# taz.de -- Neue Brexit-Verhandlungen mit der EU: Hohe Schauspielkunst | |
> Bei den Brexit-Verhandlungen kommt der Höhepunkt zum Schluss. Es ist eine | |
> Inszenierung mit verteilten Rollen. | |
Bild: Brexit-Gegner demonstrieren in London während der Verhandlungen am Freit… | |
Wie oft hat man es gehört: „Die Zeit drängt“, wird stets betont, wenn eine | |
neue Runde der Brexit-Verhandlungen beginnt. Doch schon jetzt ist klar, | |
dass es auch in dieser Woche nicht zu einem „Durchbruch“ kommen dürfte. | |
Die Brexit-Verhandlungen folgen den klassischen Regeln der Diplomatie: Der | |
Höhepunkt kommt zum Schluss. Es wäre für alle Seiten schädlich, sich jetzt | |
zu einigen – obwohl [1][der endgültige Brexit am Jahresende] ansteht. Die | |
WählerInnen würden glauben, dass ihre Regierungen nicht hart genug gekämpft | |
hätten. Drama muss sein. Die Verhandlungen dürften bis knapp vor Silvester | |
laufen, garniert mit Nachtsitzungen, und das EU-Parlament wird aus den | |
Weihnachtsferien gerissen, um den Vertrag in letzter Minute zu | |
ratifizieren. | |
Die inhaltlichen Fronten stehen seit Monaten fest. Es geht um drei Themen: | |
um die [2][Fischereirechte], um einen „fairen Wettbewerb“ und darum, wie | |
Streitigkeiten geklärt werden. Beim letzten Thema ist eine Einigung | |
wahrscheinlich, denn es ließen sich diverse Schlichtungsverfahren denken. | |
Knackpunkt ist der faire Wettbewerb: Die EU muss verhindern, dass sich | |
Großbritannien Exportvorteile erschleicht, indem es Steuerdumping betreibt | |
oder Firmen subventioniert. Die Briten müssen Regeln einhalten – was | |
Brexit-Fans nicht einsehen, heißt doch ihr Motto „Take Back Control“. | |
Der britische Premier Boris Johnson kann der EU daher nur entgegenkommen, | |
wenn er einen Triumph vorzuweisen hat. Also pumpt die EU das Thema | |
Fischereirechte auf – obwohl fast niemand vom Fischen lebt. Johnson soll | |
behaupten können, dass er persönlich die britische Fangflotte gerettet | |
habe. | |
Zu dieser EU-Inszenierung passt bestens, dass Frankreichs Präsident Macron | |
so tut, als wäre er der Vereinsvorsitzende der Fischer aus der Normandie, | |
und sich völlig kompromisslos gibt. Umso heller wird der „Sieg“ der Briten | |
glänzen. Für Macron und seine Fischer dürften nebenbei ein paar | |
EU-Milliarden abfallen, um ihre „Niederlage“ zu versüßen. Auch schön. | |
Aber wer weiß. Die Zukunft ist prinzipiell unsicher, wie einst ein | |
berühmter Brite namens [3][Keynes] feststellte. | |
16 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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