# taz.de -- Neue Staffel von „The Crown“: Ein Hauch von Menschlichkeit | |
> In der fünften Staffel von „The Crown“ kommt Prinz Charles bemerkenswert | |
> positiv davon – trotz Scheidungskrieg mit Diana. | |
Bild: Elizabeth tritt in den Hintergrund. Im Fokus: Diana (Elizabeth Debicki) u… | |
Not amused, so hört man es dieser Tage mal wieder, sei das britische | |
Königshaus von der neuen Staffel der [1][Serie „The Crown“]. Schon zu | |
Lebzeiten von Queen Elizabeth waren die Royals – ohne sich je offiziell zu | |
äußern – nicht begeistert davon, [2][dass man bei Netflix ihre Biografien | |
in ein Historiendrama verwandelte]. | |
Nun, wo King Charles damit beschäftigt ist, sich den Thron zu eigen zu | |
machen und derweil mit Eiern beworfen wird, wirkt man aber ganz besonders | |
besorgt, dass das (erneute) Durchkauen seines Scheidungskriegs mit Diana | |
dem Ansehen des neuen Regenten schaden könnte. | |
Die fünfte Staffel zeigt aber: Diese Sorge ist fast so unnötig wie der | |
explizite Hinweis des Streamingdienstes, dass es sich bei der Serie um eine | |
fiktionalisierte Dramatisierung realer Ereignisse handelt. | |
Daraus, dass es sich bei „The Crown“ nicht um eine Dokumentation handelt, | |
hat Schöpfer und Autor Peter Morgan nie einen Hehl gemacht. Und mit seinen | |
royalen Protagonistinnen ist er ohnehin nicht sonderlich hart ins Gericht | |
gegangen. Ja, dass in dieser Familie Pflichtgefühl höher gehängt wird als | |
menschliche Wärme, ist auch dieses Mal wieder zu beobachten. Doch die Serie | |
war stets auch eine Art Workplace-Drama, das mit viel Verständnis darauf | |
blickte, welche Belastungen die nicht umsonst so genannte „Firma“ ihren | |
Mitarbeiterinnen abverlangt. | |
## Ein Fernseher für Pferderennen | |
Die neuen Folgen spielen nun – mit neuer Besetzung – in den neunziger | |
Jahren. John Major (Jonny Lee Miller) ist Ministerpräsident, die Ehe von | |
Charles (Dominic West) und Diana (Elizabeth Debicki) ist am Ende und die | |
Königin (Imelda Staunton) ist in Sachen Beliebtheit und gesellschaftliche | |
Akzeptanz an einem Tiefpunkt. Wäre es Zeit für Erneuerung und Verjüngung? | |
Ist Elizabeth II. aus der Zeit gefallen oder gar die Monarchie als solche | |
überholt? | |
Damit diese Fragen auch wirklich niemandem entgehen, fährt Morgan unsubtile | |
Metaphern auf: von der Geld verschlingenden und als Auslaufmodell | |
gehandelten royalen Luxusyacht „Britannia“ bis hin zum Boom des | |
Kabelfernsehens, der [3][die öffentlich-rechtliche Institution BBC] | |
bedroht, und die Königin zwingt, sich nach Jahrzehnten einen neuen | |
Fernseher anschaffen, damit sie weiterhin Pferderennen gucken kann. | |
Insgesamt tritt Elizabeth dieses Mal in den Hintergrund. Im Fokus stehen | |
Charles und Diana. Seine andauernde Beziehung zu Camilla Parker Bowles | |
(Olivia Williams) samt dem legendären Tampon-Telefonskandal, ihre | |
kurzzeitige Affäre mit dem Chirurgen Dr. Khan (Humayun Saeed) sowie die | |
Enthüllungen nicht nur in der Biografie von Andrew Morton, sondern vor | |
allem im (unter fragwürdigen Umständen zustande gekommenen) BBC-Interview – | |
alles hat hier Platz. | |
Nur hat Morgan Schwierigkeiten, diese Handlungsstränge mit anderen | |
Elementen wie etwa den schon standardmäßig erwarteten Episoden, die sich | |
dezidiert Prinz Philip (Jonathan Pryce) oder Prinzessin Margaret (Lesley | |
Manville) widmen, zu einem stimmigen Ganzen zu verbinden. So wirkt die | |
Serie dieses Mal über weite Strecken verzettelter und auch langweiliger als | |
sonst. Dass eine gesamte Folge, die sich – quasi als Vorgeschichte zu | |
Staffel 6 – nur mit dem ägyptischen Milliardär Mohamed Al-Fayed (Salim Daw) | |
und seinem Sohn Dodi beschäftigt, thematisch die vielleicht | |
interessanteste, aber für den Plot eigentlich verzichtbar ist, spricht | |
Bände. | |
Ansonsten lässt sich getrost festhalten, dass sowohl John Major (der sich | |
auch über historische Unkorrektheiten der Serie beschwerte) als auch | |
Charles bemerkenswert positiv wegkommen. Letzterer wird zwar durchaus als | |
manipulativ-verschlagener Antiheld gezeigt, darf aber auch zu Hip op mit | |
nicht-weißen, von seiner Stiftung geförderten Jugendlichen tanzen. | |
Dominic West ist mindestens optisch in der Rolle fehlbesetzt, wohingegen | |
Elizabeth Debicki als Diana zwar zu groß, ansonsten aber herausragend ist. | |
Auch Manville, Williams und bis zu einem gewissen Grad Staunton liefern | |
starke Leistungen ab und sorgen dafür, dass in „The Crown“ immer mal wieder | |
eine Menschlichkeit durch Windsor Castle und den Kensington Palace weht, | |
nach der sich die echten Royals eigentlich sehnen müssten. | |
15 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Patrick Heidmann | |
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