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# taz.de -- Lage in der Ukraine: Auch Trump sorgt für trübe Aussichten
> Zwischen Raketenterror und Stromausfällen ist das Land nach fast vier
> Jahren Krieg erschöpft. Der sogenannte „Friedensplan“ macht wenig
> Hoffnung.
Bild: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und seine Frau Olena geden…
Kyjiw war in den vergangenen Tagen häufig in dichten Nebel gehüllt. Auf dem
zentralen Maidan-Platz war die Ukraina-Statue nur schemenhaft zu erkennen.
Und der Präsidentenpalast auf einem naheliegenden Hügel verschwand oft
vollständig.
Wie das Wetter sind auch die Stimmung und die Zukunftsaussichten trüb. Von
der Front gibt es hauptsächlich schlechte Nachrichten und [1][Trumps neuer
sogenannter „Friedensplan“] sorgt für mehr Verzweiflung als Hoffnung.
Überall in den Straßen hört man Generatoren brummen. Denn bis zu 16 Stunden
am Tag gibt es keinen Strom aus dem Netz. Läden, die im Geschäft bleiben
wollen, kommen ohne eigene Notstromquelle nicht aus.
Diana ist früher zur Arbeit im Friseursalon gekommen. „Hier ist es warm und
es gibt Strom“, erklärt die junge Frau mit dem Halstattoo. Der Laden habe
einen großen Akku. In der Nacht hatte es Alarm gegeben. Sie gehe dann immer
in die nahe gelegene U-Bahnstation Lukyanivska. „Die ist fast 50 Meter
tief.“ Mit Isomatte und Augenklappe versuche sie Schlaf zu finden. In ihrer
Wohnung habe sie zu viel Angst. Denn die befindet sich in dem Viertel, das
am häufigsten Ziel russischer Raketen ist.
## Zwischen Luftangriffen und Feiertagen
[2][Russland zerstört systematisch die Energieerzeugung] und die
Übertragungsnetze in der Ukraine. Besonders die Angriffe mit
Marschflugkörpern und ballistischen Raketen kann die ukrainische Luftabwehr
schlechter abwehren als in den vorangegangenen Wintern. Bei den russischen
Angriffen mit Drohnen sind Frequenz und Menge deutlich höher. Deren
Startplätze und Produktionsanlagen kann die ukrainische Armee mangels
weitreichender Waffen selten erreichen.
In den vergangenen Tagen beging die Ukraine gleich zwei bedeutsame
Feiertage. Zuerst den „Tag der Würde und der Freiheit“: der erinnert am 21.
November an die beiden Revolutionen, die in diesem Jahrhundert an diesem
Datum begannen. 2004 wehrte sich die Bevölkerung mit friedlichen Protesten
gegen eine gefälschte Präsidentschaftswahl, die den russlandfreundlichen
Viktor Janukowitsch ins Amt bringen sollte.
2013, nachdem dieser es tatsächlich zur Präsidentschaft geschafft hatte,
begannen die Maidan-Proteste gegen seine Abkehr von der Annäherung an die
EU und gegen die überbordende Korruption. Nachdem Janukowitsch im Februar
2014 vom Parlament abgesetzt wurde, besetzte Russland die Krim und begann
den Krieg um den Donbass.
Der zweite Gedenktag am Samstag, 22. November, war den Millionen von Toten
gewidmet, die die von Stalin angeordnete Aushungerung der ländlichen
Gebiete der Ukraine in den 1930er-Jahren forderte – der Völkermord namens
Holodomor, „Tod durch Hunger“.
In diese emotionalen Tage ist nun der „Friedensplan“ der USA und Russlands
geplatzt. Seine [3][28 Punkte lesen sich wie ein Wunschzettel des Kreml].
Das angegriffene Land soll Gebiete aufgeben, die es bislang kontrolliert,
seine Armee drastisch verkleinern und niemals der Nato beitreten oder
ausländische Truppen stationieren dürfen. Es könnte sich also kaum noch
wehren. Als Gegenleistung soll Russland, dass schon zweimal in die Ukraine
eingefallen ist, lediglich versprechen, das künftig nicht mehr zu tun.
## Die Würde verlieren oder den wichtigsten Verbündeten
Das finden viele unausgewogen und unrealistisch. „Ich habe nichts erwartet
und bin dennoch enttäuscht“, sagt Katya, die in der IT-Branche arbeitet.
Nataliya weiß, was der Krieg an der Front bedeutet, die 47-Jährige ist
Sanitäterin in der ukrainischen Armee. „Natürlich wünsche ich mir, dass
unsere Leute nicht mehr sterben müssen“, sagt sie. Aber an den
28-Punkte-Plan glaubt sie nicht. „Wenn das so beschlossen wird, tickt die
Uhr bis zum nächsten Angriff Russlands. Entweder auf uns oder ein anderes
Land.“
Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in einer Ansprache an das Volk am
Freitagabend, die Ukraine stehe nun vor der Wahl, ihre Würde zu verlieren
oder ihren wichtigsten Verbündeten. Die Ukraine habe sich immer für die
Würde entschieden. Aber er räumte auch ein, wie geschwächt das Land
mittlerweile ist. „Wir sind aus Stahl, aber auch Stahl bricht irgendwann.“
Switlana steht in einer dicken Jacke an einem Souvenirstand auf dem Maidan.
Ihre Familie kommt aus einer Kleinstadt im Osten des Landes, die in
Trümmern liegt und teilweise russisch besetzt ist. Alles sei sehr, sehr
schwer, sagt sie. Je länger der Krieg dauere, desto weniger Hoffnung habe
sie. Was Trumps und Putins Emissäre ausgehandelt haben, möchte sie nicht
kommentieren. Dann kommen ihr die Tränen.
23 Nov 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Marco Zschieck
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