# taz.de -- Kritischer Polizist über Pressearbeit: „Keine per se seriöse Qu… | |
> Pressestellen der Polizei haben gar kein Interesse daran, neutral zu | |
> berichten. Das sagt Thomas Wüppesahl von der Bundesarbeitsgemeinschaft | |
> kritischer Polizisten. | |
Bild: Arbeiten für selbst definierte Ziele: Polizisten versuchen Ende-Gelände… | |
taz am wochenende: Herr Wüppesahl, die Polizei hat nach den | |
Ende-Gelände-Protesten von 16 verletzten Polizistinnen und Polizisten | |
gesprochen, ohne genau aufzuschlüsseln, wie sie sich verletzt haben. | |
Trotzdem ist die Zahl ja richtig. Hat die Polizei in dem Fall überhaupt | |
etwas falsch gemacht? | |
Thomas Wüppesahl: Ja, sicherlich, weil eine solche Zahl natürlich bei jedem | |
Außenstehenden den Eindruck erweckt, dass es sich um bedeutsame | |
Verletzungen handelt. Das ist die normale Desinformation aus den | |
offiziellen Pressestellen der Polizeien. | |
Was hat die Polizei davon, Proteste gewalttätiger darzustellen, als sie | |
möglicherweise sind? | |
Sie versucht damit ständig, bei den sogenannten Entscheidungsträgern zu | |
punkten, noch mehr Ausstattung zu bekommen – sowohl personell als auch | |
sächlich – und noch mehr rechtliche Eingriffsmöglichkeiten zu erhalten. | |
Wenn man viele Verletzte aufweist, dann sagt jeder erst mal: „Oh, das ist | |
ja schlimm.“ | |
Was halten Sie von der Forderung des Deutschen Journalistenverbands, | |
Polizeimeldungen kritischer zu hinterfragen? | |
Man hätte es schon vor 20 Jahren so bringen können. | |
Wann sollten Journalistinnen und Journalisten besonders misstrauisch sein? | |
Sie können eigentlich nie etwas für bare Münze nehmen. | |
Das heißt, Journalistinnen und Journalisten müssen kritischer werden. Was | |
müsste die Polizei vielleicht in ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | |
ändern? | |
Sie müsste das machen, was ihre Aufgabe ist: die realistische Abbildung | |
eines neutralen Ermittlungsapparates. Das machen sie nicht. Die arbeiten | |
pro domo und häufig genug für selbst definierte Zielsetzungen und | |
Interessen. Damit meistens für rechts oder zumindest Mächtige. | |
Die Polizei gilt in Redaktionen als „privilegierte Quelle“. Weiß die | |
Polizei das? | |
Ja, natürlich. Damit spielt sie auch. Journalistinnen und Journalisten | |
werden in einer Vielzahl von Fällen instrumentalisiert, ohne dass sie es | |
kapieren. Oder sie haben nicht mehr die Zeit, gegenzurecherchieren. Wer | |
leistet sich noch einen Polizeireporter oder eine -reporterin? Das ist ja | |
auch die Ausnahme inzwischen. Und so werden Pressemitteilungen häufig mit | |
wenigen Änderungen übernommen, noch mit Bildern illustriert und das war’s. | |
Oft werden falsche oder einseitige Informationen im Nachhinein aufgedeckt | |
und korrigiert. Wie sehr schadet das der Polizei? | |
So gut wie gar nicht. Das sind ja auch scheinbar mildere Kategorien, wenn | |
in der Öffentlichkeit dummes Zeug kommuniziert wird durch die Pressestelle | |
einer Polizei. Aber es ist gar nicht so milde. Davon hängen manchmal | |
Schicksale ab. Deswegen ist das, was der DJV hier geschrieben hat, | |
außerordentlich hilfreich. Und man kann nur hoffen, dass sich das jetzt | |
wirklich zu Herzen genommen wird. Die Polizei ist keine per se seriöse | |
Quelle. | |
16 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Michael Kees | |
## TAGS | |
Polizei | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
Presse | |
Polizeigewalt | |
Polizei | |
Rechte Gewalt | |
Schwerpunkt Ende Gelände! | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Polizeikritiker aus den eigenen Reihen: Ein heißes Eisen | |
Die „Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten“ | |
wurde 1986 gegründet. Für manche waren sie Vorbilder, für andere Schweine. | |
Aufruf vom Journalisten-Verband: Der Polizei weniger nachplappern | |
Redaktionen nutzen regelmäßig Informationen der Polizei, ohne sie zu | |
überprüfen. Wegen der Berichterstattung über Ende Gelände gibt es daran | |
Kritik. | |
Rechte Gewalt in Pirmasens: Entscheidende Details | |
Polizeibekannte Rechte jagen zwei Asylsuchende durch die pfälzische Stadt. | |
Zuerst schildert die Polizei den Fall jedoch etwas anders. | |
Polizeigewalt bei Ende Gelände: „Natürlich kommt es zu Fehlern“ | |
Felix K. sagt, ein Polizist habe ihm bei den Protesten von Ende Gelände den | |
Schädel gebrochen. Die Aachener Polizei erklärt, jede Anzeige werde | |
geprüft. |