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# taz.de -- Politisch irrelevant: Kirmesnummer oder TV-Duell?
> Menschengemachte Naturkatastrophen, egal ob Sturm oder TV-Duell, ziehen
> über die Welt. Nicht allen muss man Aufmerksamkeit schenken.
Bild: Sahra Wagenknecht wartet auf Alice Weidel im Welt-TV Studio
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Gute Besserung, [1][Kevin Kühnert].
Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Gute Besserung, Kevin Kühnert.
taz: Der Bundestag verabschiedete ein Gesetz für Kitas, um die Betreuung zu
verbessern. Der Osten Deutschlands ist unterdessen vorbildhaft: Dort gibt
es so wenig Kinder, dass ein Personalüberangebot entstehen könnte. Wäre das
nicht auch ein Modell für den Westen Deutschlands?
Küppersbusch: „Seid Ihr alle da?“ – Nee, rüber in den Westen. Die
Entvölkerung Ost könnte genutzt werden, einen besseren Personalschlüssel in
den [2][Kitas] dort zu erzielen. Darauf zielt das Gesetz auch, indem es die
Länder hemmt, die Kohle einfach den Eltern zu geben – durch günstigere
Kita-Gebühren. Im Westen nichts Neues: Zu wenig Kitas, viel zu wenig
Personal, Fachkräftemangel. Immerhin – endlich könnte man mal wieder sagen:
„Wenn´s Dir hier nicht passt, geh doch nach drüben.“
taz: Zur geplanten Reform der Öffentlich-Rechtlichen konnte jedermann seine
Stellungnahme einreichen. Was stand in Ihrer?
Küppersbusch: Macht mal hinne! Mit „Goebbels und Hugenberg“ kriegt man kaum
noch wen überzeugt, dass es [3][ÖRR] geben muss. Musk und Zuckerberg
dagegen finden viele toll, da bildet sich kein breites gesellschaftliches
Bündnis, das gesellschaftlich kontrollierte Medien fordert. Die ARD ist
diese Woche einem wenig beachteten Bündnis aus ZDF, belgischen,
kanadischen, australischen und Schweizer Sendern beigetreten, die Werkzeuge
für „freie und faire Kommunikation im Netz“ entwickeln. Bisher sind da eher
sehr spezielle Softwareprodukte bei herumgekommen. Wenn´s mehr wäre, würden
die Markt-Taliban auch schon rumposaunen: Jetzt vergeuden die auch noch
Kohle für „facebook auf evangelisch“. Und genau das, gesellschaftlich
kontrollierte „soziale Medien“, stünde in meiner Stellungnahme.
taz: Jüngst sah man Sahra Wagenknecht und Alice Weidel in einem „Duell“ bei
Welt-TV. Wer war Ihr Favorit?
Küppersbusch: Milton. Konkurrent ntv schlug das Damencatchen bei Welt im
Marktanteil knapp mit dem „Megasturm“. Auch wenn man sich schwertut,
Wagenknecht und Weidel als Naturkatastrophe anzusehen. Das war eher
menschgemacht: Die Sendung hatte keine nahende Wahl oder Koalition zum
Anlass; sie war mindestens so politisch relevant wie zirzensisch. Und
schneller realisiert als, sagen wir mal, noch ein Boxkampf Stefan Raab
gegen Greta Thunberg, Thema Palästina, Klima, sowas. Journalistisch
spannend war die Frage, wie ein Wettbewerb ums Dagegensein aussähe, dagegen
arbeitete das blöde Gefühl, dafür eine Kirmesnummer zu gucken. Ich hab die
Zitate nachgelesen und die Sendung nicht geguckt.
taz: Die Verkehrsminister der Länder wollen ein Sondervermögen für die
marode Infrastruktur Deutschlands. Nur so könne man kaputte Straßen und
Brücken erneuern. Vielleicht haben wir das Geld, aber haben wir auch die
Fähigkeiten?
Küppersbusch: In Zeitlupe heißt das „Sondervermögen“ vier mal CSU und
Wissing oben drauf. Allein Ex-Minister Scheuer steht für 243 Millionen Euro
Mautbegräbniskosten. Die Brumm-Brumm-Fraktion im Verkehrsministerium hat
die Nation jahrzehntelang am Auspuff gestillt. In den Ländern dagegen reden
Grüne wie Hermann und Krischer mit, und selbst die haben nicht den Wumms,
es auch mal gut sein zu lassen mit Straßenbau und -ausbau. Man jubelte der
Runde entschlossener zu, wenn sie das Geld nicht einfach mehr-, sondern
besser ausgeben wollte: Wasserwege, Schiene. Die MinisterInnen werfen ihre
Forderung auf den Bund und die nächste Regierung. Das ist dann wieder wie
im Stau rumstehen, aber mit ’nem Porsche.
taz: Die chinesischen Zusatzzölle auf europäischen Weinbrand sind in der
vergangenen Woche in Kraft getreten. Ist es der erste Schritt auf dem Weg
in einen neuen Rauschmittelkrieg?
Küppersbusch: Aus dem Chinesischen ins Deutsche übersetzt heißt das:
Französisch. Martell, Remy Martin und Hennessy beherrschen 99 Prozent des
chinesischen Branntweinmarktes. Frankreich hatte seine Ökoprämie
eingeschränkt auf Autos, die bei Herstellung und Transportweg weniger CO2
rumpesten – die vornehme Art, China zu sagen, ohne China zu sagen. Deshalb
der gleiche Schnaps nun umgekehrt: China sagt Strafzoll und meint
Frankreich. Zudem hat Macron europäische Strafzölle unterstützt – Scholz
war dagegen. Hallo China! Jägermeister, geile Brause! Wohlsein!
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Die Jahreshauptversammlung voriges Jahr war Tumult,
Schuldendesaster und Abbruch. Während diese Montagsausgabe der taz gedruckt
wird, tagt die nächste Hauptversammlung. Es bleibt spannend.
Fragen: Chantalle El Helou
13 Oct 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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