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# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Die letzte Station
> Eine Aufnahme von Beethovens „Variationen“ ist das Abschiedsgeschenk der
> Pianistin Angela Hewitt an ihren Fazioli-Flügel.
Bild: Gruß vom vierten Pedal: Angela Hewitts Flügel ist unersetzbar
Manche Aufnahmen sind historische Dokumente. In diesem Fall hat man es mit
einem fast tragikomischen Ereignis zu tun, markiert die Einspielung aus der
für ihre hervorragende Akustik bekannten Dahlemer Jesus-Christus-Kirche
doch das unfreiwillige Ende einer Ära.
Was wie ein Nachklapp zum [1][Beethoven-Jahr] aussehen könnte, immerhin
stehen Variationen des Komponisten auf dem Programm dieser CD, ist vor
allem die letzte Station eines Flügels. Gespielt hat ihn die kanadische
Pianistin Angela Hewitt, eine der größten Bach-Interpretinnen der
Gegenwart, in deren Repertoire ebenso Ravel oder eben Beethoven Platz
haben.
Nachdem sie im Januar 2020 die Berliner Aufnahmen beendet hatte, sollte ihr
Instrument, ein Spezialmodell des italienischen Klavierbauers Fazioli, den
sie 17 Jahre lang für Aufnahmen nutzte, wieder auf Reisen gehen. Doch die
Transportfirma ließ das Instrument fallen. Totalschaden.
Was dieses Instrument, das Hewitt für seinen Klang schätzte, besonders
macht, ist sein viertes Pedal. Klaviere haben in der Regel zwei, links
eines für die Lautstärke, das die Saiten dämpft, rechts eines für den Hall,
da werden alle Saiten freigelegt und schwingen langsam aus. Konzertflügel
haben dazwischen ein drittes Pedal, das einzelne Töne länger klingen lässt,
die man vor Bedienen des Pedals schon gespielt hat und noch hält. Alle
Töne, die man anschließend spielt, werden sofort wieder abgedämpft.
Das vierte Pedal von Hewitts Flügel lässt die Hämmer näher an die Saiten
rücken. Damit kann man leichter sehr leise spielen, ohne dass sich der
Klang, wie beim normalen Dämpfungspedal, verändert. Und der Klang ist ein
entscheidendes Gestaltungsmittel für Pianisten. Fazioli baut nach wie vor
Flügel mit vier Pedalen, anscheinend aber nicht in der Größe (2,78 Meter),
wie Hewitt sie hatte.
Mit den Variationen, darunter die in C-Moll oder über „God save the King“,
zeigt Hewitt auf grandios moderate Art, was für ein Reichtum in Nuancen
steckt. Ein gezähmter Beethoven? Eher ein empfindsamer.
5 Feb 2021
## LINKS
[1] /Beethovens-250-Geburtstag-digital/!5733650
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
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