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# taz.de -- Nach Festnahmen von Fifa-Funktionären: Ethik immer noch überbewer…
> Auch ohne die festgenommenen Fifa-Funktionäre verabschiedet das
> Exekutivkomitee Reformen. Riesig ist der Veränderungswille nicht.
Bild: Beherbergt für Polizei und Medien interessante Gäste: das Züricher Nob…
Am Donnerstag früh um 6 Uhr morgens kam große Unruhe in der Züricher
Nobelherberge Baur au Lac auf. Besucher wurden „wegen einer
Extremsituation“ gebeten, die Hotellobby zu verlassen. Ein anwesender
Reporter der New York Times berichtete dies. Der Grund für die Aufregung
war ein Polizeibesuch. In einem Haus, wo die Gäste bereit sind, für das
günstigste Zimmer 528 Euro pro Nacht zu zahlen, werden derlei Störungen als
sehr belastend empfunden.
Wenn man allerdings Fifa-Funktionäre beherbergt, gehört dies zum
Berufsrisiko. Bereits im Mai hatten die Schweizer Behörden im Auftrag der
US-Justiz in diesem Hotel zugeschlagen und sieben hochrangige Mitglieder
des Fußball-Weltverbands festgenommen.
Am Donnerstagmorgen wurde zunächst bekannt, dass Juan Angel Napout aus
Paraguay, der Präsident des südamerikanischen Fußballverbandes (Conmebol)
und Alfredo Hawit Banegas aus Honduras, der Präsident des mittel- und
nordamerikanischen Verbandes (Concacaf) im Zentrum der neuesten
Ermittlungen stehen. Auf Antrag der US-Amerikaner sind sie in
Auslieferungshaft genommen worden. Ihnen werde vorgeworfen,
Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben.
Eigentlich hätten sie an diesem Tag auf der Fifa-Exekutivsitzung über die
Umgestaltung des Verbandes mitentscheiden sollen, die eine geringere
Korruptionsanfälligkeit und größere Transparenz garantieren sollte.
Kurios ist im Zusammenhang mit den Festnahmen von Napout und Hawit Banegas
der Umstand, dass beide erst vor Kurzem diese Posten von ihren Vorgängern
Eugenio Figueredo und Jeffrey Webb übernahmen, die bei der Polizeiaktion
vom Mai zu den Festgenommenen zählten. Möglicherweise hat der an die USA
ausgelieferte Webb von den Kaimaninseln weitere Informationen preisgegeben,
die nun zu den erneuten Verhaftungen führten.
## Millionenschwere Deals
Hintergrund der Ermittlungen sind millionenschwere Deals bei der Vergabe
von TV- und Marketingrechten für mehrere Turniere und Wettbewerbe in
Amerika. Da auch die USA als Mitglied des Concacaf-Verbandes betroffen sind
und einige Geschäfte über US-Konten abgewickelt wurden, haben sich die
Behörden dort eingeschaltet.
Derweil kündigte am Nachmittag Issa Hayatou, der Interimspräsident der
Fifa, mit der Vorstellung eines Reformpakets, welches das Exekutivkomitee
am selben Tage einstimmig verabschiedet hatte, einen „Kulturwechsel“ im
Weltverband an. Zur Umsetzung der Pläne fehlt nur noch die Zustimmung der
Mehrheit des Fifa-Kongresses, der am 26. Februar in Zürich stattfindet.
In der reformierten Fifa soll das Prinzip der Gewaltenteilung eingeführt
werden, erklärte der Reformkommissions-Chef François Carrard. Das bislang
23-köpfige Exekutivkomitee soll durch einen Council mit 36 Mitgliedern
ersetzt werden, der künftig nur noch grundsätzliche Entscheidungen treffen
soll.
Alle Mitglieder müssen sich vor ihrer Berufung einem Integritätscheck durch
den Weltverband unterziehen. Zudem müssen mindestens sechs Frauen künftig
in diesem Gremium vertreten sein. Jeder Kontinentalverband ist verpflichtet
eine Frau zu entsenden. Im Exekutivkomitee saß bislang nur eine Frau.
Das Alltagsgeschäft, die Geschäftsführung, soll künftig der Generalsekretär
und neun statt zuvor 26 ständige Fifa-Komitees übernehmen. Sie sollen die
Funktion der Exekutive übernehmen.
Keine Mehrheit fand der Vorschlag, ein Alterslimit für Funktionäre
einzuführen. Auf eine Aufstockung der WM-Teilnehmer von 32 auf 40, die ab
2026 in Kraft treten sollte, konnte man sich auch nicht einigen.
Bei allem Reformeifer wurde aber auch die Begrenztheit des
Veränderungswillens sichtbar. Die sechs Kontinentalverbände und 209
Mitgliedsländer wurden lediglich gebeten, die Standards des Weltverbandes
zu übernehmen. Zu einer Verpflichtung einer Schaffung einer Ethikkommission
oder einer Amtszeitbeschränkung konnte man sich offenbar nicht durchringen.
3 Dec 2015
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Fifa-Ethikkommission
Fifa
Fußball
Schwerpunkt Korruption
Fifa
Schweiß
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Deutscher Fußballbund (DFB)
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Fußball
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