präsidentschaftskandidatur | |
| seit dessen angefochtener Wahl zum Parlamentsabgeordneten 2020 vorgegangen. | |
| Obwohl al-Tantawi gewonnen hatte, erklärte die Zentrale Wahlkommission | |
| seine Niederlage, kurz nachdem die Sicherheitskräfte die Nachricht hatten | |
| durchsickern ließen. Diese Information wurde über dem Regime nahestehende | |
| Medien verbreitet, was darauf hindeutet, dass das ägyptische Regime bewusst | |
| versuchte, seine Teilnahme an der Präsidentschaftswahl als amtierender | |
| Parlamentarier zu verhindern. Diese Entscheidung beruhte auf dem | |
| Verständnis, dass er als Abgeordneter Immunität genießt und eine wichtige | |
| Plattform hat, um sich an die Öffentlichkeit zu wenden. | |
| ## Bürokratische Schwierigkeiten, um Partei zu gründen | |
| Al-Tantawi hatte die sogenannte „Allianz der Hoffnung“ initiiert, eine | |
| politische Koalition, die 2019 gewaltsam aufgelöst wurde. Bei der Gründung | |
| stieß er auf zahlreiche bürokratische Schwierigkeiten. Viele Gründer, | |
| darunter Parlamentarier, Parteiführer, Journalisten, Geschäftsleute, | |
| Gewerkschaftsführer und Jugendleiter, wurden unter dem Vorwurf der | |
| Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhaftet. Sie wurden | |
| schließlich allesamt zwischen 2022 und 2023 freigelassen. Danach folgte die | |
| Initiative „Dritter Weg“ für politische Reformen, die den Präsidenten | |
| aufforderte, bis zum Jahr 2022 zurückzutreten und gewaltlose Gefangene | |
| freizulassen. Im Zuge dieser neuen politischen Formation wurde al-Tantawi | |
| zur Bestrafung an den Ausschuss für disziplinarische Werte verwiesen. | |
| Al-Tantawi sieht sich selbst als [4][ein Produkt der ägyptischen Revolution | |
| von 2011], in der der damalige Präsident Hosni Mubarak gestürzt wurde. Bei | |
| der Präsidentschaftswahl 2018 wurde der ehemalige Generalstabschef Sami | |
| Anan festgenommen – wenige Tage nach der Bekanntgabe seiner | |
| Präsidentschaftskandidatur gegen al-Sisi. Er war Mitglied des Obersten Rats | |
| der Streitkräfte gewesen, der Ägypten nach der Revolution von 2011 bis zur | |
| Ablösung durch die Zivilregierung unter Mohammed Mursi (2012–2013) | |
| regierte. Seit seiner Festnahme 2018 bleiben sein Aufenthaltsort und sein | |
| Befinden unbekannt. | |
| Aus dem Englischen: Gemma Terés Arilla | |
| 11 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Basma Mostafa | |
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