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# taz.de -- Präsidentenwahl in Russland: Wladimir Putin bekommt Konkurrenz
> Die Journalistin Xenia Sobtschak will sich im kommenden März dem
> Wählervotum stellen. Manche Beobachter halten das für ein Projekt des
> Kreml.
Bild: Will bei der Präsidentenwahl antreten: die Journalistin Xenia Sobtschak …
Moskau taz | Im russischen Präsidentschaftswahlkampf kündigt sich etwas
Farbe an. Die Moderatorin Xenia Sobtschak machte am Mittwochabend den seit
Wochen in Moskau herumgeisternden Gerüchten ein Ende: Das ehemalige
Glamourgirl tritt als Herausforderin Wladimir Putins bei der
Präsidentschaftswahl im kommenden März an. Das Plazet des Kremlchefs hat
sie, jetzt muss die 35jährige Journalistin nur noch 300.000 Unterschriften
für ihre Zulassung sammeln.
Das dürfte kein Problem werden. Denn die Kandidatur Sobtschaks scheint
ohnehin auf einem Projekt des Kreml zu beruhen. Die Präsidialadministration
suchte schon seit dem Spätsommer eine Frau, die die Rolle der
Herausforderin annehmen und mit Leben erfüllen könnte.
Xenia Sobtschak ist eine ideale Kandidatin. Sie ist bekannt, nicht auf den
Mund gefallen und schloss die diplomatische Kaderschmiede MGIMO mit Diplom
ab.
Sie könnte sogar, würde Kremlchef Wladimir Putin es jemals wagen, sich
ungefilterten Fragen zu stellen, den Präsidenten inhaltlich in die
Bredouille bringen. Zurzeit ist sie auf dem oppositionellen Internet-Sender
TV-Doschd mit einem Interviewformat zu sehen. Sobtschak direkt, heißt das
frei übersetzt.
## Auf Seiten der Opposition
Die Arbeit im Kanal Doschd war bereits die Folge einer Abstrafung. 2012
hatte sich Sobtschak nach dem Wahlbetrug bei der Duma-Wahl 2011 auf die
Seite der Opposition geschlagen. Aus „Russlands Paris Hilton“ wurde über
Nacht eine Protestlerin, die sich auch auf der Straße Gehör verschaffen
konnte.
Langsam legte sie auch das Image einer „Blondinen in Schokolade“ ab, so
Sobtschak über sich selbst. Vorher hatte sie auch Sendungen wie
„Dschungelcamp“ moderiert.
Schmerzlich ist es jedoch, nicht mehr in den vom Kreml kontrollierten
TV-Kanälen auftreten zu können. Diese erreichen größere Kreise und zahlen
bessere Gagen. Die Kremlmedien verbannten sie damals umgehend.
Beobachter vermuten, der Präsident hätte ihr nun die Rückkehr in die
Staats-TV-Szene in Aussicht gestellt. Als Belohnung für den Wahleinsatz.
## Wegbegleiter von Boris Jelzin
Xenia kennt Wladimir Putin schon sehr lange. Vater Anatolij Sobtschak war
Demokrat der ersten Stunde und Wegbegleiter des russischen Präsidenten
Boris Jelzin. Als Sobtschak Bürgermeister in St. Petersburg wurde, stellte
er Wladimir Putin als Vize-Bürgermeister ein.
Putins Töchter waren Xenias Spielgefährtinnen. Gerüchte hielten sich lange,
Wladimir Putin sei auch der Patenonkel von Xenia Sobtschak. Das hielt diese
nicht davon ab, ihm und dem System öffentlich die Meinung zu sagen.
Auch im Werbespot für die jetzige Kandidatur kommt Sobtschak für russische
Verhältnisse rotzfrech daher. Russlands Spitzenpolitiker sind empfindlich.
So hart wie sie sich nach außen geben, so verletzbar sind sie in eigener
Sache.
Sobtschak macht sich lustig über Putin und die treue Altherrenriege seiner
ewigen Sparing-Partner. Natürlich weiß die Journalistin, dass auch sie
keine Chancen hat.
## „Liberales Gespött“
Der bislang einzig ernstzunehmende Gegenkandidat, Alexei Nawalny, nannte
Sobtschaks Vorstoß denn auch „ziemlich widerwärtig“. Sie lasse sich vom
Kreml zum „liberalen Gespött“ machen, sagte der Herausforderer, dem der
Kreml die Teilnahme verweigert.
Xenia sei Putins Spoiler, so Nawalny. Die Mehrheit der kremlkritischen
Kräfte dürfte dem zustimmen. Sobtschak tritt mit dem Programmpunkt „gegen
alle“ an. Diese Wahlmöglichkeit soll wieder eingeführt werden. Sie war
gestrichen worden.
Klar ist, die Wahlbeteiligung wird mit Sobtschak zunehmen. Das ehemalige
„Schokomädchen“ verschafft dem Kreml mit der Kandidatur auch etwas mehr
Legitimation. Die Führung befürchtete nämlich, die Beteiligung könnte
niedrig ausfallen. Zu niedrig für ein Plebiszit über Wladimir Putin als das
der Kreml diesen Urnengang sieht.
19 Oct 2017
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Russland
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Boris Nemzow
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