# taz.de -- NRW-Kommunen und Flüchtlinge: Heikle Kollektivstrafe | |
> In Bornheim dürfen Flüchtlinge nicht ins Schwimmbad und in Rheinberg | |
> wurde ein Karnevalsumzug abgesagt. Beides befeuert die Debatte. | |
Bild: Sicherheit war damals noch kein großes Thema: Kölner Karneval 2015. | |
Männliche Flüchtlinge sind in Bornheim in einem Spaß- und Freizeitbad nicht | |
erwünscht. Und ein Karnevalsumzug in Rheinberg wurde abgesagt, auch | |
deswegen, weil er an einer Flüchtlingsunterkunft vorbeigeführt hätte. Die | |
beiden nordrhein-westfälischen Kommunen sorgen mit ihren Maßnahmen für | |
Aufsehen – bei näherem Hinsehen aber ergibt sich ein differenziertes Bild. | |
Die Stadt Bornheim hat männlichen Flüchtlingen im Alter von über 18 Jahren | |
ein befristetes Besuchsverbot erteilt, nachdem Personal und Frauen im Bad | |
von Flüchtlingen sexuell belästigt worden waren. Es sei zu massiven | |
Beschwerden gekommen, erklärt Markus Schnapka, grüner Sozialdezernent und | |
Beigeordneter der Stadt Bornheim, im Gespräch mit der taz. Anfang Januar | |
habe es auch einen sexuellen Übergriff eines 18-jährigen Syrers auf eine | |
54-jährige Frau im Bad gegeben, da laufe ein Strafverfahren. | |
In unmittelbarer Umgebung des Bades liegen drei Flüchtlingsunterkünfte mit | |
insgesamt 430 Personen. Die Flüchtlinge haben Ausweise, mit denen sie | |
verbilligt ins Schwimmbad kommen. | |
## Diskussion in den Flüchtlingsheimen | |
Schnapka erklärte, er habe „ein Signal“ senden wollen. Er sei persönlich … | |
die Einrichtung gegangen und habe den Flüchtlingen das befristete | |
Besuchsverbot erklärt, die Ansprache sei in vier Sprachen übersetzt worden. | |
Er habe die Flüchtlinge gebeten, zu respektieren, dass Frauen in | |
Deutschland gleichberechtigt seien und dass dies ein wichtiges Gut sei. Es | |
werde jetzt in den Flüchtlingsunterkünften über die Anordnung diskutiert. | |
Ihm sei klar, dass er damit den meisten Flüchtlingen unrecht tue. Die | |
Anordnung sei befristet und es sei sein Ziel, sie so schnell wie möglich | |
wieder aufzuheben, sagte Schnapka. Der Bürgermeister Bornheims, Wolfgang | |
Henseler, sagte dem Bonner Generalanzeiger am Freitag, man wolle das | |
Besuchsverbot in der nächsten Woche wieder aufheben. Am Montag werde der | |
Verwaltungsvorstand beraten, an welchem Tag genau. | |
## Verhaltenshinweise in mehreren Sprachen | |
Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen hat das Besuchsverbot für | |
Flüchtlinge in Bornheim kritisiert. Ein Zutrittsverbot wie in Bornheim | |
lehne der Verband ab, sagte dessen Sprecher Joachim Heuser. Es sei | |
fraglich, ob dieses Verbot praktisch durchsetzbar und juristisch haltbar | |
sei. Die bereits bestehenden und in den Bädern aushängenden | |
Sicherheitstipps würden ergänzt und in mehreren Sprachen abgefasst. Darin | |
soll darauf hingewiesen werden, dass auch im Schwimmbad die Würde von | |
Frauen und Männern geachtet werden müsse und vor allem körperliche | |
Berührungen oder mündliche Anspielungen untersagt sind. | |
Für Aufsehen sorgte am Donnerstag auch die Absage des Karnevalsumzugs am | |
Rosenmontag in Rheinberg am Niederrhein. Der Umzug, zu dem bis zu 5.000 | |
Zuschauer erwartet wurden, war vom Veranstalter, dem Karnevalsverein 1.OKK | |
99, abgesagt worden, weil das Ordnungsamt kurzfristig ein | |
„Sicherheitskonzept“ für den Zug gefordert hatte, das der Veranstalter so | |
schnell nicht vorlegen konnte. Die Kreispolizeibehörde hatte auch die | |
Tatsache, dass der Zug an einem Flüchtlingsheim, einer „Zentralen | |
Unterbringungseinheit“, vorbeigeführt hätte, als „Gefahrenpotenzial“ | |
benannt und dabei auch auf die „aktuellen Geschehnisse“ in „Köln und | |
anderen großen Städten“ verwiesen. | |
Der Rheinberger Bürgermeister Frank Tatzel (parteilos) sagte der taz, der | |
Grund für die Forderung nach einem Sicherheitskonzept für den Umzug sei | |
nicht der, dass die Sorge bestand, die Flüchtlinge könnten Frauen | |
belästigen. Es kam eher die Frage auf, ob nicht eine zusätzliche Sicherung | |
für die Einrichtung zum Schutz der Flüchtlinge nötig wäre, wenn der Zug | |
dort vorbeiziehe. Der Hauptgrund für die Forderung nach einem | |
Sicherheitskonzept sei aber, dass der Zug diesmal an einem Rosenmontag | |
stattfinden soll statt am Tulpensonntag und diesmal die doppelte Menge von | |
Zuschauern erwartet werde wie in den Jahren zuvor. | |
NaN NaN | |
## AUTOREN | |
Claudia Hennen | |
Barbara Dribbusch | |
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