# taz.de -- Personalplanung an der Uni Vechta: Gleichstellung wegrationalisiert | |
> Die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten an der Uni Vechta ist derzeit | |
> unbesetzt. Zwei Referent*innen müssen gehen, weil ihre Stellen | |
> auslaufen. | |
Bild: Für Gleichstellung gibt's bald weniger Personal, doch Roboter erledigen … | |
BREMEN taz | Von „Armutszeugnis“, „Rückschritt“ oder „Schande“ ist… | |
Kommentaren die Rede, die auf der Social-Media-Plattform Instagram | |
hinterlassen wurden. Sie stehen unter den Abschiedsworten von zwei | |
Referentinnen [1][für Gleichstellung] und Diversität der Uni Vechta, deren | |
bis zum Jahresende befristete Stellen nicht verlängert wurden. Mit dem | |
Auslaufen der Stellen stehe bis auf Weiteres „keine fachliche | |
Ansprechperson“ zur Verfügung, heißt es in der Nachricht des Accounts der | |
Zentralen Einrichtung Gleichstellung und Diversität der Uni (ZEGD). | |
Die Uni bestätigt, dass die Verträge mit den Referent*innen | |
Gleichstellung – mit dem Schwerpunkt sexualisierte Diskriminierung, | |
Belästigung und Gewalt – sowie Diversität mit einem Umfang von insgesamt | |
1,25 Stellen auslaufen. „Die projektbezogenen Arbeiten wurden in diesem | |
Bereich abgeschlossen“, schreibt Sprecher Friedrich Schmidt. | |
Und auch die Stelle der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten der Uni | |
Vechta ist derzeit unbesetzt: Tanja Meyer ist nämlich für die Grünen in den | |
niedersächsischen Landtag eingezogen und deswegen freigestellt. Eine | |
Stellenausschreibung für eine Vertretung sei „auf den Weg gebracht“, | |
versicherte Schmidt. Und eine Mitarbeiterin, „welche die Anfragen an die | |
ZEGD derzeit koordiniert“, sei weiterhin mit einer halben Stelle im Dienst. | |
Doch wer soll Meyers Arbeit bis dahin übernehmen? „In den einzelnen | |
Fakultäten finden sich mehrere dezentrale Gleichstellungsbeauftrage“, sagt | |
Schmidt. Mit denen sei abgesprochen, dass sie die Aufgaben von Meyer „im | |
Personalbereich“ bis zur Neubesetzung übernehmen. Und die Aufgaben der | |
Referentinnen? Die sollen künftig „stärker integrativ“ wahrgenommen werde… | |
auch an den einzelnen Fakultäten. | |
## Nicht mehr Zeit für mehr Aufgaben | |
Doch die dort mit dem Thema Beauftragten seien auf die eigene Fakultät | |
fokussiert und leisteten ihre Arbeit „in der Regel neben ihrer regulären | |
Tätigkeit mit geringer Freistellung – wenn überhaupt“, kritisiert der | |
Vorstand der [2][Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten an | |
Hochschulen in Niedersachsen]. In der Landeskonferenz sind Unis und | |
Hochschulen in Niedersachsen zusammengeschlossen, vertreten durch ihre | |
Gleichstellungsbeauftragten und ihre Mitarbeitenden. | |
Die Arbeit der zwei Referent*innen zu übernehmen, könnten die | |
Fakultätsmitarbeitenden also nicht leisten, kritisiert die Landeskonferenz. | |
Die Referent*innen hätten die Gleichstellungsbeauftragte in ihrer | |
Hochschulpolitik unterstützt, für sie Fakten recherchiert, Entwürfe für | |
Strategiepapiere geschrieben. | |
„Es ist unannehmbar, dass die Ressourcen einer strukturell verankerten | |
Gleichstellungseinheit einer niedersächsischen Hochschule derart | |
beschnitten werden“, heißt es in der Stellungnahme. „Ohne die Unterstützu… | |
durch mindestens eine Referentin ist die Zentrale | |
Gleichstellungsbeauftragte nicht mehr handlungsfähig.“ | |
Die Aufgabe von Gleichstellungsbeauftragten sei in den letzten Jahrzehnten | |
immer größer geworden. Sie habe sich gewandelt „von der | |
Interessenvertretung der Frauen hin zu einer Organisationsentwicklerin im | |
Sinne des Gender Mainstreaming“. Das meint die Verpflichtung, bei allen | |
Entscheidungen die unterschiedlichen Auswirkungen auf alle Geschlechter zu | |
berücksichtigen. | |
Der Vorstand der Landeskonferenz schreibt weiter, dass die Arbeit auch | |
durch den Anspruch auf Intersektionalität „komplexer“ geworden sei. Das | |
bedeutet für die Mitarbeitenden, auch andere Diskriminierungen wie | |
Rassismus gegenüber einer Person stets mitzudenken. | |
Und zu den genannten hochschulpolitischen Aufgaben komme noch individuelle | |
Beratung, heißt es in der Stellungnahme weiter. „Die erhöhte Sensibilität | |
im Umgang mit sexueller Belästigung, Diskriminierung und Gewalt stellt | |
insbesondere die Gleichstellungsbüros vor Herausforderungen.“ | |
## Aufstocken statt Kürzen | |
Hochschulen erwarteten von ihren Stellen, dass sie das Thema Diversität mit | |
bearbeiten, ohne dafür die Ressourcen zu erhöhen, kritisiert die | |
Landeskonferenz. Sie fordert daher nicht nur, dass die Mittel nicht gekürzt | |
werden. Sie will vielmehr einen Ausbau: eine Aufstockung der | |
Referent*innenstellen auf volle Stellen und eine Entfristung. | |
Die Landeskonferenz hat Sorge, dass Vechta nicht die einzige Uni bleibt, | |
bei der Mittel eingespart werden: Viele Stellen seien durch Projektmittel | |
finanziert und würden bei „angespannter Haushaltslage“ wahrscheinlich nicht | |
weiter getragen. Die einzelnen Hochschulen entschieden selbst darüber, mit | |
welchem Budget sie die im niedersächsischen Landeshochschulgesetz | |
festgeschriebenen Gleichstellungsbeauftragten ausstatten. Die Arbeit | |
befinde sich in Konkurrenz zu anderen Aufgaben an den Hochschulen und werde | |
nicht immer priorisiert, obwohl es sich bei der Arbeit um die „Durchsetzung | |
eines Verfassungsauftrags“ handele. | |
Dennoch heißt es für die zwei Referentinnen aus Vechta laut Instagram nun | |
erst mal: „Das war’s. Das Team der ZEGD nimmt Abschied.“ Für die Uni hei… | |
das, dass mehr noch als zuvor alle Universitätsangehörigen sich für | |
Gleichstellung und Diversität einsetzen müssten. | |
„Ich habe mich selbst vor wenigen Monaten an die Gleichstellungsbeauftragte | |
gewandt“, steht in einem der Kommentare, „und bin einfach nur dankbar, dass | |
ich dort Unterstützung erfahren habe! Gleichzeitig bin ich total wütend, | |
enttäuscht, traurig und aufgewühlt, dass die Uni Vechta an so einer | |
essenziellen wichtigen Einrichtung an Kapazitäten und Ressourcen spart.“ | |
27 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Frauen-im-Rodelsport/!5899225 | |
[2] https://www.lakog-niedersachsen.de/ | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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