# taz.de -- Natürliche Wasserstoff-Vorkommen: Schlummernder Energieträger | |
> Grüner Wasserstoff ist ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. Ein | |
> Zufallsfund in Mali zeigt, dass er nicht aufwändig produziert werden muss | |
Bild: Große Zukunftshoffnungen: Ein mit Wasserstoff betriebener Zug in der Nä… | |
CHIANG MAI taz | Die [1][Industrie wird künftig auf Wasserstoff angewiesen] | |
sein. Aber noch ist dessen Produktion sehr energieaufwändig. Da wäre es | |
praktisch, wenn man grünen Wasserstoff einfach aus dem Boden pumpen könnte. | |
Utopisch? Keineswegs, denn vermutlich ist der begehrte Wasserstoff doch | |
häufiger in reiner Form zu finden als bislang gedacht. | |
Es sind zwei Mechanismen bekannt, bei denen Wasserstoff ohne menschliche | |
Beihilfe freigesetzt wird. Wenn Wasser in der Erdkruste unter hohem Druck | |
und bei über 200 Grad mit eisenhaltigem Gestein in Berührung kommt, wird | |
das Eisen oxidiert. Das Eisen schnappt sich sozusagen das Sauerstoffatom | |
des Wassers, reiner Wasserstoff bleibt übrig. Auch radioaktive Strahlung im | |
Erdinneren kann Wassermoleküle in seine Bestandteile Sauerstoff und | |
Wasserstoff aufspalten. | |
An manchen Stellen könnte so viel Wasserstoff „produziert“ werden, dass er | |
sich auch wirtschaftlich nutzen ließe. Darauf deutet eine Zufallsentdeckung | |
aus dem westafrikanischen Staat Mali hin. 1987 sollte dort bei einem Dorf | |
namens Bourakébougou ein Brunnen gebohrt werden. Doch das Bohrloch war | |
trocken. Dafür entströmte dem Loch ein geruchloses Gas. Als sich ein | |
Arbeiter dem Loch mit einer Zigarette näherte, kam es zu einer Explosion | |
und das Loch brannte tagelang, bis es gelöscht werden konnte. | |
## 5 Millionen Tonnen H2 | |
2007 ließ der malische Geschäftsmann und Politiker Aliou Diallo das Gas aus | |
dem Bohrloch untersuchen. Es stellte sich heraus, dass es zu 98 Prozent aus | |
Wasserstoff besteht. Seither hat Bourakébougou Elektrizität, die mit einem | |
wasserstoffbetriebenen Generator erzeugt wird. Diallo hofft, mit seiner | |
Firma Hydroma in Zukunft wirtschaftlich nutzbare Mengen an Wasserstoff | |
fördern zu können. Basierend auf diversen Probebohrungen schätzt er, dass | |
rund um Bourakébougou fünf Millionen Tonnen Wasserstoff auf die Nutzung | |
warten. | |
Mittlerweile ist Diallo nicht mehr der Einzige, der auf die Förderung von | |
natürlich vorkommendem Wasserstoff hofft. Auch in den USA, Australien, | |
Spanien und Island gibt es Start-ups, die nach dem begehrten Gas suchen, | |
das ein [2][wesentlicher Bestandteil der Energie- und auch Verkehrswende] | |
ist. Eine Übersichtsstudie von 2021 schätzt, dass weltweit jedes Jahr | |
mindestens 23 Millionen Tonnen Wasserstoff in reiner Form freigesetzt | |
werden, also rund ein Drittel der aktuellen Produktionsmenge. Im Gegensatz | |
zu Öl und Gas sei Wasserstoff eine „erneuerbare Energiequelle“, denn „die | |
natürlichen Prozesse, die Wasserstoff produzieren, sind seit der Urzeit | |
aktiv und werden auch in Zukunft noch Millionen von Jahren andauern“. Aus | |
dem Bohrloch in Mali strömt seit über zehn Jahren kontinuierlich | |
Wasserstoff aus der Erde. | |
1 Mar 2023 | |
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[1] /Wasserstoff-in-der-Industrie/!5911020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
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