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# taz.de -- Moderatorinnencasting bei Sky: Frauen am Ball
> Der TV-Sender Sky castet sich die erste Live-Kommentatorin für
> Bundesligaspiele. Am Samstag fällt die Entscheidung zwischen drei
> Finalistinnen.
Bild: Casting bei Sky: (v.l.n.r.) Oliver Pocher (Moderator), Mareile Ihde, Chri…
BERLIN taz | Die drei Frauen wirken im Gespräch vor ihrem großen Finale
abgeklärt, souverän, eloquent in ihren Aussagen – wie Profis im
Mediengeschäft. Wenn am Samstag Abend beim Pay-TV-Sender Sky in dessen
Bundesliga-Show bekannt gegeben wird, wer die erste Live-Kommentatorin von
Bundesliga-Spielen im deutschen Fernsehen wird, wird sichern niemand von
einer Revolution in der Fußballberichterstattung sprechen.
Denn es stehen drei mehr oder weniger erfahrene Medienmacherinnen zur Wahl.
Da gibt es Christina* Graf, 26 Jahre, füher selbst Spielerin in der
Bundesliga. Sie ist angehende Medienwissenschaftlerin, freie
Nachrichtenredakteurin und Radiokommentatorin bei Spielen der Sportfreunde
Siegen. Christina Rann ist 30 Jahre und diplomierte Sportwissenschaftlerin
mit dem Schwerpunkt Medien und Journalistik, Sportredakteurin bei kicker.tv
und ehrenamtliche Blindenreporterin bei Heimspielen des Hamburger SV.
Und dann ist da noch Mareile Ihde, ebenfalls 30 und Journalistik-Studentin.
Nebenbei arbeitet sie für Hannover 96, wo sie den Internetauftritt und das
Stadionmagazin des Vereins betreut und außerdem als Stadionsprecherin des
U19-Teams fungiert. Echte Quereinsteigerinnen sind sie alle nicht. Keine
Exotin auf dem Sprecherstuhl, da geht Sky auf Nummer sicher.
## 3 aus 1.200
Die Drei haben sich mit ihren Bewerbungen gegen rund 1.200 Konkurrentinnen
durchgesetzt, wurden zum Casting eingeladen, haben Kommentatoren-Workshops
unter professioneller Anleitung durchlaufen. Dabei war das Spektrum an
Bewerberinnen anfänglich durchaus vielfältig. Neben den Anwerterinnen mit
beruflicher Fußballaffinität gab es auch solche, die sich der Kickerszene
zumindest auf den ersten Blick nicht unbedingt verschrieben haben.
So befanden sich unter den Top 11, die von Sky in der Redaktion auf ihr
Fachwissen hin überprüft und am Mikro getestet wurden, auch Hausfrauen und
Steuerfachangestellte. Am Ende haben sich Fachkompetenz und Medienerfahrung
durchgesetzt, was die Auswahl von Graf, Rann und Ihde beweist.
Am Samstag entscheidet nun die Jury aus Überkommentator Marcel Reif,
Sportbild-Chef Matthias Brügelmann und Ex-RTL-Tratschtante Bärbel Schäfer,
wer von ihnen die neue Sportstimme von Sky wird.
## Die Männer im Bestand
Frauen in der Fußballberichterstattung, natürlich gibt es sie bereits.
Sabine Töpperwien etwa, langjährige Radio-Röhre der ARD-Bundesligakonferenz
am Samstagnachmittag. Reporterin Claudia Neumann hört man bei
Spielzusammenfassungen der Bundesliga im Aktuellen Sportstudio des ZDF. Sie
kommentierte auch schon über 90 Minuten Bewegtbilder - bei der Frauen-WM
2011. Bei einem Männerspiel hat sie dazu noch nicht die Gelegenheit
bekommen.
„Männer haben in der Kommentatorenwelt Bestand, das gilt als mehr oder
weniger gegeben. Vielleicht drängelten Frauen mit Talent und Kompetenz
bisher zu wenig,“ ist die nüchterne Einschätzung von Christina Rann. Mit
der Gewohnheit argumentiert Christina Graf, mit dem bisher eher wenig
ausgeprägten Interesse der Medienanstalten Mareile Ihde.
Erwartet werden solide Analysen, Fakten, Wortwitz - jemand, der
unterhaltend die Partie begleitet, Szenen diskutiert und die
Stadionatmosphäre ins heimische Wohnzimmer transferiert. Wolf-Christoph
Fuss ist einer, von dem man sagt, dass er das kann, einer, der den Fußball
bei den Privaten verbal zelebriert. Beim ZDF ist Bela Rethy einer, der
immer versucht, die Zuschauer abzuholen. Warum sollten Frauen das nicht
können?
## Fachliche Kompetenz
An den gefragten Qualitäten mangelt es schon längst nicht mehr, da ist sich
Mareile Ihde sicher: „Frauen mit wirklichem Fachwissen sollten langsam auch
als ernstzunehmende Experten angesehen werden, die etwas vom Fußball
verstehen. Weibliche Nuancen würden dem Fußball nicht schaden.“
Den Casting-Finalistinnen ist eines gemein: Sie möchten mit fachlicher
Kompetenz und breit angelegtem Wissen punkten, nicht mit Feminität. Auch
deshalb sollte man nichts Revolutionäres von der Neuen am TV-Mikro
erwarten. Die Zuschauer erwarten genau das – Kontinuität, keine
Experimente.
So ist die erste Kommentatorin im deutschen Fußball eine kalkulierte
Weiterentwicklung, wenig risikoreich. Mit Beginn der Rückrunde in Liga Zwei
steigt die Siegerin ein und gehört von da an zum Sky-Kommentatoren-Team.
Perspektivisch sind Engagements im Oberhaus in Planung. Das Projekt könnte
Früchte tragen. Mehr weibliche Talente könnten zum Kommentieren animiert
werden und nachrücken, was Christina Graf durchaus für möglich hält.
Auch Christina Rann ist überzeugt: „Wir könnten hier eine Signalwirkung
haben.“ Dass Frauen abseits der Negativklischees bezüglich fußballerischer
Fachkompetenz auch ganz spezifische Vorzüge ausspielen könnten, hält Ihde
durchaus für möglich: „Frauen haben feinere Antennen für atmosphärische
Veränderungen im Stadion. Vielleicht kommentieren sie sensibler und
empathischer als viele Männer. Das kann manchmal von Vorteil sein.“
*Update: In einer früheren Version wurde als name einer Finalistin
Jennifer, statt Christina Graf genannt.
16 Nov 2012
## AUTOREN
Dan Storbeck
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Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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