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# taz.de -- Aufruf vom Journalisten-Verband: Der Polizei weniger nachplappern
> Redaktionen nutzen regelmäßig Informationen der Polizei, ohne sie zu
> überprüfen. Wegen der Berichterstattung über Ende Gelände gibt es daran
> Kritik.
Bild: Wie viele Einsatzkräfte wurden bei Ende Gelände verletzt? Die Angaben d…
Bei Straftaten oder Gefahrenlagen sind Journalist*innen häufig auf
Angaben der Polizei angewiesen. Oft behandeln Redaktionen deren Infos als
sogenannte privilegierte Quelle – das heißt, dass die Angaben keiner
zweiten Prüfung unterzogen werden. Das kritisiert jetzt aber der Deutsche
Journalisten-Verband (DJV). [1][Der Verband hat dazu aufgerufen],
„Meldungen und Informationen der Polizeibehörden in allen Fällen kritisch
zu hinterfragen“.
Ein Aufruf, der Gewicht hat, denn der DJV ist mit rund 33.000 Mitgliedern
die größte Interessenvertretung für Journalist*innen in Deutschland. Die
Frage, wie Redaktionen mit Polizeimeldungen umgehen sollen, ist dabei keine
neue. Immer wieder gibt es Kritik an einseitigen oder falschen
Informationen der Polizei und an den Medien, die diese Informationen
ungeprüft verbreiten.
Anlass für die Stellungnahme des DJV sind Berichte über die
Ende-Gelände-Proteste im Juni. Die Polizei Aachen sprach nach dem
Demowochenende von 16 Polizist*innen, die verletzt worden seien. Der DJV
kritisiert, dass einige Medien diese Meldung einfach übernommen hätten.
Denn die Polizei machte lange keine Angaben dazu, wie sich die
Einsatzkräfte überhaupt verletzt hatten.
Auf [2][Nachfrage eines WDR-Journalisten] stellte sich heraus, dass von
vier Polizist*innen, die ihren Dienst beenden mussten, nur zwei durch
„Fremdeinwirkung“ verletzt wurden. Auf der anderen Seite beklagte das
Bündnis Ende Gelände ein [3][übermäßig hartes Vorgehen der Polizei]. An
sich war die Verletztenzahl der Polizei Aachen richtig, aber sie zeichnete
ein unvollständiges Bild. Wie neutral kann die Polizei sein, wenn sie sich
selbst gegen Vorwürfe verteidigen muss?
„Die Polizei ist ausnahmslos der Wahrheit verpflichtet“, sagt Victor
Ocansey, Pressesprecher des Landesamts für Ausbildung, Fortbildung und
Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen. Ocansey weist
darauf hin, dass es Ziel der Polizei sei, gründlich und möglichst schnell
zu informieren – auch „einsatzbegleitend“. Noch während ein Einsatz läu…
würden oft Presseanfragen gestellt und Falschmeldungen verbreitet, die man
korrigieren müsse.
## Aufgabe der Medien ist die Kontrolle der Polizei
Das Beispiel Ende Gelände zeigt: In der Eile bringt die Polizei manchmal
selbst Falsches in Umlauf. Der [4][WDR twitterte] am Demowochenende in
Garzweiler die Behauptung eines Polizeisprechers, Aktivist*innen, die einen
Kohlebagger besetzt hielten, hätten sich mit Kot eingerieben. Wenig später
korrigierte der Sprecher – [5][und auch der WDR]: Es war Öl.
Klar, Fehler passieren überall. Gerade wenn’s unübersichtlich wird. Bei
manchen Meldungen fällt es jedoch schwer, an die Neutralität der Polizei zu
glauben. So prüft etwa die Berliner Staatsanwaltschaft zurzeit, ob die
Polizei einen Unfall korrekt dargestellt hat. Ein Radler war bei Rot über
eine Ampel gefahren, wurde daraufhin von einem Motorradpolizisten verfolgt
und prallte bei der Flucht gegen einen Baum.
Während die Polizei angab, der Mann sei „ohne erkennbare Fremdeinwirkung“
gegen den Baum gefahren, berichtet ein Zeuge, der Polizist habe den Radler
abgedrängt. Ein Fall, der dem Vertrauen in die Polizei schaden könnte. In
Deutschland neigen laut einer Umfrage der Europäischen Kommission 87
Prozent der Menschen dazu, der Polizei zu vertrauen.
„Das Vertrauen bildet die unverzichtbare Grundlage unserer täglichen
Arbeit“, sagt Polizeisprecher Ocansey, und „es ist gerade die Aufgabe von
Öffentlichkeitsarbeit, dieses Vertrauen zu erhalten.“ Die Aufgabe der
Medien ist dagegen die Überprüfung der Polizei. Damit Medien unabhängig
berichten können, seien eigene Reporter*innen vor Ort deshalb
unverzichtbar, sagt der DJV.
13 Jul 2019
## LINKS
[1] https://www.djv.de/startseite/profil/der-djv/pressebereich-download/pressem…
[2] https://twitter.com/jdoeschner/status/1143554173662834688
[3] /Polizeigewalt-bei-Ende-Gelaende/!5605436
[4] https://twitter.com/WDR/status/1142715454613536768
[5] https://twitter.com/WDR/status/1142718505864876033
## AUTOREN
Michael Kees
## TAGS
Polizei
Schwerpunkt Ende Gelände!
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DJV
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Rechte Gewalt
Schwerpunkt Ende Gelände!
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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