# taz.de -- Petition zu Studiengebühren in BaWü: Das Ländle kassiert ab | |
> Baden-Württemberg will 1.500 Euro pro Semester verlangen – aber nicht von | |
> allen. Nur Menschen aus Nicht-EU-Ländern sollen zahlen. | |
Bild: Schon im Dezember demonstrierten Studenten gegen die geplante Regelung. S… | |
Als in Baden-Württemberg 2011 gewählt wurde, kam Erstaunliches heraus: Mit | |
Winfried Kretschmann nämlich ein grüner Ministerpräsident. Den Erfolg | |
verdankten die Grünen unter anderem dem GAU in Fukushima. Jetzt | |
Antiatomkraft wählen, entschieden die Wähler, und alle wussten: Das ist nun | |
wirklich sattgrünes Terrain. Kretschmann erhielt also nie für möglich | |
gehaltene 24,2 Prozent der Stimmen, ein politisches Beben im eigentlich | |
tiefschwarz geprägten Südwesten. | |
Für Studierende hielt dies einen angenehmen Nebeneffekt bereit: das Ende | |
der Studiengebühren. „Wir wollen einen fairen Hochschulzugang ohne | |
finanzielle Hürden“, hatte Kretschmann vor der Wahl versprochen. Er hielt | |
Wort. | |
Seit Sommer 2012 bezahlen die Studierenden an den über 80 staatlichen | |
Einrichtungen im Land nicht mehr die zuvor üblichen 500 Euro pro Semester, | |
sondern nur noch die Sozial- und Verwaltungsgebühren. Dass diese – wie im | |
Falle Freiburgs – nach der Machtübernahme von Grün-Rot von 105 Euro | |
(Wintersemester 2011/12) direkt auf 145 Euro (Wintersemester 2012/13) | |
angehoben wurden, nahmen die Studierenden klaglos hin. | |
Auch der Preis für das Semesterticket stieg, etwa in Freiburg von 79 auf 89 | |
Euro. Nervig fand man das, zumal die Mieten – gerade in den Uni-Städten wie | |
Freiburg, Konstanz oder Tübingen – ebenfalls gestiegen sind. | |
## 1.500 Euro – pro Semester | |
Mehr noch nervt die Studierende aber das neue, etwas sperrig klingende | |
[1][„Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgebührengesetzes und des | |
Akademiengesetzes“] der Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Es | |
sieht vor, dass Studierende in Baden-Württemberg ab Oktober – wenn das | |
nächste Wintersemester startet – 1.500 Euro pro Halbjahr zahlen müssen. | |
Der ganz große [2][Aufschrei] ist bislang ausgeblieben. Denn die | |
grün-schwarze Regierungskoalition will zwar zur Kasse bitten – aber | |
ausschließlich die Studierenden aus Nicht-EU-Ländern. | |
Wissenschaftsministerin Bauer, die noch im Urlaub weilt, wird in einer | |
Pressemitteilung so zitiert: „Unsere Hochschulen und unsere Gesellschaft | |
profitieren davon, dass internationale Studierende zu uns kommen. Aber mit | |
der enorm wachsenden Zahl müssen wir auch die Bedingungen dafür schaffen, | |
dass die jungen Menschen bei uns erfolgreich sein können. Das erfordert | |
zusätzliche Mittel.“ Ob der Einzelne mit 1.500 Euro weniger in der Tasche | |
erfolgreicher sein kann? | |
Adrian Nelius, 30, zweifelt daran. Er hat aus mehreren Gründen die Petition | |
„BW: Studiengebühren für Nicht-EU-Studierende stoppen!“ initiiert. Ihm | |
missfällt zum einen, dass nur 300 von 1.500 Euro in die Hochschulen | |
investiert werden sollen. Der Rest dient dazu, den Haushalt von Bauers | |
