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# taz.de -- Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Dreifacher Abschied
> Tage des sportlichen Abgangs: Ballack, Magath, Armstrong. Oder anders
> gesagt: Ein Sachse, Robin Hood und David Copperfield.
Drei ganz Große haben uns in den letzten Wochen verlassen: Armstrong,
Ballack, Magath. Was für ein Verlust! Beispiel Quälix Magath. Man
beschränkt diesen Mann auf sein rustikales Training mit Medizinbällen.
Vergisst aber völlig, dass er ganz vielfältige Methoden einsetzte: Folter
durch Wasserentzug, Bau des sogenannten Mount Magath (oder auch Berg der
Leiden), auf den er die Spieler bis zum Kotzen hochlaufen ließ,
Zirkeltraining bis zur Bewusstlosigkeit, Liegestütz-WM und dergleichen. Das
war alles andere als eindimensional.
Man wird Magath auch nicht gerecht, wenn man ständig auf seine 128
Fehleinkäufe der letzten Jahre schaut. Tatsächlich hat der „Brillenträger
des Jahres 2004“ wie kaum ein anderer jungen benachteiligten Menschen aus
dem Ostblock ein sorgenfreies Leben in Deutschland ermöglicht.
Neben Volltreffern wie Edin Dzeko (Bosnien) und Mario Mandzukic (Kroatien)
kaufte er zuletzt in Wolfsburg auch Spieler, die bis heute zu keinem
einzigen Bundesliga-Einsatz kamen: Mateusz Klich aus Krakau (1,5 Mio. Euro)
etwa, Slobodan Medojevic (2 Mio., Novi Sad, Serbien), Vaclav Pilar (1,5
Mio., FC Hradec Kralove, Tschechien) oder bei Schalke den Rumänen Ciprian
Deac, der dort in zwei Jahren ganze zwei Einsätze hatte.
Wie groß mag der Jubel bei den abgebenden Vereinen und bei den betroffenen
Familien gewesen sein, als diese Semitalente Reichtum über eine ganze
Region brachten – mit Geldern, die die Klubsponsoren VW oder Gazprom diesen
Gegenden vorher entzogen hatten.
Felix Magath war der Robin Hood unter den Bundesligatrainern. Seine
Nichtabstiegsprämie 2011 in Form eines Bentley im Wert von 250.000 Euro
ließ er umwandeln in sechs VW-Busse, die er für „Ein Herz für Kinder“
spendete. Für die Benachteiligten hat er sich total aufgerieben: Er war
Trainer, Manager, Geschäftsführer und Herausgeber der Stadionzeitschrift in
einer Person. Außerdem hat er als Fahrer für sich selbst gearbeitet (und
wer mag schon gern unter Magath arbeiten!). Wir fordern: „Ein Herz für
Magath!“
Zweimal Meister und Pokalsieger unter Magath wurde Michael Ballack(®©TM),
der markenrechtlich geschützte Sachse aus Chemnitz, beim FC Bayern.
Gefeiert, umjubelt, am Ende aber vom DFB vergessen, beleidigt,
zurückgetreten. Und nun auch noch die Scheidung von Frau Simone. Vorbei die
Zeiten, als Simone Ballack ihrem Capitano bedingungslos folgte – sogar
durch die Radarkontrolle.
Einmal wurde sie erwischt, wie sie mit 40 km/h zu viel fuhr: Sie war ihrem
Mann hinterhergefahren, der ebenfalls geblitzt wurde. Nun muss
Ballack(®©TM) wieder allein durch die Blitzer. Gerade wurde er erwischt,
als er in Spanien mit 211 km/h durch eine 120-km/h-Zone fuhr. Mutmaßliche
Strafe: zweieinhalb Jahre Fahrverbot. Vielleicht mag er ja Magath als
Fahrer engagieren.
Und dann war da noch Armstrong: erster Mann auf dem Mond, siebenmaliger
Tour-de-France-Sieger, der Mann, der 70 Millionen Menschen wertlose gelbe
Plastikarmbändchen angedreht hat. Klar gab es schon immer Kritiker, die der
Meinung waren, er sei ein ruchloser ehrgeiziger Arsch mit nur einem Ei.
Aber das ist Polemik, denn Armstrong war der Radsport-Copperfield der
nuller Jahre. Während alle fasziniert sein Livestrong-Armbändchen
anstarrten, hing in der Armbeuge schon wieder die Kanüle mit Epo, und
keiner hat’s gemerkt – magisch!
Der Radsportverband will nun seine Ära zu „sieben schwarzen Jahren“
erklären und ersatzlos tilgen. Gute Idee! Dann übernehmen wir das für die
gesamte Gesellschaft. 1999 bis 2005 sind hiermit gestrichen, den 11.
September 2001 gab es somit nie, das World Trade Center steht wieder, der
Euro wurde nie eingeführt, Florian Silbereisen wurde nicht als „Moderator“
entdeckt, und Gerhard Schröder ist noch Kanzler.
Ach ja, und das WM-Finale 2002 muss noch mal gespielt werden, Michael
Ballack(®©TM) darf diesmal mitspielen, und Brasilien muss mit dem fetten
Ronaldo antreten. Der wird nicht treffen, selbst wenn Olli Kahn mit Anzug
im Tor steht und mit Katrin Müller-Lüdenscheid sein eigenes Spiel
analysieren muss, während er gleichzeitig den zweiten Twitter-Eintrag
seines Lebens absetzt („Wir werden #weltmeister!!!“).
1 Nov 2012
## AUTOREN
Achim Bogdahn
## TAGS
Armstrong
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