# taz.de -- Mode im Museum: Die Rückkehr des Schuhmachers | |
> 1927 kehrt Salvatore Ferragamo aus Hollywood nach Florenz zurück. Eine | |
> Ausstellung rekonstruiert das Italien, wie er es vorfindet. | |
Bild: Moses Levy, Spiaggia (Beach), 1920 | |
Mode drängt ins Museum. Das belegt zuletzt unsere Liste der | |
interessantesten Modeausstellungen dieses Jahres. Die Entwicklung bedeutet | |
aber nicht, dass sich die Institution mehr um populäre Unterhaltung als um | |
ihren Forschungsauftrag sorgte. Eher bietet die Mode dort, wo im Zentrum | |
kunsthistorische Fragen stehen, wo es um Formfindung, ästhetische | |
Innovation, um den neuen Einsatz traditioneller Materialien oder die | |
Erfindung neuer geht, vielfältigen Anlass zur Forschung. | |
So ergründet die äußerst sehenswerte Ausstellung „Textiles and Wealth in | |
the 14th Century Florence. Wool, Silk, Painting“ in der Galleria | |
dell’Accademia in Florenz, den Beginn jenes Phänomens, das wir heute als | |
Mode bezeichnen. In ihrem Fokus stehen die kostbaren, ab 1300 in Florenz | |
produzierten Textilien, die dort Wohlstand schufen, aber auch die – wie | |
heute noch – aus China importierten Stoffe und die damalige „fotografische�… | |
Dokumentation in der zeitgenössischen Malerei. Ja, auch die Jungfrau Maria | |
kleidete sich gerne in Samt und Seide. | |
Aber auch ein Lifestyle-Label wie Ferragamo will über gut recherchierte | |
Ausstellungen zu einem besseren Verständnis des Komplexes beitragen. Mit | |
„1927. Il Ritorno in Italia“ nimmt das Museo Salvatore Ferragamo die | |
Rückkehr des großen Schuhmachers aus Hollywood nach Florenz zum Anlass | |
eines objektgesättigten Ausblicks auf die Wiedergeburt Italiens nach dem | |
ersten Weltkrieg und seine Modernisierung parallel zur Festigung des | |
autoritären faschistischen Systems. | |
Zunächst wandert der 17-jährige Schuhmacher auf dem Ocean Liner Roma als | |
Passagier dritter Klasse in die USA aus, um zwölf Jahre später erster | |
Klasse auf dem gleichen Schiff zurückzukommen. Wie Fotografien von Filmsets | |
und seinem Geschäft, vor allem aber die wunderbaren Schuhe zeigen, die er | |
aus Hollywood mitbringt, ist er der Maßschuhmacher der Stars geworden. | |
## Eine nur auf dem Papier geeinte Nation | |
Nun will er sein Handwerk auf eine breitere, industriell gestützte Ebene | |
stellen, wozu er fähige Schuhmacher sucht, die er nur in Italien zu finden | |
glaubt. Genauer gesagt in Florenz, das die BesucherInnen in kurzen Filmen | |
sehen, die Ferragamo 1927 selbst aufnimmt. | |
Das Königreich Italien ist auch nach dem Weltkrieg eine nur auf dem Papier | |
geeinte Nation. Tatsächlich zerfällt es in Regionen und Dialekte, die | |
einander fremd und unverständlich sind. Gezielte Handwerks- und | |
Industrieförderung des Regimes, etwa über Messen, macht die Florentiner, | |
Römer, Sarden und Ladiner miteinander und dem Reichtum ihre Produkte | |
bekannt. | |
Davon berichten die Trachten und das Kunsthandwerk der Biennalen von Monza | |
1923 bis 1930, die mit der Druck- und Werbegrafik, der Florentiner | |
Textilproduktion und anderen Objekten des lokalen Gewerbe ausgestellt sind. | |
Kenntlich werden die Grundlagen des späteren Qualitätsbegriffs „Made in | |
Italy“, die auch in der spezifischen Architekturmoderne Italiens deutlich | |
werden, die wie die Malerei des Futurismus, wie Sport und Berufstätigkeit | |
Teil des urbanen Lebensstils von Ferragamos Kundinnen sind. | |
12 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
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