Ministerium ausgeglichen zu halten. „Um dieses Loch zu stopfen, hätte | |
Baden-Württemberg als eines der bundesweit reichsten Länder sicher andere | |
Möglichkeiten“, sagt Nelius. | |
## Im Zweitstudium zahlen alle | |
Es wundert ihn zudem, dass die Grünen einerseits eine „Willkommenskultur | |
propagieren und andererseits fremde Menschen ausschließen“. Rund 7.000 | |
Nicht-EU-Ausländer beginnen jährlich ein Studium an den Hochschulen in | |
Baden-Württemberg und wären von dem Gesetz betroffen. Nelius, der in | |
Plochingen nahe Stuttgart bei der Telekom arbeitet, hat bislang rund 11.000 | |
Unterschriften für seine Petition gesammelt. Sein Ziel: Bis zum 24. Februar | |
sollen es 32.000 werden. „Dann wollen wir diese beim Landtag einreichen.“ | |
Engagiert ist er auch wegen seiner Frau. Die ist 26, kommt aus Vietnam und | |
hat dort als Englischlehrerin gearbeitet. 2013 folgte sie Nelius nach | |
Deutschland und studiert nun im fünften Semester Amerikanistik in Tübingen. | |
Da sie verheiratet sind, wäre sie von der Bauer’schen Gebühr aber | |
ausgenommen. Auch wer bereits eingeschrieben ist, soll beitragsfrei bleiben | |
– nur die Erstsemester müssten blechen. Ebenso all jene – egal ob | |
Nicht-EU-Ausländer oder Deutsche –, die ein Zweitstudium aufnehmen. Sie | |
sollen künftig 650 Euro pro Semester zahlen. | |
Derzeit befindet sich Bauers Gesetzentwurf in der Anhörungsphase. Schon am | |
13. Januar werden die Studierenden auf dem Kronprinzenplatz in Stuttgart | |
demonstrieren, mit einem „Black Friday“ – und gegen Studiengebühren aller | |
Art. | |
7 Jan 2017 | |
## LINKS | |
[1] /!5345632 | |
[2] /!5367590 | |
## AUTOREN | |
David Joram | |
## TAGS | |
Studiengebühren | |
Studium | |
Baden-Württemberg | |
Theresia Bauer | |
Online-Petition | |
Studiengebühren | |
Theresia Bauer | |
Theresia Bauer | |
Geburtenrate | |
Indien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger: Doch keine Campus-Maut in NRW | |
1.500 Euro sollten Studierende ohne EU-Pass an nordrhein-westfälischen | |
Hochschulen zahlen. Doch nun sind die Pläne von Schwarz-Gelb vom Tisch. | |
Studierendenrechte in Ba-Wü: Grüne Ministerin in der Kritik | |
Aus dem Hochschulgesetz soll der Satz gestrichen werden, dass | |
Studierendenvertretungen ein „politisches Mandat“ haben. Diese sind empört. | |
Wissenschaftsministerin in BaWü: Grüne unter Druck | |
Der Stuttgarter Ministerin Theresia Bauer droht ein Untersuchungsausschuss. | |
Es geht um ihre Rolle in einer Affäre an der Hochschule Ludwigsburg. | |
Hamburg hält an hartem Abschiebekurs fest: Nur Hamburg findet Afghanistan sich… | |
Hamburg schiebt weiterhin nach Afghanistan ab. Während die Grünen-Fraktion | |
den Abschiebekurs der SPD mitmacht, fordert die eigene Partei einen | |
Abschiebestopp | |
Petition gegen Kreißsaal-Schließung: Kein Platz für Geburten | |
Im bayerischen Bad Tölz soll Mitte 2017 die einzige Entbindungsstation | |
geschlossen werden. Dagegen regt sich Widerstand in einer Online-Petition. | |
Nationalismus in Indien: Ohne Hymne kein Kinovergnügen | |
Kinobesucher_innen sollen der Nationalhymne stehend lauschen. Die | |
Verweigerung hat mittlerweile zu zwölf Festnahmen geführt. |