| # taz.de -- Neue Regierung in Norwegen: Drei Frauen sind am Ruder | |
| > Erneut gibt es eine Minderheitsregierung in Norwegen. Das Bündnis besteht | |
| > aus Konservativen, Rechtspopulisten und Liberalen. | |
| Bild: Von liberal bis rechtspopulistisch: die norwegische Ministerpräsidentin … | |
| Stockholm taz | Seit Mitte Januar hat Norwegen eine neue Regierung. Die | |
| bisherige und künftige Ministerpräsidentin, Erna Solberg, präsentierte am | |
| Sonntagnachmittag eine Koalition aus ihrer konservativen Høyre mit der | |
| rechtspopulistischen Fortschrittspartei und der liberalen Venstre. Alle | |
| drei Parteien werden von Frauen geleitet. Und was in Norwegen inzwischen | |
| nahezu die Regel ist: Erneut gibt es eine Minderheitsregierung. | |
| Die beiden „blauen“ Parteien, Konservative und Fortschrittspartei, hatten | |
| schon die vergangenen vier Jahre in Oslo gemeinsam regiert. Und damit es | |
| für eine parlamentarische Mehrheit reicht, hatten sie ein Abkommen für die | |
| Zusammenarbeit mit den Parteien der Mitte, Venstre und Christliche | |
| Volkspartei, geschlossen. Nach ihrem Wahlsieg im September hätte Solberg | |
| diese Konstellation gern zu einer Koalitionsregierung verfestigt. | |
| Doch zusammen mit den Rechtspopulisten am Kabinettstisch zu sitzen, kam für | |
| die Christliche Volkspartei nach einigem Zögern dann doch nicht in Frage. | |
| Auch für Venstre ist eine solche Koalition ein Novum. | |
| Auf vielen Politikfeldern, vor allem in der Klima- und Ausländerpolitik, | |
| steht diese grün-liberale Partei unter Trine Skei Grande weit von Siv | |
| Jensens Fortschrittspartei entfernt. Solberg lobte, dass man sich trotzdem | |
| zusammengerauft habe: „Wir machen das, um gemeinsam Lösungen zu finden, die | |
| gut für Norwegen sind.“ Die jetzige Einigung sei gelungen, weil man sich an | |
| das Motto gehalten habe: „Wer etwas haben will, muss auch etwas geben.“ | |
| ## Kröten schlucken angesagt | |
| Tatsächlich konnte jede der drei Parteien im 84-seitigen Regierungsprogramm | |
| einige ihrer Herzensangelegenheiten unterbringen, musste aber gleichzeitig | |
| auch Kröten schlucken. In der Umweltpolitik erreichte Venstre ein Verbot | |
| der Pelztierzucht und die Zusage, dass auch in der neuen Legislaturperiode | |
| im Inselgebiet der Lofoten und Vesterålen keine Ölsuche stattfinden wird. | |
| Dafür trägt die Partei aber die von ihr bislang hart kritisierte Ölpolitik | |
| mit. | |
| In der Flüchtlingspolitik bekommen die Rechtspopulisten eine Verschärfung | |
| des Familiennachzugs, müssen aber eine Erhöhung der Zahl der | |
| Quotenflüchtlinge akzeptieren. Dies dürfte allerdings kein großes Opfer | |
| sein: Im vergangenen Jahr kamen so wenig Flüchtlinge nach Norwegen wie seit | |
| 1995 nicht mehr. Die Fortschrittspartei konnte sich außerdem mit der | |
| Forderung einer teilweisen Bewaffnung der bislang meist unbewaffneten | |
| Polizisten durchsetzen. Dafür will sie eine Erhöhung der Dieselsteuer und | |
| die Einführung einer CO2-Abgabe durchwinken. | |
| Von einem „deutlichen Rechtsruck“ spricht Jonas Gahr Støre, Chef der | |
| oppositionellen Sozialdemokraten. Er kritisierte vor allem geplante | |
| Steuersenkungen und neue Privatisierungspläne im öffentlichen Sektor: „Die | |
| Wohlfahrt für alle wird damit in Frage gestellt.“ | |
| Die neue Regierung kann sich auf 80 der 169 Parlamentssitze stützen. Sie | |
| wird also darauf angewiesen sein, mit anderen Parteien Mehrheiten für die | |
| Verabschiedung von Gesetzen oder für den Haushalt auszuhandeln. Solberg | |
| gibt sich optimistisch: Norwegen habe keine so stark „polarisierte | |
| politische Landschaft wie viele andere Länder, wo Parteien sich in der | |
| Hoffnung auf kurzfristige Gewinne in Meinungsumfragen weigern, | |
| Verantwortung zu übernehmen.“ | |
| 15 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Reinhard Wolff | |
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